Anleihen, Gold, Öl, Krypto Die besten Investments für 2024
26.12.2023, 09:04 Uhr Artikel anhören
Wie immer ist auch 2024 die richtige Mischung gefragt ...
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit Anleihen lässt sich wieder richtig Geld verdienen. Dadurch sind Aktien nicht mehr alternativlos. Öl hat in diesem Jahr unterm Strich etwas schwächer notiert, Gold dagegen deutlich fester. ntv.de hat vier Experten nach den Aussichten für nächstes Jahr gefragt.
ntv.de: Die Zinsen von zehnjährigen amerikanischen Staatsanleihen sind in diesem Jahr noch einmal um etwa einen halben Prozentpunkt gestiegen. Dementsprechend sind ihre Kurse gefallen. Setzt sich diese Entwicklung im kommenden Jahr fort oder sehen wir die Zinswende?

Oliver Zastrow arbeitet als Geschäftsführer bei der Qcoon Gruppe in Hamburg. Davor war er bei der Hamburger Vermögensverwaltung Albrecht, Kitta & Co. und der UBS Europe SE tätig.
Oliver Zastrow: Bei einem robusten Aufschwung würde die amerikanische Notenbank Fed die Zinsen wahrscheinlich hoch belassen. Bei einer harten Landung der Konjunktur könnte sich die Erwartung baldiger Zinssenkungen als richtig erweisen.
Michael Wittek: Zunächst ist festzuhalten, dass der circa 40 Jahre anhaltende Abwärtstrend der Renditen vor einigen Monaten nach oben durchbrochen wurde. So gesehen fand die erste große Zinswende bereits statt.
Reinhard Pfingsten: Für die deutschen zehnjährigen Staatsanleihen sehen wir bis zur Jahresmitte noch ein leicht ansteigendes Renditeniveau, um gegen Jahresende in etwa wieder dort zu sein, wo wir heute stehen. Auch bei den US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit schließen wir zunächst minimale Renditeanstiege nicht aus, erwarten aber bis zum Jahresende ein Renditeniveau, was unterhalb des jetzigen liegt.
ntv.de: US-Staatsanleihen mit einer zehnjährigen Restlaufzeit werfen derzeit eine Rendite von mehr als vier Prozent ab. Sie gelten quasi als ausfallsicher. Lohnt es sich da überhaupt noch, in Aktien zu investieren?

Reinhard Pfingsten arbeitet seit September 2023 als Chief Investment Officer bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank. Diese Funktion übte der studierte Mathematiker bereits zuvor bei der Bethmann Bank und Hauck & Aufhäuser Privatbankiers aus.
Pfingsten: Aktien haben auch in Zeiten gestiegener Renditen ihre Daseinsberechtigung. Die Rendite für Eigenkapital, also für Aktien, sollte allein aus ökonomischer Sicht immer oberhalb derer für Fremdkapital, also Anleihen, liegen. Der Risikoaufschlag kann zwar über die Zeit variieren, im Mittel sollte er aber schon bei drei bis vier Prozent liegen.
Wittek: In der Vergangenheit haben die Aktienmärkte über einen Mehrjahreszeitraum immer die beste Performance eingebracht. Ich sehe keinen Grund, warum sich das ändern sollte.
Zastrow: Bei guter Bonität, also einer niedrigen Ausfallwahrscheinlichkeit, sind Anleihen aktuell mindestens genauso attraktiv wie Aktien und vor dem Hintergrund einer Risiko-/Renditebewertung kurzfristig sogar spannender. Diversifikation ist allerdings bei aller Unsicherheit am Markt das Maß aller Dinge, sodass Aktien, Gold und auch andere Anlageklassen ebenfalls im Depot berücksichtigt werden sollten.
ntv.de: Die amerikanische Notenbank Fed hat erst einmal bei den Erhöhungen der Leitzinsen pausiert. Viele Anleger erwarten jetzt 2024 erste Leitzinssenkungen. Wie wahrscheinlich ist das?

Marco Herrmann ist seit 1992 für renommierte Banken und Fondsgesellschaften tätig. Seit 2010 verantwortet er als Geschäftsführer die Anlagestrategie der FIDUKA Depotverwaltung.
