Studie zeigt erhöhten Schutz Impfung lohnt sich auch für Genesene
23.03.2022, 09:54 Uhr
Die risikoärmere Variante ist: erst Impfung, dann Infektion.
(Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dp)
Baut sich während einer Corona-Infektion genug Schutz gegen weitere Infektionen auf? Oder braucht man trotzdem noch die Impfung? Forschungsergebnisse legen eine klare Antwort nahe.
Ein Team um Carsten Watzl vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) hat bei Probanden und Probandinnen noch 300 Tage nach einer Corona-Infektion mit der ursprünglichen Virusvariante hohe Mengen neutralisierender Antikörper nachweisen können. Nach vollständiger Impfung im Anschluss an die Infektion zeigten die Genesenen sogar fünfmal höhere Antikörperspiegel als Geimpfte, die nicht vorher infiziert waren.
Für die Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie (MPI) und dem Klinikum Dortmund entstand, wurden Proben von Freiwilligen in einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung mit dokumentierten Corona-Infektionen verwendet. Darunter waren 22 Covid-19-Erkrankte, die sich im März 2020 mit dem Wildtypvirus infiziert hatten und mehr als 100 Teilnehmende ohne positiven PCR-Test mit und ohne Kontakt zu den Infizierten. Die Studie ist im European Journal of Immunology erschienen.
Bei fast allen der positiv getesteten Teilnehmer konnten effektive Mengen neutralisierender Antikörper gegen das Spike-Protein des Wildtyps nachgewiesen werden. Und selbst nach 300 Tagen waren die Antikörperspiegel in drei von vier Studienteilnehmenden kaum gesunken. Inzwischen hat sich das Virus weiterentwickelt, sodass die Immunität gegenüber dem Ursprungsvirus aktuell deutlich weniger Schutz bietet. Deshalb untersuchten die Forschenden auch die Auswirkung einer Impfung auf das Immunsystem.
Reihenfolge Impfung plus Covid-19-Infektion ist besser
Die meisten der zuvor infizierten Personen wurden mindestens 300 Tage nach ihrer Infektion mit den Vakzinen von Astrazeneca und Biontech geimpft. So lautet auch die offizielle Empfehlung. Die genesenen Probanden und Probandinnen entwickelten nach vollständiger Impfung bis zu fünfmal mehr neutralisierende Antikörper als Geimpfte ohne vorherige Infektion. Damit wären sie nach Ansicht der Forschenden bei einer Neuinfektion mit anderen Coronavirus-Varianten deutlich besser vor einem schweren Krankheitsverlauf geschützt.
Die Antikörpertiter variierten jedoch in Abhängigkeit des Impfstoffs. Als beste Kombination erwies sich eine Kombinationsimpfung aus Astrazenca und Biontech. Die Forschenden vermuten, dass der lange Zeitraum von mehr als 300 Tagen zwischen Infektion und Impfung zudem zu höheren Antikörpertitern beigetragen haben könnte. Bei 77 Prozent (17 von 22) der Teilnehmenden konnte knapp zwei Monate nach der Infektion noch eine Virusneutralisierung von mehr als 90 Prozent festgestellt werden. Nach mehr als neun Monaten waren es noch 64 Prozent (14 von 22), die ausreichend geschützt waren.
Das Autorenteam deutet die Ergebnisse als Beleg für eine lang anhaltende antikörpervermittelte Immunität nach einer Sars-CoV-2-Infektion und den eindeutigen Nutzen von zwei Impfstoffdosen für Genesene. Watzl warnte gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt zugleich vor falschen Schlussfolgerungen: "Die guten Antikörperwerte in diesen Personen sollen nicht als Empfehlung aufgefasst werden, sich erst zu infizieren und danach zu impfen."
Das Gegenteil habe die Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI) erst kürzlich in einer Stellungnahme empfohlen. "Erst Impfen und dann eine Durchbruchsinfektion - diese Reihenfolge ist deutlich sicherer", so Watzl. Bei der Effektivität des Schutzes spiele die Reihenfolge von Infektion und Impfung keine Rolle, so Watzl weiter. Eine Infektion könne eine Impfdosis ersetzen. Der hybride Schutz aus Impfung und Infektion sei in Studien sogar häufig noch etwas besser als der Schutz durch die reine Impfung. "Bei der Risikobewertung würde ich aber natürlich immer zuerst die Impfung empfehlen."
Quelle: ntv.de, sba