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Filtern und abscheiden Zwei Technologien machen Kaminöfen umweltfreundlich

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Der Kaminofen auf dem Prüfstand der RWTH Aachen.

Der Kaminofen auf dem Prüfstand der RWTH Aachen.

(Foto: Johann Hee)

Eine Studie belegt, dass zwei Technologien in Kombination am besten den Schadstoffausstoß von Kaminöfen reduzieren. Die Verfasser empfehlen, dies zur Vorschrift zu machen. Aktuell müssen rund 3,5 Millionen Öfen in Deutschland nachgerüstet werden, wenn sie nicht ausgetauscht oder stillgelegt werden sollen.

Viele Bundesbürger müssen dringend überlegen, wie sie die Schadstoffemissionen ihrer Kaminöfen oder Kachelöfen so reduzieren können, dass sie die Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen einhalten. Denn diese schreibt vor, dass alle von 1995 bis zum 21. März 2010 errichteten Einzelraumfeuerungsanlagen bis Ende dieses Jahres stillgelegt, nachgerüstet oder gegen einen neuen emissionsarmen Ofen ersetzt werden, wenn der bestehende die geltenden Grenzwerte nicht einhält. Laut der jährlichen Erhebung des Schornsteigfegerhandwerks sind rund 3,5 Millionen Anlagen betroffen, ein Großteil davon sind Öfen, die mit Holz betrieben werden.

Die Maßnahme ist sinnvoll. Denn Holzöfen verursachen nicht nur große Mengen an Feinstaub, sondern auch Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) oder Formaldehyd. Darunter sind dem Umweltbundesamt (UBA) zufolge einige krebserregende, erbgutverändernde und/oder fortpflanzungsgefährdende Schadstoffe. Die Menge der von Kaminöfen ausgestoßenen gesundheitsschädlichen Emissionen übertrifft sogar die aus den Motoren von PKWs und LKWs. Je älter eine Anlage ist, desto größer ist gewöhnlich ihr Ausstoß von Feinstaub und PAKs.

Katalysatoren und E-Abscheider

Soll kein neuer Ofen angeschafft werden, gibt es grundsätzlich zwei Technologien, um die Schadstoffemissionen auf ein für Mensch und Umwelt akzeptables Maß zu reduzieren: elektrostatische Staubabscheider und Katalysatoren. Ein E-Abscheider lädt die Partikel im Abgas elektrostatisch auf, wodurch sie am Kaminrohr abgeschieden werden. Der Katalysator bewirkt, dass toxische gasförmige Substanzen zu nicht toxischen reagieren. Dabei werden etwa Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe zu Kohlendioxid und Wasser transformiert.

Wie effektiv genau die beiden Techniken wirklich sind, wurde bisher allerdings kaum erforscht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt, der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und der Universitätskliniken Aachen und Freiburg haben dies jetzt mit dem Verbundprojekt "TeToxBeScheit" nachgeholt. Sie haben untersucht, wie stark Katalysatoren und E-Abscheider einzeln und kombiniert den Schadstoffausstoß reduzieren, und wie gut Mensch und Umwelt so geschützt werden.

Völlig neue Erkenntnisse

"Es ist die erste Schadstoffstudie an Kaminöfen mit einem integrierten Ansatz, der weit über die chemische Analyse einzelner Substanzen hinausgeht", sagt Henner Hollert von der Goethe-Universität Frankfurt. "Wir haben uns gemeinsam mit den anderen Partnern das Abgas, die emittierten Partikel und die Wirkung der Minderungsmaßnahmen vollumfänglich angeschaut."

Dabei sei nicht nur die chemisch-physikalische Seite, sondern auch die Wirkung der Schadstoffe und Schadstoffkombinationen auf Mensch und Ökosysteme erforscht worden. "Diese effektbasierte Untersuchung kann auch die nachteilige Wirkung bisher unbekannter Schadstoffe und Schadstoffgemische nachweisen und wurde so in ähnlichen Studien bisher nicht durchgeführt", betont Hollert.

