Die Angst nach dem "Tatort" Wie gefährlich ist Tollwut wirklich?
05.02.2018, 13:30 Uhr
Die meist tödlich endende Krankheit wird durch Hunde, Fledermäuse oder andere warmblütige Tiere übertragen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Dortmunder Tollwut-"Tatort" hatte es in sich: In der Folge stirbt zunächst ein Gefangener und später auch der Anstaltsarzt qualvoll an der tödlichen Krankheit. Müssen wir Angst vor der Tollwut haben?
Tollwut wird fast immer durch infizierte Tiere übertragen. Im "Tatort" am Sonntag wurden die späteren Opfer indes mit einem Messer verletzt, dem aus einem Labor geklaute tödliche Viren anhafteten. Das ist ungewöhnlich, aber möglich. In der Regel erfolgt die Übertragung der Krankheit auf den Menschen aber durch den Biss eines Tieres.
Ein besonderes Risiko stellen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) Fledermäuse dar. So warnen die Ärzte dringend davor, eine auf dem Boden liegende Fledermaus aufzuheben. Wer dabei durch Kratzer oder Bisse verletzt werde, müsse umgehend einen Arzt aufsuchen.

Schon eine leichte Verletzung durch eine Fledermaus kann tödliche Folgen haben.
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Auf diese Weise war unlängst in den USA ein Junge gestorben, der von einer kranken Fledermaus gekratzt worden war. Der Vater hatte das verletzte Tier zur Pflege nach Hause gebracht. Eine nur winzige Wunde hatte ausgereicht, dass bereits nach einer Woche erste Symptome bei dem Jungen auftraten. Eine sofort eingeleitete Behandlung kam jedoch zu spät. Das Kind war nicht mehr zu retten.
Fast zeitgleich hatte ein Schweizer Ehepaar in Florida eine Fledermaus vom Boden aufgehoben und in eine Tierklinik gebracht. Dort war die Fledermaus später positiv auf Tollwut getestet worden. Daraufhin informierten die Gesundheitsbehörden der USA die Schweizer Behörden, die über einen Aufruf in den Medien das Paar ausfinden machen konnten. Beide wurden vorsorglich geimpft und überlebten. Immerhin sterben jährlich weltweit fast 60.000 Menschen an der Krankheit.
Deutschland ist tollwutfrei
Die letzten Tollwutfälle bei Menschen in Deutschland liegen schon mehr als zehn Jahre zurück. So wurden im Jahr 2005 einer Frau Organe zur Transplantation entnommen, die sich zuvor in Indien mit Tollwuterregern infiziert hatte. Die Transplantationen hatten dramatische Folgen: Von den sechs Organempfängern starben drei, einer überlebte, weil er gegen Tollwut geimpft war, zwei Empfänger von Hornhäuten waren nicht an dem Virus erkrankt. Im Jahr 2007 erkrankte letztmalig ein Deutscher, der sich während eines Urlaubs in Marokko durch einen Hundebiss infiziert hatte.

Köder zur Tollwutimpfung wurden meist per Hubschrauber über die betroffenen Gebiete abgeworfen.
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Die klassische Wildtiertollwut gilt in Deutschland seit 2008 als ausgerottet. Zuvor waren landesweit Fressköder insbesondere für Füchse ausgebracht worden. Hinzu kamen regelmäßige Impfungen von Haustieren. Der letzte bekannte Tollwutfall bei einem Fuchs wurde hierzulande 2006 registriert. Auch viele andere europäische Länder wie die Schweiz, Frankreich, Belgien, Luxemburg, die skandinavischen Länder, die Tschechische Republik, Spanien und Portugal, Großbritannien und Irland gelten offiziell als tollwutfrei.
Eine Ausnahme bilden aber weiterhin die Fledermäuse, die eine andere Form der Lyssa-Viren in sich tragen als Füchse, auch wenn laut RKI beide Erreger eng verwandt sind.
Schwankende Inkubationszeit
Die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit beträgt laut RKI drei bis acht Wochen. Vereinzelt könne sie aber auch mehrere Jahre betragen. Je näher sich die Eintrittspforte des Virus am Gehirn befinde, desto kürzer sei die Inkubationszeit. Diese Tatsache war auch Thema im "Tatort", wo ein Insasse, der mit dem Messer am Hals verletzt wurde, eher starb als der Anstaltsarzt, der bei dem Angriff an der Hüfte verletzt worden war. Sind die Viren auf ihrer Wanderung entlang der Nerven erst einmal im Gehirn angekommen, kommt es zum Ausbruch der Krankheit, die dann tödlich verläuft.
Die Tollwut verläuft beim Menschen in drei Phasen, wobei die erste eher nicht auf die tödliche Gefahr hinweist. Denn es kommt zunächst nur zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Dann treten Bauchschmerzen, Durchfall und Fieber auf. Zudem entzündet sich die Bissstelle. Im weiteren Verlauf werden die Erkrankten empfindlich gegen Licht und Geräusche. Das Fieber steigt an.
Während der zweiten Phase erkrankt das Gehirn. Noch unerforscht ist zum Beispiel, weshalb die Infizierten in dieser Phase eine Hydrophobie, also eine Angst vor dem Wasser entwickeln. Zudem verkrampft sich die Schluckmuskulatur. Die Patienten können dann nicht einmal mehr ihren eigenen Speichel herunterschlucken. Ihr Gemütszustand wird labil, sie werden abwechselnd aggressiv und depressiv.
Im letzten Stadium der Tollwut treten Lähmungen auf. Schließlich fällt der Patient ins Koma und stirbt in der Regel durch eine Lähmung der Atmungsorgane.
Impfung ist der einzige Weg
Die Ärzte des RKI empfehlen auf jeden Fall eine Tollwut-Impfung schon bei bloßem Verdacht auf Kontakt mit einem tollwütigen Tier. Im Falle einer Infektion sei sie die einzige Chance auf Rettung. Wer indes erst eine Diagnose abwarten wolle, bei dem das Erbgut des Tollwut-Erregers nachgewiesen werden müsse, sei schlecht beraten. Es gelinge nicht immer, eine Tollwut-Infektion auf diesem Weg zu diagnostizieren. Dies bedeute, dass eine sichere, eindeutige Diagnose der Tollwut häufig erst nach dem Tod des Betroffenen möglich sei.
Eine vorbeugende Impfung ist vor allem für jene Menschen wichtig, die häufig mit Tieren in Kontakt kommen wie Tierärzte und Förster. Aber auch für Touristen, die in Länder reisen, in denen Tollwut verbreitet ist, empfiehlt sich die prophylaktische Impfung. Sie enthält abgeschwächte Tollwut-Erreger und bewirkt, dass der Körper einen sicheren Eigenschutz aufbaut. Dafür sind insgesamt drei Impfungen im Abstand von sieben Tagen notwendig. Erst zwei Wochen nach der letzten Injektion ist der Impfschutz aufgebaut.
Wer eine nachträgliche Tollwut-Impfung benötigt, sollte besser keine Zeit verschwenden. Sie sollte am besten innerhalb weniger Stunden nach dem Kontakt mit dem erkranken Tier erfolgen. Je eher die nachträgliche Impfung erfolgt, desto größer sind die Überlebenschancen des Patienten.
Quelle: ntv.de, ppo