Studie untersucht Zusammenhang Verhindert Vitamin D schweren Corona-Verlauf?
07.02.2022, 12:02 Uhr
Eine Überdosierung von Vitamin D kann zu Nierenschäden und Herzrhythmusstörungen bis hin zu Bewusstlosigkeit und Todesfällen führen.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
Schon länger vermuten Forschende einen Zusammenhang zwischen Vitamin D und Covid-19. Eine neue Studie aus Israel befeuert nun diese Hypothese. Doch kann Vitamin D tatsächlich schwere Verläufe verhindern? Experten sind skeptisch.
Welche Rolle spielt Vitamin-D-Mangel bei einer Corona-Infektion? Seit Pandemiebeginn wird diese Frage in der Wissenschaftswelt heiß diskutiert. Schon früh fanden Forschende Hinweise auf einen Zusammenhang. Seitdem mehren sich im Internet wissenschaftlich wenig fundierte Tipps, wie Vitamin-D-Supplemente Ansteckungen und schwere Verläufe verhindern könnten. Eine neue Studie aus Israel befeuert nun die Vermutungen. Allerdings zeigen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Frage nach der Kausalität deutlich zurückhaltender.
Für die Studie hat ein Forscherteam der Bar Ilan University in Tel Aviv und des Galilee Medical Center in Nahariya die Covid-Verläufe von 1176 Patienten analysiert, die zwischen April 2020 und Februar 2021 mit Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Die Patientinnen und Patienten wurden von den Forschenden nach Vitamin-D-Status und Schwere der Krankheit eingeteilt. Bei 253 der fast 1200 Patienten lagen den Forschern teilweise ältere Daten vor.
Das Ergebnis: Bei Patienten, die schwer an Covid erkrankt waren, stellte das Team häufiger niedrigere Vitamin-D-Werte fest. Somit sei die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Verlauf 14-mal höher bei Menschen, die einen Vitamin-D-Mangel aufweisen, als bei jenen, die nicht unter einer Mangelerscheinung leiden, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Auffallend sei zudem, dass die Sterblichkeitsrate bei Patienten mit ausreichendem Vitamin-D-Spiegel knapp über 2 Prozent lag, während sie in der Gruppe mit Vitamin-D-Mangel mehr als 25 Prozent betrug.
Der Vitamin-D-Status eines Patienten könne ein Indikator dafür sein, wie schwer er oder sie an einer Covid-Infektion erkranken könnte, heißt es in der Studie. Von einer Kausalität, also davon, dass in diesem Falle ein Vitamin-D-Mangel ursächlich für einen schwereren Verlauf sei, sprechen die Forschenden allerdings nicht. Lediglich von einer Korrelation, also einem Zusammenhang sei die Rede, betonen sie. Dennoch: "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es ratsam ist, einen normalen Vitamin-D-Spiegel aufrechtzuerhalten. Er kommt denjenigen zugute, die sich mit dem Virus infizieren", sagt Studienautor Amiel Dror.
Überdosierung kann schädlich sein
Die Aussage des Forschers sei allerdings keine Überraschung, schreibt der "Spiegel". "Da Vitamin D eine wichtige Funktion für die normale Immunfunktion besitzt, ist es zwar plausibel, dass ein Vitamin-D-Mangel schwere Verläufe begünstigt. Eine solche Kausalität kann diese retrospektive Beobachtungsstudie aber aus methodischen Gründen nicht beweisen", sagte Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Lübeck dem Magazin.
Grundsätzlich gilt ein schlechter Vitamin-D-Spiegel als Indikator für viele verschiedene gesundheitliche Probleme. Menschen mit Adipositas oder chronischen Stoffwechselkrankheiten weisen häufiger einen Mangel auf. Diese gesundheitlichen Probleme sind bereits Risikofaktoren für einen schweren Corona-Verlauf. "Dass diese Menschen schwerer erkranken als andere, liegt vermutlich nicht am Vitamin-D-Status, sondern an dem zugrundeliegenden erhöhten Gesundheitsrisiko", erklärt Smollich.
Wer unter einem Vitamin-D-Mangel leidet, sollte ihn grundsätzlich beheben. Von einer prophylaktischen Einnahme rät der Experte jedoch ab. "Wie genetische Analysen belegen, hat die darüber hinausgehende zusätzliche Gabe keinen gesundheitlichen Vorteil", sagte Smollich dem "Spiegel". Zu viel Vitamin D über Nahrungsergänzungsmittel, Medikamente oder speziell angereicherten Lebensmittel kann sogar negative Auswirkungen haben und den Stoffwechsel anderer wichtiger Substanzen, etwa Kalzium, beeinflussen. Für grundsätzlich gesunde, mobile Menschen gilt daher: den Vitamin-D-Speicher am besten durch Sonnenlicht und eine ausgewogene Ernährung auffüllen.
Quelle: ntv.de, hny