Marco Herrmann: Die Inflationsrate ist klar auf dem Rückzug und liegt mittlerweile deutlich unter der Fed Funds Rate, das ist der amerikanische Leitzins. Obwohl der rückläufige Trend recht erfreulich ist, verkünden die Notenbanker noch nicht den Sieg im Kampf gegen die Inflation, denn üppige Lohnabschlüsse könnten Zweitrundeneffekte auslösen. Außerdem ist das angestrebte Zwei-Prozent-Ziel bei der Inflation noch nicht erreicht.
Pfingsten: Ich schätze das ähnlich ein. Die Notenbanken haben in den vergangenen Jahren lernen müssen, dass ein Unterschätzen der Inflation schnell die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik untergraben kann. Die Währungshüter werden daher lieber etwas zu spät als zu früh die Zinszügel lockern.

Michael Wittek leitet das Portfoliomanagement bei Albrecht, Kitta & Co. und ist für die Anlegestrategie der Vermögensverwaltung verantwortlich.
Wittek: Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Fed die Zinsen senkt. Nur ist unklar, ob dies nicht doch später als früher passiert. Einige Zinssenkungs-Optimisten könnten zwischenzeitlich nervös werden.
Zastrow: Ich bin da etwas optimistischer. Unser Basisszenario sieht - ausgehend von weiterhin sinkenden Inflationsraten und stabilem Arbeitsmarkt - eine hohe Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinssenkung der Fed im ersten oder zweiten Quartal 2024.
ntv.de: Die Inflationsrate ist zuletzt spürbar gesunken. Da müssten jetzt doch eigentlich auch die Zinsen wieder zurückkommen. Das würde bei Anleihen steigende Kurse bedeuten. Ist da zum Beispiel zum Kauf eines breit gestreuten Anleihen-ETF zu raten?
Herrmann: Mit den jüngsten Renditegipfeln in den USA mit fünf Prozent und bei Bundesanleihen mit drei Prozent sind zuletzt zyklische Hochs markiert worden. Wir erwarten rückläufige Renditen in 2024 - die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe dürfte in Richtung zwei Prozent fallen und die zehnjährige US-Staatsanleihe sollte Ende 2024 nur noch bei knapp unter vier Prozent rentieren. Bei Staatsanleihen und soliden Unternehmensanleihen mit guter Bonität bevorzugen wir Direktinvestments, um die durchschnittliche Restlaufzeit der Anleihen besser steuern zu können.
Pfingsten: Ja, Leitzinssenkungen sind in Sicht, aber erst zur Jahresmitte und auch dann eher zögerlich. Ein Anleger sollte sich daher dessen bewusst sein, dass der Jahresstart noch durch Rücksetzer im Anleihemarkt geprägt sein könnte, bevor dann im weiteren Jahresverlauf die Kurssteigerungen einsetzen.
Zastrow: Anleihen guter Qualität und mit längeren Restlaufzeiten könnten im nächsten Jahr sehr attraktive Renditen abwerfen, wenn die Zinsen tatsächlich sinken sollten. Die möglichen Vehikel sind hier vielfältig. Einzelanleihen, ETFs oder auch gute aktiv gemanagte Fonds können hier - in Abwägung der Anlegerinteressen - interessant sein.
ntv.de: Wie schaut es mit Festgeld aus - da lässt sich ja auch wieder Rendite erzielen. Ist das eine Alternative zu Anleihen?
Wittek: Festgelder sind meines Erachtens nur zu Beginn eines Zinssteigerungspfades ratsam. Wir befinden uns jedoch am Ende der Leitzinserhöhungen. Der Anleihemarkt bietet aktuell mehr Rendite als klassische Bankfestgelder.
Pfingsten: Aber Festgelder bieten mittlerweile auch wieder Chancen. Sie sind jedoch eher ein Anlagevehikel für kürzere Zeiträume. Zudem sollten sich die Anleger nicht nur von den höheren Zinssätzen blenden lassen, die manche Banken ins Schaufenster stellen, sondern auch immer kritisch die Bonität des Anbieters hinterfragen. Auch hier gilt, dass die Rendite von den Banken nicht verschenkt wird, sondern auch als Maß für das einzugehende Risiko interpretiert werden kann.
