Unterhaltung

Woody Allen wird 80 Der normalste Neurotiker der Welt

Woody Allen wird 80 - und dreht weiter und weiter Filme.

Woody Allen wird 80 - und dreht weiter und weiter Filme.

(Foto: imago stock&people)

Wer an Woody Allen denkt, hat einen Intellektuellen vor Augen. Etwas neurotisch zwar, aber intelligent und tiefgründig. Gar nicht wahr, er führe das Leben eines Spießers, sagt der Filmemacher. Ohne Skandale kommt er aber auch nicht aus.

"Über das Älterwerden denke ich genauso wie über den Tod: Ich bin strikt dagegen", hat Woody Allen einmal gesagt. Nur wehren kann er sich nicht. Oder doch? Dass der Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler nun 80 Jahre alt wird, hält ihn jedenfalls nicht davon ab, weiterhin Filme zu drehen.

Mit Filmen wie "Manhattan" wurde Allen weltberühmt - und kreierte sein Image als neurotischer Intellektueller.

Mit Filmen wie "Manhattan" wurde Allen weltberühmt - und kreierte sein Image als neurotischer Intellektueller.

(Foto: imago/AGD)

Seit den 70er-Jahren legt Woody Allen in jedem Jahr einen neuen Film vor: Er schreibt das Drehbuch, führt Regie und ist meist auch vor der Kamera zu sehen. Wohl kaum ein Regisseur kann solch eine Produktivität vorweisen - auf so hohem Niveau. 24 Mal war Allen für den Oscar nominiert, viermal bekam er ihn auch, einmal als Regisseur, dreimal als Autor. Ein Filmstar will er aber nicht sein. Er meidet Hollywood, nicht mal seine Oscars nahm er persönlich entgegen.

Seine Schaffenswut begründet der am 1. Dezember 1935 als Allan Stewart Konigsberg in Brooklyn geborene Künstler oft mit seinem Talent, Witze zu erzählen. "Ich glaube, der Humor ist bei mir so eine Art genetischer Defekt", sagte er kürzlich der "Stuttgarter Zeitung". Und er habe keine Ahnung woher dieses Talent komme. Schon als Teenager verdiente Allen mehr Geld als sein Vater: Indem er Witze schrieb und sie an eine Agentur verkaufte. Bald änderte er seinen Namen - seit 1952 heißt er offiziell Haywood Allen - und machte Karriere als Drehbuchautor, Stand-Up-Komiker und schließlich Filmemacher.

Schüchtern, aber in Behandlung

Dabei kreierte er jene Kunstfigur, als die er weltweit bekannt wurde: den schüchternen, verpeilten New Yorker Intellektuellen, der gleichermaßen mit seinen Neurosen wie mit seinen Beziehungen zu Frauen hadert. Anfangs legte Allen absurde, urkomische Filme vor, darunter "Woody, der Unglücksrabe", "Bananas" oder "Was Sie schon immer über Sex wissen wollten". Ab Mitte der 70er verlieh er seinen Werken dann einen melancholischen, tragikomischen Ton, immer wieder vermischt mit Krimi- und Drama-Elementen.

Filme wie "Match Point" mit Scarlett Johansson bescherten Allen ein Comeback.

Filme wie "Match Point" mit Scarlett Johansson bescherten Allen ein Comeback.

(Foto: imago stock&people)

Und er machte seine Heimatstadt zu seinem Hauptdarsteller, zu seiner Spielwiese: New York City. Allen bevölkerte seine Filme nun mit einsamen Großstadt-Singles, die ins Museum und ins Kino gehen, über Philosophie diskutieren, aber ihr Leben nicht auf die Reihe bekommen. Mit diesen Charakteren und der Stadt als heimlichen Star feierte er seine großen Erfolge "Der Stadtneurotiker" und "Manhattan".

