Politik

Unterdrückung hinter der ESC-Kulisse Mehr als 100 Länder foltern

In der Kristallhalle wird das Finale des ESC ausgetragen. Das Regime in Aserbaidschan will hinter seinen neuen Glitzerfassaden auch Menschenrechtsverbrechen verstecken.

In der Kristallhalle wird das Finale des ESC ausgetragen. Das Regime in Aserbaidschan will hinter seinen neuen Glitzerfassaden auch Menschenrechtsverbrechen verstecken.

(Foto: picture alliance / dpa)

Hinter der Fassade des Eurovision Song Contest herrscht das Regime in Aserbaidschan mit harter Hand. Im aktuellen Jahresbericht fordert Amnesty International Freiheit für die politischen Gefangenen in dem Land. Der Report spricht außerdem von einem Versagen des UN-Sicherheitsrates beim Arabischen Frühling. Auch Deutschland hat keine reine Weste.

Die andere Seite von Aserbaidschan: Große Teile der Bevölkerung sind arm.

Die andere Seite von Aserbaidschan: Große Teile der Bevölkerung sind arm.

(Foto: picture alliance / dpa)

In 101 Ländern wird dem jüngsten Jahresbericht von Amnesty International zufolge immer noch gefoltert. In mindestens 91 Ländern ist die Meinungsfreiheit weiterhin eingeschränkt. Die Menschenrechtsorganisation kritisiert insbesondere China, wo aus Angst vor Protesten wie in der arabischen Welt eine schlimme Welle der Unterdrückung in Gang gekommen sei. Schlechte Noten gab es auch für Aserbaidschan, wo der Eurovision Song Contest (ESC) ausgetragen wird, sowie die beiden Gastgeber der Fußball-Europameisterschaft, Polen und Ukraine. Deutschland wird wegen der Lieferung von Rüstungsgütern in Staaten wie Saudi-Arabien, Bahrain oder Jemen kritisiert.

Zu den Ländern, die besonders negativ auffielen, gehört in diesem Jahr Aserbaidschan. Vor dem ESC-Finale fordert Amnesty den autoritär regierenden Präsidenten Ilcham Alijew auf, alle freizulassen. In der ehemaligen Sowjetrepublik sitzen nach Amnesty-Angaben noch mindestens 17 Menschen aus politischen Gründen in Haft. Der Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion, Wolfgang Grenz, sagte, bislang habe es in Aserbaidschan nur " " gegeben. Zugleich warnte er davor, das Land nach dem ESC-Finale aus den Augen zu verlieren. Alijew hofft auf ein besseres internationales Erscheinungsbild durch den Song-Wettbewerb. Dazu hat er auch eine millionenschwere Image-Kampagne in Auftrag gegeben.

Folter in der Ukraine

Amnesty kritisierte zudem , wo im nächsten Monat die Fußball-EM beginnt. Beim EU-Nachbarn Polen würden Sinti und Roma diskriminiert. Zudem gebe es immer wieder rassistische Übergriffe. In der Ukraine, die vor allem wegen der Inhaftierung von Oppositionsführerin in der Kritik steht, würden Folter und andere Misshandlungen weiterhin nicht geahndet. Eine unabhängige Justiz gebe es nicht. Die UEFA will sich .

China wird in dem Jahresbericht nicht nur wegen der mehreren tausend Hinrichtungen kritisiert, die es in der Volksrepublik immer noch gibt. Aus Angst vor einem Überschwappen des "Arabischen Frühlings" hätten die Behörden dort eine der schlimmsten Repressionswellen seit der Unterdrückung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 gestartet.

Auch Deutschland wird kritisiert. Die Menschenrechtsorganisation bemängelt insbesondere, dass es in der Bundesrepublik keine unabhängigen Beschwerdestellen für "polizeiliches Fehlverhalten" gebe. Kritik gibt es auch daran, dass mehrere Bundesländer Roma , obwohl ihnen dort Verfolgung und Diskriminierung drohen. Amnesty wirft der Bundesregierung auch vor, genehmigt zu haben, obwohl absehbar gewesen sei, dass die Waffen zur Unterdrückung von friedlichen Protesten eingesetzt würden. Als Beispiele werden das umstrittene sowie frühere Lieferungen nach Ägypten, Libyen, Bahrain und Jemen genannt.

Völker riskieren ihr Leben

Der UN-Sicherheitsrat habe im Umgang mit dem Arabischen Frühling Schwäche gezeigt und sei für die Herausforderungen der Zeit nicht gewappnet. "Ganze Völker haben sich erhoben und ihr Leben riskiert", sagte AI-Generalsekretär Salil Shetty. Diesem Mut sei die UNO mit Führungsschwäche begegnet, "sowohl auf nationalem als auch auf internationalem Niveau". Amnesty bezog sich vor allem auf die . Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats stellten dabei ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen über das Recht der Völker, sagte Shetty weiter. Amnesty übte besondere Kritik an China und Russland, die mehrmals ihr des Gremiums eingelegt hatten, aber auch an den Schwellenländern Indien, Brasilien und Südafrika, die "durch ihr Schweigen" mitschuldig seien.

Die Menschenrechtsorganisation warf dem Sicherheitsrat vor, der Bekundung von Solidarität der UNO mit den Demonstranten in arabischen Ländern im vergangenen Jahr seien "keine Taten gefolgt". Die Rolle des UN-Gremiums als Garant der internationalen Sicherheit erscheine zunehmend fragwürdig und der Rat sei den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht gewachsen.

Quelle: ntv.de, che/dpa/AFP

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