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Hoffnung für Immobilienbesitzer? Das gibt es über Fernwärme zu wissen

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Auch Fernwärme ist derzeit kein Schnäppchen.

Auch Fernwärme ist derzeit kein Schnäppchen.

(Foto: IMAGO/Jochen Tack)

Die Wärmepumpe als Lösung aller Probleme hat zuletzt doch etwas Federn lassen müssen. Als mögliche Alternative rückt nun Fernwärme in den Fokus. Die war zwar auch schon vorher in der Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes erwähnt, ist aber bei all der Aufregung doch etwas aus dem Blickfeld geraten. 

Bekannterweise soll der Anteil fossiler Brennstoffe bei der Wärmeversorgung zwangsweise reduziert werden. Am 19. April verabschiedete die Bundesregierung die umstrittene Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Neu eingebaute Heizungen sollen demnach ab dem Jahr 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen, und ab 2045 dürfen definitiv keine fossilen Brennstoffe mehr zum Heizen eingesetzt werden. Nicht jedem ist bisher klar, was die Reform des GEG konkret im Einzelfall für ihn bedeutet.

Da das Thema doch viele umtreibt, ist die Bundesregierung um Schadensbegrenzung bemüht. Sie hat die Fernwärme als mögliche, zumutbarere Alternative zur Wärmepumpe für sich (neu) entdeckt. Denn Fernwärme fand sich auch schon zuvor in der Gesetzesnovelle als eine Alternative bei der Energiewende. Sie ist aber bei all der Aufregung um eine gefühlte "Wärmepumpen-Pflicht" wohl doch etwas aus dem Blickfeld geraten. Was sich nun aber geändert hat. Denn heute ist Fernwärmegipfel im Bundeswirtschaftsministerium.

Fragen und Antworten zum Thema Fernwärme:

Was ist Fernwärme überhaupt?

Fernwärme ist die Belieferung von Gebäuden mit Wärme von einem Kraft- oder Heizwerk. Die dort erzeugte Abwärme gelangt durch ein Rohrsystem zum Endverbraucher. Fernwärme-Kunden brauchen daher zu Hause keine eigene Heizanlage. Als Brennstoffe kommen vor allem Erdgas sowie Stein- und Braunkohle zum Einsatz. Aber auch Wärme, die bei der Müllverbrennung oder industriellen Prozessen entsteht, wird häufig als Fernwärme genutzt, wie die Verbraucherzentrale informiert. Heizen mit Fernwärme gilt als komfortabel und umweltschonend. Die Wärme kommt gewissermaßen aus der Wand, man braucht keinen Heizungskeller, muss sich um wenig kümmern. Abgesehen davon arbeitet die Branche daran, stärker erneuerbare Energien zu nutzen. Bei Nahwärme handelt es sich auch um Abwärme, nur dass sie über kurze Strecken zu den Verbrauchern gelangt.

Wie teuer ist Fernwärme?

Die Fernwärmepreise fallen je nach Anbieter sehr unterschiedlich aus. Was damit zusammenhängt, woraus die Fernwärme gewonnen wird. Betreibt ein Anbieter mehrere Fernwärmenetze, so hat häufig sogar jedes Netzgebiet einen anderen Preis, was sogar innerhalb derselben Stadt zu unterschiedlichen Preisen führen kann. Dabei setzen sich die Fernwärmepreise meist wie folgt zusammen:

  • dem Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde
  • dem Grundpreis pro Kilowatt angeschlossener Leistung (auch als "Anschlusswert" oder "Leistungspreis" bezeichnet)

Über den Arbeitspreis wird der tatsächliche Wärmeverbrauch abgerechnet. Der Grundpreis ist ein Fixpreis pro Jahr und beinhaltet die anteiligen Kosten an Kraftwerk, Netzen, Personal und Wartung. Durchschnittlich macht der Grundpreis einen Anteil an den Gesamtkosten von etwa 25 Prozent aus, der Arbeitspreis ungefähr 75 Prozent. Der durchschnittliche Preis für Fernwärme pro Kilowattstunde liegt nach Angaben von Verbraucherzentralen aktuell bei etwa 16 Cent, es kann aber deutliche Abweichungen nach oben und unten geben. Neukunden können derzeit Gasverträge für etwa 10 Cent pro Kilowattstunde abschließen, die Grundversorgung lag zuletzt im Schnitt bei 16 Cent. Bisher lagen die Fernwärme-Kosten über denen von Gas-, Öl- oder Pelletheizung.

