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Corona-Infizierte in der Wohnung Nur jeder zweite Mitbewohner steckt sich an

Auch das Tragen einer Maske in der Wohnung kann sinnvoll sein.

Auch das Tragen einer Maske in der Wohnung kann sinnvoll sein.

(Foto: imago images/Westend61)

Wer mit einer positiv auf das Coronavirus getesteten Person zusammenlebt, hat natürlich ein höheres Risiko, sich auch selbst zu infizieren. Aber wie hoch ist das Risiko?

Wenn aus dem eigenen Haushalt eine Person positiv auf das Coronavirus getestet ist, ist dann sicher, dass man sich selbst auch anstecken wird? Und wie lange wird das dauern? Eine US-Studie ist genau diesen Fragen nachgegangen und kommt zu dem, wenig überraschenden, Schluss, dass Menschen, die mit einem Sars-CoV-2-Infizierten zusammenleben, ein hohes Infektionsrisiko haben.

Forschende der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde Center for Disease Control and Prevention hatten dafür in zwei Städten in den US-Bundesstaaten Tennessee und Wisconsin Proben gesammelt und ausgewertet. Die Angehörigen von - allerdings nur 101 eindeutig Sars-CoV-2-Infizierten - wurden gebeten, bei sich selbst täglich einen Abstrich zu machen oder eine Speichelprobe abzugeben. Außerdem sollten sie etwaige Symptome von Covid-19 in ein Tagebuch eintragen.

Den Daten zufolge infizierte sich die Hälfte der Mitbewohner ebenfalls, die meisten bereits in den ersten 5 Tagen. Das bestätigt Angaben des deutschen Robert-Koch-Instituts, das von einer durchschnittlichen Inkubationszeit von 5 Tagen ausgeht. Innerhalb von 7 Tagen wurden 102 der 191 anderen Haushaltsmitglieder positiv getestet. Daraus ergibt sich eine sekundäre Infektionsrate von 53 Prozent. Allerdings waren 54 Personen schon bei der ersten Probe positiv. Vermutlich hatten auch sie sich bereits bei der ersten im Haushalt infizierten Person angesteckt.

Heinsberg-Studie zeigt gleiche Tendenz

Zu ähnlichen Ergebnissen war auch die Heinsberg-Studie des Bonner Virologen Hendrik Streeck gekommen. Sie zeigte bereits im Mai, wie sich das Coronavirus im nordrhein-westfälischen Ort Gangelt in den ersten Pandemie-Wochen verbreitet hatte. Aber auch hier war die Zahl der betrachteten Personen begrenzt: In die Auswertung flossen nur die Daten aus 93 unterschiedlich großen Haushalten mit 238 Personen ein.

Insgesamt infizierten sich in der Gemeinde 16 Prozent aller Probanden mit dem Coronavirus, das Infektionsrisiko lag also insgesamt bei 16 Prozent. Wer mit einem Infizierten zusammenlebte, steckte sich mit größerer Wahrscheinlichkeit an als der Durchschnitt. Dabei stieg das Risiko mit wachsender Haushaltsgröße allerdings immer weniger stark an. So lag die Wahrscheinlichkeit in einem Zwei-Personen-Haushalt bei 44 Prozent, somit 28 Prozent über dem Durchschnitt. In einem Drei-Personen-Haushalt lag die Wahrscheinlichkeit bei 36 Prozent, in einem Vier-Personen-Haushalt nur noch bei 18 Prozent.

Verzögerte Krankheitszeichen

Die nun vorgestellte Studie der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde zeigt aber noch andere interessante Details. So war auffällig, dass häufig erst später Symptome auftraten. Von den später Infizierten hatten weniger als die Hälfte (41 von 102) bereits an dem Tag Krankheitssymptome, an dem ihr Test erstmals positiv war. Im Verlauf der Studie wurden 68 Patienten symptomatisch. Eine Übertragung war demnach häufig, und die Infektionen erfolgten zu 75 Prozent innerhalb von 5 Tagen, schreiben Carlos Grijalva vom Vanderbilt University Medical Center in Memphis, Tennessee, und seine Kollegen. "Diese Infektionen traten schnell auf, unabhängig davon, ob das erste kranke Haushaltsmitglied ein Kind oder ein Erwachsener war", sagte Grijalva laut einer Mitteilung der Universität.

Wohnbedingungen und Verhalten wichtig

Für die Ansteckungen sind allerdings zahlreiche Faktoren von Bedeutung, unter anderem die Größe der Wohnung, die Anzahl der vorhandenen Zimmer, außerdem das Risikobewusstsein und das Verhalten der Bewohner.

In den US-Haushalten stand für jede Person im Durchschnitt ein Schlafzimmer zur Verfügung. Fast 70 Prozent der Erstinfizierten gaben an, dass sie am Vortag mehr als vier Stunden mit einem oder mehreren Haushaltsmitgliedern im selben Raum verbracht hatten. Am Tag nach dem Krankheitsbeginn waren es noch 40 Prozent. Vor Beginn der Krankheit hatten 40 Prozent der Erstinfizierten mit einem oder mehreren Haushaltsmitgliedern im selben Raum geschlafen, 30 Prozent taten dies auch nach Beginn der Krankheit.

Den Wissenschaftlern zufolge unterstreichen ihre Studienergebnisse das Potenzial für eine Übertragung durch symptomatische oder asymptomatische Haushaltsmitglieder und die Bedeutung der Quarantäne. "Personen, die den Verdacht haben, sich mit Covid-19 infiziert zu haben, sollten sich isolieren, zu Hause bleiben und nach Möglichkeit ein separates Schlafzimmer und Bad benutzen", schreiben die Studienautoren. Dabei sei es wichtig, die Isolation nicht erst zu beginnen, wenn eine Person positiv auf das Virus getestet werde, sondern bereits bei einem Verdacht.

Um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren, raten die Forscher auch in den eigenen vier Wänden zum Tragen einer Maske. Diese Regel sollte bereits ab dem ersten Verdacht einer Ansteckung befolgt werden, "insbesondere in Gemeinschaftsräumen, wo ein angemessener Abstand nicht möglich ist".

Quelle: ntv.de, sba

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