Versuche mit Wasserflöhen und Algen

In der Natur gelangen Schadstoffe auch in Gewässer, wenn sie beispielsweise durch Regen aus der Luft herausgewaschen werden. Daher schauten sich die Forschenden zusätzlich zu chemisch-physikalischen Messungen die Reaktion von Wasserflöhen, Algen und Fischembryonen auf Schadstoffe im Wasser an.

Im Wasser mit unbehandeltem Rauchgas zeigte sich die Toxizität deutlich: Die Organe der Fischembryonen nahmen Schaden, die Wasserflöhe starben, die Algen wuchsen langsamer. Mit vorgeschaltetem Katalysator zeigten sich hingegen keine toxischen Effekte mehr, die Schadstoffbelastung der aquatischen Systeme ließ sich stark reduzieren.

Der E-Abscheider erwies sich direkt am Feuer als weniger effektiv. Erst als das Gerät weiter entfernt angebracht wurde, sank die Toxizität. Der Grund: Die Temperatur beeinflusst die Effizienz des Abscheiders. Erst im abgekühlten Abgas binden bestimmte Substanzen an Partikel und können so abgeschieden werden.

Topmodernes Lungenmodell

Um die Folgen zu untersuchen, wenn Menschen von Kaminöfen ausgestoßene Schadstoffe einatmen, kam ein zellbasiertes Lungenmodell zum Einsatz, das als derzeit fortschrittlichstes Verfahren gilt. Auch humantoxikologisch schnitt der Katalysator zunächst besser ab als der E-Abscheider. Das lag auch wieder daran, dass E-Abscheider zwar die Feinstaubbelastung deutlich reduzieren, jedoch nur bedingt gasförmige Schadstoffe aus dem Abgas neutralisieren.

Sabrina Schiwy von der Goethe-Universität sieht daher die Katalysatoren auch als "Gewinner" der Studie. Sie seien universell wirksam und könnten hochreaktive Substanzen reduzieren, die gasförmig oder gar als feine Partikel in menschliche Lungen eindringen, sagt sie.

Katalysatoren sind die Gewinner

Beim E-Abscheider kommt nachteilig hinzu, dass sein Einsatz derzeit teilweise kontraproduktiv ist. Denn er hat in den Versuchen zu erhöhten Werten von ungesunden flüchtigen und leicht flüchtigen organischen Verbindungen (VOC/VVOC) geführt. Außerdem förderte der Abscheider die Bildung von Rußablagerungen. Dafür müssten noch Lösungen gefunden werden, beispielsweise seien zusätzliche nachgerichtete Katalysatoren denkbar, so die Forschenden.

Die gute Nachricht für Kaminofen-Besitzer: Die Katalysatoren sind nicht allzu teuer, sie können für etwa 400 Euro nachgerüstet werden. Die Verfasser der Studie halten allerdings auch den Einsatz von E-Abscheidern für unverzichtbar. Ihre unmittelbare Wirkung sei zwar zunächst weniger auffällig, sagen sie. Aber sie könnten die gefährlichen Feinstaubemissionen um bis zu 95 Prozent reduzieren und wirkten damit in einem Bereich, den die Katalysatoren nicht abdeckten, so die Begründung.

Kombination erlaubt strengere Grenzwerte

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Die Forschenden empfehlen daher mittelfristig den kombinierten Einsatz beider Technologien. Dabei sollte der E-Abscheider vor dem Katalysator installiert sein, sodass er zuerst die Partikel abscheidet. Die gasförmigen Stoffe nimmt sich danach der Katalysator vor.

Entsprechend ihren Erkenntnissen sollten künftig strengere Grenzwerte gelten, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Resümee ihrer Arbeit. Zunächst sollten Anreize für die Nutzung von Katalysatoren geschaffen werden, in einem zweiten Schritt dann für E-Abscheider. Zusätzlich plädieren sie für den Einsatz von elektronischen Ofenregelungen, die Fehlbedienungen und einen nicht optimalen Betrieb der Öfen verhinderten.

Quelle: ntv.de

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