Auch Jungen immunisieren lassen HPV-Impfung schützt alle
15.09.2021, 09:44 Uhr
Die HPV-Impfung war bisher vor allem für Mädchen im Gespräch. Doch Jungen zu impfen, ist gleichermaßen wichtig.
(Foto: imago images/MiS)
Die meisten Menschen wissen nicht, dass sie sich irgendwann im Leben mit Humanen Papillomviren infiziert haben. Rund zehn Prozent der Betroffenen bekommt deshalb jedoch Krebs. Ein guter Grund, heranwachsende Mädchen und Jungen noch vor dem ersten Sex impfen zu lassen.
Fast jeder infiziert sich im Laufe des Lebens mit Humanen Papillomviren (HPV). In den meisten Fällen verläuft so eine HPV-Infektion harmlos. In 10 Prozent der Fälle allerdings kann sie Krebs auslösen, vor allem Gebärmutterhalskrebs. Was viele nicht wissen - diese Viren können auch bei Männern zu Krebserkrankungen führen, etwa im Mund- und Rachenraum oder im Genitalbereich. Die HPV-Impfung senkt das Krebs-Risiko deutlich, doch die Impfquote ist gerade bei den Jungen viel zu niedrig.
Humane Papillomviren (HPV) werden vor allem über Sexualkontakte übertragen. Die Viren gelangen über die Schleimhäute oder kleine Verletzungen in der Haut in den Körper. Eine HPV-Infektion verläuft meist unbemerkt. Harmlose Genitalwarzen können die Folge sein, aber es kann auch zu Zellveränderungen, Krebsvorstufen und schließlich Krebs kommen. Jedes Jahr gibt es 7700 Krebsfälle in Deutschland verursacht durch Humane Papillomviren. Am häufigsten ist bei Frauen der Gebärmutterhalskrebs, Männer erkranken an Krebs im Mund -oder Rachenraum, in der Analregion oder am Penis.
Doch es gibt die HPV-Impfung, die bis zu 90 Prozent vor einer Infektion mit diesen Viren schützt. Seit 2007 wird sie für Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren empfohlen, seit 2018 auch für Jungen. "HPV galt lange als die typische Mädchenimpfung, die vor Gebärmutterhalskrebs schützt", so Kinder- und Jugendärztin Teresina Steiger aus Speyer. Doch ein Fünftel aller Krebserkrankungen, die durch HPV entstehen, bekommen Jungen und Männer. "Deswegen ist es wichtig, dass beide Geschlechter geimpft werden, nicht nur, weil sie sich persönlich schützen, sondern weil sie auch den Sexualpartner schützen", so Steiger.
Geringe Impfquote bei Jugendlichen in Deutschland
Umso erstaunlicher sei die niedrige Impfquote bei den Jugendlichen, findet Gerd Nettekoven, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krebshilfe. Weniger als 50 Prozent der 15-jährigen Mädchen und nur ein verschwindend geringer Anteil an Jungen seien gegen HPV geimpft, so Nettekoven. Das soll sich dringend ändern, deshalb steht die Nationale Krebspräventionswoche vom 13. bis zum 17. September unter dem Motto "Impfen gegen den Krebs".
Eine Impfung könnte die Zahl der Erkrankten deutlich senken. "Durch einen gesundheitsbewussten Lebensstil ließen sich deutschlandweit fast 40 Prozent aller Krebsfälle vermeiden. Ein Zehntel davon, nämlich rund vier Prozent, gehen allein auf das Konto von Infektionen", sagt Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums, DKFZ. Um Krebsfälle durch HPV zu vermeiden, ist eine Impfquote von 80 Prozent nötig.
"In Deutschland fehlt es bislang an Strukturen und Strategien, die Kinder und Eltern automatisch an die Impfung erinnern", so Nettekoven, "andere Länder machen uns dies mit Erfolg vor". In Portugal etwa sind 95 Prozent aller 15-jährigen Mädchen geimpft. In Ländern wie Spanien, Schweden, Norwegen oder England führen schulbasierte Impfprogramme zu Impfquoten von mehr als 80 Prozent. "In Zukunft würde ich mir wünschen, dass auch die Politik da einfach mal einen Gang zulegt, dass Aufklärungskampagnen starten, auch an den Schulen", so Kinderärztin Steiger.
Nur Suppen und Smoothies nach Zungenkrebs
Eine Impfung hätte seine Krebserkrankung verhindern können, ist sich Don Rohde aus Köln sicher. Der Polizist bekam 2015 die Diagnose Zungenkrebs, ausgelöst durch Humane Papillomviren. Als Ärzte den Tumor bei ihm entdeckten, hatte er bereits in die Lymphknoten gestreut. Es folgten mehrere Operationen, eine Chemo- und eine Strahlentherapie. Rohde hat überlebt, aber kämpft noch heute mit den Folgen seiner Krebserkrankung. Essen und Sprechen fallen ihm schwer. "Ich habe ja nur noch eine halbe Zunge, und bei mir fehlt der Speichel. Dadurch bekomme ich die Speisen nicht so eingespeichelt". Beim Schlucken muss er sich sehr konzentrieren, feste Nahrungsmittel wie Brot oder Kuchen kann er nicht essen. Rohde ernährt sich vor allem von Smoothies und Suppen.
Seine Geschmacksnerven sind durch die Krebstherapie teilweise zerstört oder sehr empfindlich, der Rachen asymmetrisch verdreht. Essen ist für ihn mühsam und kein Genuss mehr. Doch der Kölner hat sich nicht entmutigen lassen und eine Selbsthilfegruppe gegründet, um andere Patienten mit ähnlicher Diagnose zu unterstützen und durch die Therapie zu begleiten. Zum Thema Impfen hat er eine klare Meinung. Er hofft, dass die Impfquote bei den Jugendlichen steigt, damit mehr Menschen vor HPV-Krebs geschützt sind.
Quelle: ntv.de