Wie hoch die Kosten tatsächlich ausfallen, hängt natürlich auch vom individuellen Verbrauch ab. Dieser wird wie bei allen anderen Heizarten auch vom Gebäudezustand (Neubau oder Altbau, großes oder kleines Gebäude), vom individuellen Heizverhalten und vom Bedarf an Warmwasser maßgeblich beeinflusst.

Abgesehen davon beträgt von Oktober 2022 bis 31. März 2024 die Umsatz­steuer auch für Fern­wärme 7 statt 19 Prozent. Zudem deckelt die Gaspreisbremse auch den Preis für 80 Prozent des Fernwärmeverbrauchs. Seit Januar dieses Jahres gilt hier genau wie beim Gas ein Preis von 9,5 Cent pro Kilowatt­stunde.

Kann jeder auf Fernwärme umsteigen?

Grundsätzlich ja, allerdings muss dafür ein Anschluss im regionalen Versorgungsnetz vorhanden sein, beziehungsweise der Energieversorger muss bereit ist, sein Fernwärmenetz auszubauen und neue Anschlüsse zu legen. In Neubaugebieten gibt es teilweise Anschlusszwang an das Fernwärmenetz. Wer dort baut, muss Fernwärme nutzen und kann keinen anderen Energieträger verwenden. Bei Altbauten lässt sich ein Hausanschluss jederzeit nachrüsten, wenn das Grundstück gut zugänglich ist und im Einzugsbereich eines Fernwärmenetzes liegt. Um die nötigen Baugenehmigungen kümmert sich normalerweise der Fernwärmelieferant. Er nennt auch geeignete Firmen, die den Ein- oder Umbau erledigen können.

Auch gut: Ein eigener Heizkessel und Schornstein sind bei Fernwärme unnötig. Das spart neben Geld für Wartung und Schornsteinfeger auch Platz.

Wie können Hausbesitzer in Erfahrung bringen, ob ein Anschluss vorhanden ist?

Die Verfügbarkeit von Fernwärme ist regional unterschiedlich, denn das Fernwärmenetz in Deutschland ist vor allem in Ballungsgebieten gut ausgebaut. Eine bundesweite Suche nach Fernwärmeoptionen gibt es derzeit noch nicht. Am besten fragen Hauseigentümer direkt beim Netzbetreiber oder beim Grundversorger nach, ob ein Anschluss möglich ist. Auch sollten sie fragen, ob ein Netzausbau geplant ist und ein Anschluss daher in Zukunft möglich sein könnte, rät Energieexperte Alexander Steinfeldt von co2online. Einige Netzbetreiber bieten diese Informationen auch auf ihrer Website an.

Können Mieter bei der Entscheidung der Wämeversorgung mitreden?

Nein. Dies ist Sache des Vermieters.

Wie viele Haushalte heizen bereits mit Fernwärme?

Nach Angaben des Energiewirtschaftsverbands BDEW wurden im vergangenen Jahr 14,2 Prozent der 43,1 Millionen Wohnungen in Deutschland mit Fernwärme beheizt, was jeder siebten Wohnung entspricht. In Berlin beziehen 43 Prozent aller Haushalte Fernwärme, welche sich zu fast 75 Prozent aus Erdgas speist. In Hamburg sind es nur 15 Prozent. Laut dem Fernwärmeverband AGFW gibt es hierzulande etwa 3800 Fernwärmenetze, die von rund 500 Unternehmen betrieben werden.

Wie viele könnten es noch werden?