Allen selbst hat allerdings oft genug betont, dass er mit seinen Filmfiguren nichts zu tun habe. "Ich selbst zeigte keinerlei Anzeichen für irgendeine Begabung, flog von der Schule und war offensichtlich nicht intelligent genug für ein Studium", sagte er einmal der FAZ. Dass er sein intellektuelles Image nicht loswird, hat ihm zufolge aber auch einen Grund: "Wegen meiner Brille kann ich zwar recht überzeugend einen Intellektuellen darstellen, aber man sollte nicht den Fehler machen, mich mit meinen Filmfiguren zu verwechseln. Im wirklichen Leben bin ich alles andere als ein grüblerischer Bücherwurm." Er selbst nennt es ein "spießiges Mittelschicht-Leben". Statt in Cafés und Restaurants tiefsinnige Gespräche zu führen, holt er seine Kinder von der Schule ab oder sitzt vor dem Fernseher und schaut Sport. Oder er spielt Klarinette, regelmäßig auch vor Publikum. Selbst mit den Stars seiner Filme - die bei jedem neuen Projekt Schlange stehen - ist er nach eigener Aussage privat nicht befreundet.

Ein Scherzkeks ist er immer noch.

Ein Scherzkeks ist er immer noch.

(Foto: imago/Independent Photo Agency)

Schwer zu glauben, schließlich führte er zu zwei langjährigen Filmpartnerinnen auch private Beziehungen: Diane Keaton ("Der Stadtneurotiker") und Mia Farrow ("Hannah und ihre Schwestern"). Das Ende der Beziehung zu Farrow sorgte 1992 allerdings für einen handfesten Skandal: Allen hatte eine Affäre mit Farrows volljähriger Adoptivtochter Soon-Yi Previn, die er 1997 heiratete. Schon damals wurden auch Vorwürfe laut, Allen habe die gemeinsame Adoptivtochter Dylan als Kind missbraucht. Doch langwierige Untersuchungen konnten die Vorwürfe, die 2013 erneut erhoben wurden, nicht bestätigen.

Neurosen, Affären und Mord

Ansonsten sind Skandale und Gerüchte selten im Leben von Woody Allen. Er ist äußerst diszipliniert und offenbar ein Gewohnheitstier: Seine Drehbücher soll er allesamt auf einer alten Schreibmaschine tippen. Und er dreht weiter Filme, im Jahresrhythmus. Zuletzt arbeitete er, nach Jahrzehnten in New York, in Europa. Auch hier waren es die Metropolen, die ihn magisch anzogen: London, Barcelona, Paris und Rom. Der Erfolg gab ihm recht: Mit "Match Point", "Scoop" und "Vicky Cristina Barcelona" (allesamt mit Scarlett Johansson) sowie "Midnight in Paris" erlebte Allen nach einigen durchschnittlichen Filmen ein Comeback und wurde wie auch seine Darsteller mit etlichen Preisen bedacht.

Dabei blieb er seinem Stil treu: Er nahm die reiche, gebildete Oberschicht aufs Korn. Nicht subtil wie manch andere europäische Filmemacher, mit denen er gern verglichen wird. Viel mehr mit seiner ganz eigenen Mischung aus Komik, amourösen Verwicklungen und verwinkelter, ins Absurde neigender Handlung. Ohne das urbane Leben, ohne die Vielfältigkeit an Menschen und Charakteren scheint Allen nicht leben zu können. Er fängt deren Schönheit, aber erst recht deren Abgründe ein: Neurosen, Affären und Einsamkeit bestimmen seine Figuren, genau wie der Hang zu Extravaganz und Verbrechen. Und ohne eine tiefe Lebenskrise geht es sowieso nicht.

So auch in seinen jüngsten Filmen, "Blue Jasmin", für den Cate Blanchett einen Oscar erhielt, und "Irrational Man" mit Joaquin Phoenix und Emma Stone, der dieser Tage in den deutschen Kinos startet. Es geht - wenig überraschend - um einen Philosophieprofessor, der in einer Lebenskrise steckt, die er ausgerechnet mit einem Verbrechen überwinden kann. Von Altersmilde gibt es bei Allen, diesem großen Filmemacher, also auch mit 80 Jahren keine Spur. Zum Glück. Aber wie sagte er doch gleich: "Der Gedanke an meine Sterblichkeit hat mein ganzes Leben ruiniert."

Quelle: ntv.de

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