Herrmann: Die Banken verhalten sich sehr knausrig bei den Einlagenzinsen, sodass kurzlaufende Bundesanleihen für Anleger meist die bessere Wahl sind - vorausgesetzt, die Handelskosten fallen niedrig aus.
ntv.de: Kommen wir zu den Rohstoffen. Öl hat in diesem Jahr eher enttäuscht. Trotz der leeren Lager in den USA und der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten hat sich der Preis unter größeren Schwankungen nur seitwärts entwickelt. Wie lässt sich das erklären?
Wittek: Der Ölmarkt preist bereits eine Verlangsamung der Konjunktur ein. Gepaart mit der zunehmenden Produktion der USA durch das sogenannte Fracking sorgt sich der Markt über ein zu hohes Angebot im nächsten Jahr.
Herrmann: Das deckt sich mit unserer Einschätzung. Angebot und Nachfrage bestimmen bekanntlich die Preise. Beide belasten den Ölpreis. In den USA läuft die Shale-Gas-Produktion auf Hochtouren und auch das russische Öl findet weiter seinen Weg auf den Weltmarkt. Gleichzeitig kommt die Weltwirtschaft nur langsam voran. Insbesondere der frühere Wachstumsmotor, China, stottert.
ntv.de: Wenn es zu einer Rezession kommt - vor allem in den USA oder China - produziert die Industrie weniger und die Nachfrage nach fossilen Energieträgern könnte sinken. Handelt es sich dabei um ein wahrscheinliches Szenario für 2024?
Zastrow: Wenn man dann noch die Energiewende ins Feld führt, müsste der Logik nach, die Antwort "Ja" lauten. Die Wahrheit ist aber, dass der Gesamtbedarf seit Jahren relativ konstant ist, da die Menge, die in erster Linie von entwickelten Ländern eingespart wird, an anderer Stelle verbraucht wird. Da für 2024 eher eine sanfte Landung zu erwarten ist und möglicherweise durch Fiskalmaßnahmen in China die dortige Wirtschaft stimuliert wird, ist eher nicht davon auszugehen, dass die Nachfrage sinken wird. Wir rechnen mit einem leichten Anstieg.
Herrmann: Gemäß dem Internationalen Währungsfonds sollte das globale Bruttoinlandsprodukt 2024 um drei Prozent und damit ähnlich stark wie 2023 wachsen. Mit einem Einbruch der Nachfrage rechnen wir daher nicht.
Wittek: Ich bin hier bei der Wahrscheinlichkeit eines Münzwurfes. Kommt die Rezession, wird der Ölpreis fallen. Jedoch wird er sich nach meiner Einschätzung viel schneller erholen als in vorherigen Perioden.
ntv.de: Gold hat dagegen stark von den geopolitischen Brandherden und Unsicherheiten profitiert. Allerdings haben sich durch die gestiegenen Zinsen die sogenannten Opportunitätskosten für das zinslose Edelmetall erhöht. Überwiegen beim Gold die Chancen oder die Risiken?
Pfingsten: Mit dem jüngsten Preisanstieg auf ein neues Allzeithoch Anfang Dezember wird die Hürde für Gold, weitere Preiszuwächse 2024 zu realisieren, hochgestellt. Sollten, wie von uns erwartet, die Zinsen langsamer sinken und das Wachstum sich besser halten als von vielen Volkswirten prognostiziert, wäre das Umfeld für Gold herausfordernd.
Wittek: Aber Gold ist und bleibt fernab von kurzfristigen Kursschwankungen ein Basisinvestment in einem breit aufgestellten Portfolio.
Zastrow: Gold ist nicht unbegrenzt verfügbar, die jährlichen Fördermengen liegen seit Jahren stabil im niedrigen Bereich. Umgekehrt steigt aber die industrielle Nachfrage und auch die materielle, was für eher steigende Goldpreise sprechen dürfte.
Herrmann: Außerdem sind die Notenbanken der BRIC-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien und China, dazu übergegangen, für ihre Währungsreserven lieber in Gold als in US-Staatsanleihen zu investieren. Schließlich dürfte der etwas schwächer erwartete US-Dollar den Goldpreis nachhaltig über die 2.000 US-Dollar-Marke hieven.
ntv.de: Die Immobilienpreise haben weiter nachgegeben. Allerdings befinden sich die Hypothekenzinsen noch auf einem höheren Niveau. Handelt es sich jetzt um den richtigen Zeitpunkt, um in Betongold zu investieren?
