Mehr Sex durch Lust-Pille? Addyi wirkt im Kopf und nicht in der Hose
19.08.2015, 15:02 Uhr
Klein, rund und rosa: Eine Pille soll Frauen zu mehr Spaß im Bett verhelfen und die Sexmüdigkeit aus den Betten vertreiben. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht.
Tablette schlucken und los geht der Spaß: Eine neue Pille soll die Lust der Frau steigern und die Sexmüdigkeit aus den Schlafzimmern vertreiben. Nach jahrelangen Tests und klinischen Studien genehmigte die US-Arzneimittelbehörde FDA die Zulassung des Medikaments Flibanserin. Die neue "Lustpille" soll unter dem Namen Addyi verkauft werden und hat mit Viagra nichts zu tun, auch wenn sie fälschlicherweise als "Pink Viagra" bezeichnet wird.
Viagra behandelt Erektionsstörungen bei Männern durch gezielte Steigerung der Durchblutung im Genitalbereich. Der Wirkstoff Flibanserin in Addyi soll dagegen einen emotionalen Schalter umlegen, indem es den Spiegel des lusthemmenden Hormons Serotonin senkt und die Ausschüttung der Glückshormone Dopamin und Noradrenalin veranlasst. Kurzum, es wirkt im Kopf der Frau, nicht in der Unterhose.
Für den Hersteller Sprout bedeutet die abschließende Zulassung die Lizenz zum Gelddrucken. Milliarden von Dollar winken, wenn das Produkt auf den Markt kommt. Denn die Chancen stehen gut, dass nicht nur Frauen Geld für die angebliche Lustpille verpulvern, sondern auch viele Männer ihre Frauen dazu drängen werden.
Sexexpertin bezweifelt Erfolg
Experten zweifeln jedoch an der Wirkung. "Das Spüren und das Genussempfinden kriegt man nicht mit einer Pille", gibt Sexexpertin Ann-Marlene Henning zu Bedenken. Das Medikament ändere nichts an der vergleichsweise hohen Scham der Frau für ihr eigenes Geschlecht. Wissen über den eigenen Körper sei aber nötig für ein gutes Sexleben, so Henning. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das so ein Erfolg wird wie die blaue Pille." Dass die Pharmaindustrie Frauen mit geringer Libido mit einem Krankheitsbild versehe, sei "grässlich".
Vor einer zu positiven Einschätzung der Sexpille warnt auch Sexualwissenschaftler Jakob Pastötter: "Die Wirkung ist gering. Wer will guten Gewissens sagen, dass diese Pille verlässlich funktioniert?", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS). "Viele Frauen werden sie mit großen Erwartungen nehmen und dann merken: Da passiert ja gar nichts." Aus den Erfahrungen mit Viagra wüssten Sexualtherapeuten, dass die eigentlichen Probleme oft nicht medikamentös zu lösen sind.
Von einer "Lustpille" kann also keine Rede sein, denn der Wirkstoff Flibanserin ist nicht dafür vorgesehen, normale Schwankungen des persönlichen Lustempfindens zu regulieren. Einfacher formuliert: Wenn eine Frau mal keine Lust auf Sex hat, kann die neue Pille auch nichts tun. Tablette schlucken und los - so einfach geht es nicht.
Quelle: ntv.de, mit dpa