
Dieser "Fisch"-Suppe geben Alexander Flohrs Gewürze, Fond und Sauce den gewünschten maritimen Geschmack.
(Foto: Matthias Hoffmann )
Die Aromen des Meeres sind für Alexander Flohr mehr als nur Kulinarik und die Küste mehr als nur ein Ort. In seinem Herzensprojekt "Vegan Ocean" zeigt der bekannte Youtuber, wie man mit Fischalternativen vegane Gerichte zaubert - ganz im Sinne von "Findet Nemo" - mit verblüffender Ähnlichkeit zu den flossentragenden Originalen.
Alexander Flohr ist gebürtiger Rostocker, das Geschrei der Möwen, die Meeresbrise und der Strand haben ihn geprägt. Fisch, Meeresfrüchte und all die maritimen Aromen gehörten zu seinem Alltag. Heute lebt Alexander Flohr in Berlin, doch, wie er selbst schreibt, ist er tief in seinem Herzen Rostocker geblieben - ebenso geblieben ist seine Liebe zur maritimen Küche. Nur anders. Völlig anders.
Alexander Flohr hat bisher vier Kochbücher mit veganen Rezepten geschrieben. Das vierte und aktuellste, "Vegan Ocean", ist das erste Kochbuch, das sich ausschließlich der maritimen veganen Küche widmet - und es ist sein Herzensprojekt, schließlich geht's hier um die Meere mit allem Drum und Dran.
Wer den Geschmack nach Meer liebt, aber Tiere und Gewässer schützen will, sollte also zugreifen. Das Buch im handlichen Format bietet auf 160 Seiten eine überwältigende Vielfalt von "Fisch"-Rezepten ganz ohne Fisch oder Meeresfrüchte, eindrucksvolle Food-Fotos und gelungene Grafiken. Meeresbiologen warnen schon lange vor dem Raubbau an den Meeren und seinen Folgen, nicht erst seit Frank Schätzings 2004 erschienenem Buch "Der Schwarm". Anfang März - nach 15-jährigen Verhandlungen - haben sich die UN-Mitgliedsstaaten mit Ach und Krach auf ein Abkommen zum Schutz der Hochsee geeinigt. Mal sehen, was daraus wird.
Anstoß zum Nachdenken
Was soll man aber tun, wenn einem Fisch nun mal gut schmeckt? Da hat mich ein Satz von Alexander Flohr ins Grübeln gebracht: "Wenn man mal verstanden hat, dass Algen nicht nach Fisch, sondern Fisch nach Algen schmeckt, ist alles ganz einfach." Da ist wohl Umdenken angesagt. Ganz so super einfach ist es allerdings nicht, veganen Fischalternativen das ersehnte maritime Aroma zu verleihen. Dazu brauchen wir nämlich mehr Wissen: Und das verklickert uns Alexander Flohr mit vielen Tricks und Kniffen in seinen veganen Antworten auf Sahnehering, Fischstäbchen und Sushi, Rollmops, Kaviar und Labskaus.
Flohrs maritime Küche umfasst mehr als das Meer, er schließt alles ein, was es in Küstennähe regional oder landestypisch zu finden gibt: Gemüsesorten und Kräuter, Algen und Salze. Zum Beispiel gibt es längst Meersalz, das mit Algen angereichert ist - schon die halbe Miete beim Würzen! Eines sollte allerdings klar sein: Geschmacklich und optisch dem Original ähnlich, sind Rollmops und Backfisch doch nie eine Eins-zu-eins-Kopie. In den "Vegan Ocean"-Gerichten "habe ich das Maximum an Geschmack und Optik erzeugt, was die vegane maritime Küche hervorbringen kann - doch dass 100 Prozent der Rezepte ohne Tier auskommen, wird man ohne Zweifel schmecken. Genau das war auch mein Anspruch." Auch um die unterschiedlichen Texturen hat sich Flohr Gedanken gemacht - alles Mögliche ausprobiert und dann das, was er für geeignet hält an veganem Fischersatz, in sein Buch aufgenommen.