Zastrow: Der richtige Zeitpunkt rückt auf jeden Fall näher. Der Fokus sollte hier auf Wohnimmobilien liegen. Ganz entscheidend sind hier die Einstandskosten für ein Objekt oder Grundstück. Hier haben wir in den zurückliegenden zwölf Monaten eine erhebliche Entwicklung nach unten gesehen. Im Vergleich zur Bewertung von vor zwei Jahren haben Grundstücke 20 bis 50 Prozent an Wert eingebüßt
Wittek: Die Immobilienbranche leidet unter einer fortschreitenden Stornierungswelle von Aufträgen. Dies wird in den Folgejahren zu noch mehr Mangel führen, was tendenziell höhere Preise bedeutet. Sollte man nicht die finanziellen Mittel haben, um allein in Immobilien investieren zu können, kann man über Immobilienaktien nachdenken.
Herrmann: Es gab schon schlechtere Zeitpunkte für einen Einstieg. Neben Lage, Lage, Lage gilt es jetzt aber auch auf den energetischen Zustand zu achten. Gegen eine eigengenutzte Immobilie ist nichts einzuwenden. Bei Vermietungsobjekten muss man mit staatlichen Eingriffen rechnen und den anfallenden Verwaltungsaufwand sowie den möglichen Stress mit Mietern berücksichtigen.
ntv.de: Um Kryptowährungen scheint es etwas ruhiger geworden zu sein. Investieren Sie hier für Ihre Kunden?
Pfingsten: Nein, weder investieren wir für unsere Kunden in Kryptowährungen, noch bieten wir einen Handel für diese an. Für uns haben Kryptowährungen einen hochspekulativen Charakter und ihre Preisentwicklung ist nicht seriös vorherzusagen.
Zastrow: Auch wir legen für unsere Kunden kein Geld in Bitcoin und Co. an.
Herrmann: Von unseren Kunden interessiert sich nur eine Handvoll für das Thema. In unserer Vermögensverwaltung spielt es daher keine Rolle.
Wittek: Auch wir investieren bislang für unsere Kunden nicht in Kryptowährungen.
ntv.de: Welche Anlageklassen empfehlen Sie fürs kommende Jahr?
Wittek: Für das kommende Börsenjahr spielt Fehlervermeidung eine wichtige Rolle. Ein Fehler wäre es, auf nur eine Anlageklasse zu setzen.
Zastrow: Anleihen scheinen im Zinsplateau gerade attraktiv. Qualität auf der Aktienseite aber ebenso. Neben gut diversifizierten liquiden Anlagen bietet sich bei entsprechender Vermögensgröße natürlich auch eine weitere Diversifikation in illiquide Anlagen wie beispielsweise Private Equity oder Immobilien an.
Herrmann: Wir bleiben bei Aktien übergewichtet und halten an der Selektion von wachstumsstarken Technologieaktien und defensiven Aktien fest. Europäische Aktien müssten aufgrund ihrer deutlich niedrigeren Bewertung die Nase vorne haben, doch US-Unternehmen besitzen oft zu Recht wegen ihrer starken Marktstellung eine Prämie. Da am Anleihenmarkt der Zinsgipfel voraussichtlich bereits hinter uns liegt, machen jetzt wieder längere Laufzeiten Sinn, um sich die derzeitigen Renditen auf die nächsten Jahre zu sichern. Zu einer guten Portfolio-Diversifikation gehört natürlich auch ein ein- bis fünfprozentiger Anteil Gold.
Pfingsten: Neben dem vorhin schon von Ihnen angesprochenen Betongold sind hier ganz klassisch die Aktien und Renten zu nennen. Nach Jahren erhöhter Marktschwankungen aufgrund von wirtschaftlichen sowie zins- und geopolitischen Unsicherheiten ist die Ausgangslage zum Beginn von 2024 eine ungewohnt neue. Negativzinsen sind Geschichte und Anleihen locken wieder mit hohen Renditen. Auch die Aktienmarktbewertungen sind zumindest außerhalb der USA attraktiver als im Durchschnitt der vergangenen Jahre.
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Quelle: ntv.de