Urteil aus dem Verkehrsrecht Kurze Strecke im Rausch: Kein Fahrverbot nach Alkoholfahrt?
01.12.2023, 11:12 Uhr Artikel anhören
Bitte pusten: Fahrten unter Alkoholeinfluss sind keine Kavaliersdelikte, von den Regelstrafen wird nur nach Prüfung hoher Anforderungen abgesehen.
(Foto: Sina Schuldt/dpa/dpa-tmn)
"Wer Sorgen hat, hat auch Likör", wusste schon Wilhelm Busch. Doch ganz egal, aus welchem Grund gebechert wird, dass man sich an- oder betrunken nicht hinters Steuer setzt, sollte klar sein. Aber wie ist das, wenn man nach 200 Metern Trunkenheitsfahrt seinen Fehler einsieht und den Wagen stehen lässt?
Einsicht schützt nicht automatisch vor Strafe. Das gilt auch, wenn man während einer Trunkenheitsfahrt die eigene Fahruntauglichkeit einsieht und das Auto wieder abstellt. So sieht es jedenfalls das Bayerische Oberste Landesgericht in einer Entscheidung (Az.: 202 ObOWi 780/23), auf die der ADAC hinweist.
Im verhandelten Fall hatte ein Mann auf einem Junggesellenabschied gefeiert - inklusive Alkoholgenuss. Im Laufe des Abends gab es dann einen Streit zwischen dem Mann und seiner Freundin, die sich ad hoc von ihm trennte. Unter diesem Eindruck fuhr der Mann mit dem Auto los.
Betrunken losgefahren - und gleich wieder umgedreht
Allerdings wurde ihm seine nicht mehr vorhandene Fahrtauglichkeit schnell klar. Er wendete und fuhr zum Parkplatz der Feier zurück - die zurückgelegte Fahrstrecke betrug rund 200 Meter.
Einige Gäste hatten sich aber Sorgen gemacht und bereits die Polizei alarmiert, die kurz darauf eintraf. Die Alkoholkontrolle ergab einen Wert von 0,47 mg/l Atemalkohol. Das zog 500 Euro Bußgeld und einen Monat Fahrverbot nach sich. Bezogen auf das Fahrverbot legte der Betroffene aber Einspruch ein.
Das Amtsgericht hob die Einsichtsfähigkeit hervor
Das hatte vor dem Amtsgericht Erfolg. Denn es ging in Anbetracht der kurzen Strecke und der sofortigen Umkehr von einer Einsichtsfähigkeit aus, die ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertige. Die Staatsanwaltschaft sah das ganz anders und legte Beschwerde ein.
Mit Erfolg. So hätte das Amtsgericht nicht berücksichtigt, dass bei dieser Art Ordnungswidrigkeit in der Regel ein Fahrverbot zu verhängen ist, stellte das Oberste Landesgericht fest. Um von so einem Verbot absehen zu können, seien hohe Anforderungen zu stellen, die in diesem Fall nicht vorlägen.
Das Oberste Landesgericht kennt kein Pardon
Eine Entlastung des Mannes durch die Kürze der Strecke kam für das Oberste Landesgericht nicht infrage: Zum einen, da der Fahrer nachweislich unter psychischem Druck stand, zum anderen, weil die Alkoholisierung nur wenig von der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt war.
Auch das im Nachgang gezeigte Verhalten des Mannes, geprägt von Schuldeinsicht und Reue, reichte den Richtern nicht aus, um in Abwägung zur potenziellen Gefahr der Alkoholfahrt im emotionalen Ausnahmezustand vom Regelfahrverbot abzusehen.
Quelle: ntv.de, awi/dpa