Musik

Coolness verzweifelt gesucht Madonna hat ein "Rebel Heart"

Madonna will den Titel der Queen of Pop verteidigen. Ihr neues Album "Rebel Heart" ist dafür nicht gut genug.

Madonna will den Titel der Queen of Pop verteidigen. Ihr neues Album "Rebel Heart" ist dafür nicht gut genug.

(Foto: Mert Alas/Marcus Piggot)

Songwriter und Produzenten im Dutzend, Bitches hier, Sex da, Rebellin sowieso: Madonna, die Queen of Pop, reitet wieder. Ihr 13. Studioalbum "Rebel Heart" erweist sich dabei jedoch als leidlich spannendes Potpourri.

War das ein kollektives Aufstöhnen, als Madonna jüngst bei den Brit Awards die Treppe runterpolterte. Frau Ciccone kommt in die Jahre, hieß es. Diese engen Kostümchen, dazu noch mit freiem Hintern, das gepresste Dekolletée, die baulichen Veränderungen im Erkerbereich - muss das wirklich sein? Anscheinend ja. Soll sie doch, ist ja auch ihr gutes Recht. Wollen wir uns irgendwann sagen lassen, es würde Zeit für die Klamotten-Kollektion in Taubengrau und Dackelbraun? Na also. Auch die Gestürzte selbst schien das wenig zu kümmern. Aufstehen. Mund abputzen. Weitermachen.

Was aber, wenn der Kern des Ganzen, die Songs, das Album, wieder nicht so ganz die große Vision einlösen? Satte 350 Millionen verkaufte Tonträger machen Madonna tatsächlich zu nicht weniger als der Queen of Pop. Da leuchtet es ein, dass allerlei Anstrengungen unternommen werden, um diesen Titel irgendwie zu verteidigen. Nach den mäßig gelungenen Vorgängern "MDNA" und "Hard Candy" soll es nun "Rebel Heart" richten. So neu, wie Madonna sich das gewünscht hätte, ist das Material dabei nicht mehr. Im November vergangenen Jahres wurden zwei Songs geleakt, im Dezember noch einmal satte 13 Stücke. Das Rebellenherz verlangte nach Doppelherz, so groß war die Aufregung. Von "künstlerischer Vergewaltigung" sprach die Sängerin.

Uh-uh-uh-Stoßseufzer und S.E.X.

So ärgerlich das aus ihrer Sicht sein mag, der PR-Maschine war es egal. Die verarbeitete, was man ihr anbot: geleakte Songs ebenso wie nackte Hintern, Treppenstürze, zum Tequilatrinken angestiftete Journalisten, mit Snöre-Lakritz umwickelte Ikonen-Porträts, psychedelische Torero-Kostüme und, und, und. Wäre es aber nicht zu und zu schön, wenn nun auch die Musik den ganzen Bohei einlösen würde? Wenig überraschend überlässt Madonna genau dort wieder einmal nichts dem Zufall und kauft Kompetenz ein. Kanye West, Avicii und Diplo hatten die Finger an den Reglern, Nicki Minaj durfte ebenso mitwackeln wie Mike Tyson. Möchte man tatsächlich auf so einer Party zu Gast sein? Und wo bitte ist die Rebellion, die hier im Titel zu Markte getragen wird, wenn doch nur die Megaseller, die üblichen Verdächtigen ins Boot geholt werden, um den Kahn flott zu machen?

Das verzweifelt juvenile "Bitch I'm Madonna" - was sagt eigentlich Tochter Lourdes dazu? - klingt am Anfang wie Whigfield meets M.I.A., auch die Uh-uh-uh-Stoßseufzer im Elektroreggae von "Unapologetic Bitch" gemahnen an düstere 90s-Pop-Zeiten. An anderer Stelle entführt Madonna uns in ihre ganz privaten Feuchtgebiete: "Kiss it better. Make it better, make it wetter (Don't it taste like holy water)". Mehr Sex bietet da nur noch "S.E.X.", satte 23 Jahre nach dem Skandal um das Buch gleichen Namens. "Oh my God, soaking wet. Back and forth 'til we break the bed" heißt es hier. In Bed with Madonna? Immer noch eine turbulente Angelegenheit, so will man uns hier weismachen.

Weed, Whiskey, aber noch immer nicht weise

An anderen Stellen klingt Madonna dort am besten, wo sie nicht hinter dem Soundvorhang verschwindet. "Devil Pray" mit seinen Akustikgitarren klingt durchaus einnehmend, "HeartBreakCity" gemahnt an die Transzendenz von "Frozen" und zwischen all dem Bollern und den Beats klingt das soundtechnisch überschaubare "Joan of Arc" wohltuend altmodisch.

Einige der großen Ladies der 80er und 90er ziehen Bilanz in diesen Tagen. Kim Gordon, Grande Dame des Indielärms, hat soeben ihre Autobiografie "Girl in a Band" veröffentlicht. Auch Nena zog mit ihrem neuen Album "Old School" just ein veritables Zwischenresumée. Im Hause Ciccone dagegen wird angeblich weiter Bier in Schuhe geschüttet, dem Weed und dem Whiskey gefrönt, bekleidet in den Pool gesprungen und geprollt wie auf einem öffentlichen Basketball-Platz in Brooklyn. Es bleibt das Gefühl, dass hier immer noch mehr drin wäre, dass das so dringlichst angestrebte Madonna-Statement immer noch aussteht. Vielleicht mal Rick Rubin anrufen? Oder doch Samy Deluxe?

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Quelle: ntv.de

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