Rezepte mit steifer Brise und Artenschutz

Die Basis für die vegane maritime Küche: Bratfischgewürz (unten). Ohne-Fisch-Sauce (rechts), Algenöl (oben rechts) und Ohne-Fisch-Fond (oben links)
(Foto: Matthias Hoffmann )
Die Rezepte im Buch sind in drei große Abschnitte unterteilt, alles garantiert grätenfreie Gerichte. Unter "Let's fake!" finden Sie bekannte Gerichte und neu Gedachtes. Bekannt dürften Ihnen Bratfisch und Heringssalat, Fischsuppe und Lachsfilet und vieles andere vorkommen. Natürlich alles ohne die flossentragenden Originale. Recht modern zeigen sich Rezepte wie Jackfruit-Calzone, Sanddorn-Ravioli in Trüffelsahne (maritime Komponente ist hier u.a. Seegras) oder Hummus-Bowl mit Wakame-Limetten-Tofu. Ich habe mal die Rezepte in diesem Kapitel durchgezählt, es sind 42. Und das ist für vegane "Fisch"-Rezepte ohne Fisch eine ganze Menge. Im Kapitel "Auf die Flosse" zeigt Alexander Flohr, wie maritimes Fast Food aussehen kann. Auch hier wieder Bekanntes und Neues wie Backfisch im Bierteig oder Crostini Sardellen-Style. Beim Backfisch ergeben Rettich, Noriblätter und Bratfischgewürz den "Fisch", bei den Crostini wird mit Auberginen und Algenflocken gezaubert.
Der Titel des letzten der drei Kapitel - "Leckere Begleiter zum Toppen, Verfeinern und Würzen" - kommt einem so beiläufig vor, doch das Gegenteil ist der Fall. Es geht hier nicht um ein "Begleiten" der vorausgegangenen Rezepte - hier offenbart Alexander Flohr seine größten Geheimnisse, die Grundlagen einer veganen Meereskost: Bratfischgewürz, Ohne-Fisch-Sauce und Ohne-Fisch-Fond, verschiedene Pestos, Butterzubereitungen und Salsas, Mayonnaisen und Algenöl. Entscheidend für das Verständnis einer veganen maritimen Küche sind auch die Bemerkungen des Autors zu Zutaten und Equipment: "Easy durch die Meeresküche" erklärt u.a. Algensorten und das Pressen von Tofu, um die perfekte Struktur zu erhalten.
Power aus dem Meer
"Ihrem Lebensraum entsprechend sind Algen das wohl wichtigste Tool für die vegane Küche, wenn es um den würzig-salzigen Geschmack des Meeres geht", schreibt Alexander Flohr. "Auch wenn Algen oft der Botanik zugeordnet werden, sind sie eigentlich Mikroorganismen." Er erläutert die geschmacklichen Unterschiede von Norialge, Wakame, Kombu, Dulse und Chlorella-Alge, welche Art mit Nährstoffen, Spurenelementen und Mineralien am meisten punktet. Völlig überraschend für mich: das Aroma der Dulse! Diese Alge hat nämlich kein charakteristisches Meeresaroma, sondern erinnert mit ihrem Geschmack an Speck. Das gibt Gerichten eine herzhafte und deftige Note. Manche Algen haben einen intensiven Meeresgeschmack, andere einen weniger starken Eigengeschmack, wiederum andere wirken wie ein natürlicher Geschmacksverstärker.
"Nicht nur geschmacklich sind Algen das Highlight unserer Meere. Auch gesundheitlich haben sie eine ganze Menge zu bieten", heißt es in "Vegan Ocean". Algen sind zum Beispiel ideale Jodlieferanten und enthalten die für die Herzgesundheit wichtigen langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA: "Nicht selten werden gemeinhin tierische Omega-3-Quellen - beispielsweise in Form von Seefisch oder den daraus extrahierten Fischölkapseln - als die hochwertigeren Nährstoffquellen verstanden. Tatsächlich sind Quellen tierischen Ursprungs jedoch nur der Mittelsmann zwischen den pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren-Lieferanten (marine Pilze oder eben Algen) und dem Konsumenten, indem sie diese zum Beispiel in ihrem Gewebe tragen. Bauen wir Algen und allgemein pflanzliche Lebensmittel mit einer hohen Menge an Omega-3-Fettsäuren in unseren Ernährungsplan ein, können wir bedenkenlos auf Fisch verzichten."
