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Risikofaktor für Übergewicht Dicke sind nicht die gemütlichen Typen

"Insbesondere bei Frauen ist Neurotizismus ein Risikofaktor für Übergewicht", sagt Sabine Löber, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie.

"Insbesondere bei Frauen ist Neurotizismus ein Risikofaktor für Übergewicht", sagt Sabine Löber, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie.

(Foto: imago/alimdi)

Dicke Menschen gelten als gemütlich, robust und humorvoll, als Personen, die nichts aus der Ruhe bringen kann. Doch wie viel ist dran an diesen Zuschreibungen? Forscher halten dagegen.

Tatsächlich lässt sich wissenschaftlich ein Zusammenhang zwischen verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften und Übergewicht herstellen. Das haben Forscher der Universitäten Bamberg und Bochum herausgefunden. Die Gemütlichkeit, die dicken Menschen oftmals zugeschrieben wird, spielt dabei jedoch keine Rolle. "Die Ergebnisse zeigen, dass bestimmte individuelle Merkmale das Risiko von starkem Übergewicht, auch als Adipositas oder Fettleibigkeit bekannt, erhöhen können. Ebenso verhält es sich mit Essanfällen, dem sogenannten Binge-Eating", erklärt Sabine Löber, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Bamberg.

Für die Untersuchung wurden die Daten von mehr als 70 fragebogenbasierten Studien, die zwischen 1993 und 2013 durchgeführt worden waren, herangezogen. Alle Studien legten das sogenannte Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeitspsychologie, auch als "Big Five" bekannt, zugrunde. Dabei werden die Persönlichkeitsmerkmale der Probanden in fünf verschiedene Dimensionen eingeordnet:

Big Fivegekennzeichnet durch
NeurotizismusÄngstlichkeit, Impulsivität und Verletzlichkeit
ExtraversionGeselligkeit, Selbstsicherheit und Abenteuerlust
GewissenhaftigkeitKompetenz, Pflichtbewusstsein und Ehrgeiz
VerträglichkeitVertrauen, Geradlinigkeit und Empfindsamkeit
OffenheitFantasie, ästhetisches Empfinden und Ideenreichtum

 

"Die vorliegenden Studien sprechen dafür, dass übergewichtige Menschen gehäuft neurotische und impulsive Persönlichkeitszüge zeigen. Insbesondere bei Frauen ist Neurotizismus ein Risikofaktor für Übergewicht", erklärt Löber. Zudem seien übergewichtige oder adipöse Menschen mit und ohne Binge-Eating-Störung extravertierter (nach außen gerichtet) und belohnungssensitiver, also empfänglicher für Belohnungen.

Belohnungssensitivität und Impulsivität seien bei Männern mit Binge-Eating-Störung besonders ausgeprägt. Gewissenhaftigkeit und Selbstkontrolle erweisen sich hingegen für beide Geschlechter als Schutzfaktor vor Übergewicht. Keinen Zusammenhang mit Übergewicht scheint es hingegen bei Verträglichkeit und Offenheit zu geben.

Die Erkenntnisse könnten in Zukunft wichtig bei der richtigen Wahl der Therapie sein. Eine der Methoden, die auf der Basis der Ergebnisse effektiv sein könnte, sind computergestützte Trainings, in denen die Patienten lernen, ihre Reaktionen auf Bilder von hochkalorischen Nahrungsmitteln zu hemmen oder diese zu vermeiden. "Im Suchtbereich werden ähnliche Trainings bereits mit gutem Erfolg eingesetzt", erklärt Löber. Solche computergestützten Trainings könnten Patienten mit impulsiven Zügen helfen, ihren Heißhunger besser zu kontrollieren und so die Eigenschaft der Selbstkontrolle zu erhöhen, die sich als wichtiger Schutzfaktor vor Übergewicht erwiesen hat.

Quelle: ntv.de, jaz

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