Laut AGFW ist bis 2050 eine Verdreifachung der Haushalte, die Fernwärme beziehen, möglich - bei entsprechender Planungssicherheit für die Versorger. Das dürfte dann wohl heute beim Fernwärmegipfel Thema sein. Bundesbauministerin Klara Geywitz antwortete in der ntv-Sendung "Frühstart" auf die Frage, wie das Fernwärmenetz in Zukunft ausgebaut werde: "Das Ziel ist erstmal, 100.000 Haushalte pro Jahr zusätzlich anzuschließen."

Was kostet der Wechsel?

Beim Wechsel auf Fernwärme fallen bei einem kleineren Gebäude einmalige Umstellungskosten in Höhe von etwa 8000 bis 15.000 Euro an. Darin enthalten sind die Kosten für die Entsorgung der Altanlage, der Anschluss an das Fernwärmenetz und der Einbau der sogenannten Fernwärmeübergabestation. Außerdem müssen Fachleute die Verteilung der Wärme im jeweiligen Gebäude passend einstellen.

Wird der Wechsel gefördert?

Die Kosten für den Anschluss fördert der Bund, indem er hierfür 25 Prozent der Kosten übernimmt. Neben der bundeseigenen Förderbank KFW unterstützen auch Länder, Kommunen, Stadtwerke und privatwirtschaftliche Energieversorger mit eigenen Maßnahmen den Umstieg auf Fernwärme - entweder durch einen direkten Zuschuss oder mit einem zinsgünstigen Förderkredit. Passende Förderprogramme lassen sich mit dem Fördermittelcheck von co2online finden.

Wie sicher ist die Versorgung?

Sehr sicher. Aufgrund der gut ausgebauten und überwachten Wärmenetze ist die Versorgung mit Fernwärme auch in sehr langen kalten Wintern gewährleistet. Störungen oder Unregelmäßigkeiten werden derart früh erkannt und umgehend behoben, sodass es bisher zu keinerlei Ausfällen gekommen ist.

Wann rechnet sich Fernwärme?

Generell rechnet sich Fernwärme dann, wenn möglichst viele Nutzer an das Fernwärmenetz angeschlossen sind. Denn die Verlegung der Netze und der Bau der Erzeugungsanlagen sind in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden. Zudem ist eine für die Wirtschaftlichkeit erforderliche Mindestabnahmemenge pro Meter Netz erforderlich. Deshalb eignet sich Fernwärme vor allem in dicht besiedelten Gebieten. Auf dem Land kann sich Fernwärme lohnen, wenn Wärme lokal günstig bereitgestellt werden kann, etwa über die Verwertung von Holzhackschnitzeln oder Biogas. Auch in Neubaugebieten kann ein Anschluss sinnvoll sein, wie die Verbraucherzentrale informiert.

Welche Besonderheiten gibt es?

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Bei Fernwärme ist der Wechsel des Wärmelieferanten nicht möglich. Planung und Betrieb des Kraftwerks und der Netze liegen in der Hand eines Unternehmens. Der Aufbau einer doppelten Infrastruktur durch ein weiteres Unternehmen wäre unwirtschaftlich. Daher ist jedes Fernwärmeunternehmen ein lokaler Monopolist. Zudem dürfen Verträge für die Dauer von bis zu zehn Jahren geschlossen werden. Anschließend verlängert sich der Vertrag höchstens um fünf Jahre, wenn er nicht mit einer Frist von neun Monaten zum Ende der ersten Laufzeit gekündigt wird. Wer auf erneuerbare Energien umrüsten und deshalb keine Fernwärme aus nicht erneuerbaren Quellen mehr beziehen möchte, kann seinen Vertrag auch mit einer Frist von zwei Monaten kündigen. Allerdings ist dann ein Nachweis darüber zu erbringen, wie mit erneuerbaren Energien in Zukunft die Wohnung warm gehalten werden soll.

Die rechtlichen Grundlagen zwischen Kunden und den Fernwärmeanbietern sind in der AVB Fernwärme V geregelt, wie die Verbraucherzentrale berichtet.

Quelle: ntv.de

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