"Hier kocht Alex"
Ein Bild von einem Mann! Das war mein erster Gedanke, als ich Fotos von Alexander Flohr sah. Und dann sofort der nächste: Und der ist VEGANER? Nicht frei von Klischees im Denken, meine Liebe... Tatsächlich entspricht der Straßenbaumeister nicht gerade dem Stereotypen eines Veganers - und doch lebt und liebt er seit vielen Jahren genau diese Ernährungsweise. 2011 stellte er seine Ernährung um - notwendig durch Übergewicht, Asthma und Gelenkschmerzen. Anfangs unzufrieden an Salaten mümmelnd, der Kühlschrank hatte nichts weiter zu bieten, kreierte er schon bald aus allem, was ihm zur Verfügung stand, leckere vegane Gerichte. Überschüssige Pfunde und körperliche Beschwerden wurden langsam weniger - bis sie ganz verschwanden. Seine neue Leidenschaft brachte ihn 2015 zu Youtube, seit 2020 hat er seinen eigenen Kanal
Bratfischgewürz - eine Vorratsration meiner Lieblingsmischung
Zubereitungszeit: 5 Minuten
Frei von Soja, frei von raffiniertem Zucker, glutenfrei
Nährwerte pro 100 g: 228 kcal, F 6 g, KH 28 g, B 2 g EW 8 g
6 EL grobes Meersalz
3 EL schwarze Pfefferkörner
3 EL geräuchertes Paprikapulver
1 ½ EL Senfkörner
3 TL gemahlener Ingwer
1 EL gemahlene Zitronenschale
2 EL getrockneter Dill
1 ½ EL ganze Fenchelsamen
2 TL Chiliflocken
1 TL Pimentkörner
1 TL gemahlener Zimt
1 EL gemahlener Koriander
Alle Gewürze in einem Mörser, einer Gewürzmühle oder einem Mixer zermahlen. Anschließend in einem Schraubglas aufbewahren. Nicht der direkten Sonneneinstrahlung aussetzen.
Tipps: Verwende dieses Gewürz zu jedem Gericht aus diesem Buch, wo ein Fischgewürz zum Einsatz kommt. Das ist meine Hausmischung, die natürlich ganz nach geschmacklichen Vorlieben ergänzt und abgewandelt werden kann. Enthalten sind bekannte Gewürze, die auch in der Fischküche zum Einsatz kommen und demnach sehr stark an Fischgerichte erinnern. Es gibt auch sehr gute Fisch- und Bratfischgewürze auf dem Markt, aber dieses ist eben etwas ganz Besonderes. Ich bereite die Gewürzmischung in der Regel in noch viel größeren Mengen zu und verschenke sie. Für dieses Gewürz lohnt es sich auf jeden Fall, mal einen Großeinkauf im Gewürzgeschäft zu machen!
Rühre die Rezeptur unter Olivenöl, passierte Tomaten, Sojajoghurt oder vegane Sojasauce und du erhältst grandiose Marinaden für Tofu, Kartoffeln, Grillgemüse und Co.
Hummrige Tagliatelle
Zubereitungszeit: 25 Minuten
Frei von Soja
Nährwerte pro Portion: 676 kcal, F 12 g, KH 118 g, B 4 g, EW 18 g
1. Die Pasta nach Packungsangabe in Salzwasser kochen.
2. Den Butternut entkernen und mit der Zwiebel grob würfeln. Die Frühlingszwiebeln in 1 cm breite Stücke schneiden. Die drei Zutaten in der
500 g Tagliatelle
Salz
350 g Butternut-Kürbis
1 große Zwiebel
2 Frühlingszwiebeln
2 EL vegane Margarine
1 TL Senf
2 EL Ketchup
150 ml Weißwein
40 ml Weinbrand
½ TL Cayennepfeffer
1 TL Bratfischgewürz
1 TL Gemüsebrühepulver
1 TL Paprikapulver
2 gehäufte EL Dulseflocken plus 1 TL Dulseflocken für die Garnitur
220 g Palmherzen aus der Dose
2 EL Knoblauchbutter (siehe Seite 132)
Saft von ¼ Zitrone
Pfeffer
100 ml Hafersahne
Saft von ½ Zitrone
Margarine bei mittlerer Hitze 5 Minuten anbraten. Senf und Ketchup unterheben und alles bei starker Hitze etwa 1 Minute scharf anbraten. Mit Weißwein ablöschen und etwa 2 Minuten etwas einreduzieren lassen.
3. 500 ml Wasser, Weinbrand, 1 TL Salz, Cayennepfeffer, Bratfischgewürz, Gemüsebrühepulver, Paprikapulver und Dulseflocken unterheben und die Mischung mit geschlossenem Deckel auf kleiner Flamme 15 Minuten köcheln lassen.
4. In der Zwischenzeit die Palmherzen mit dem Messer grob hacken und in der Knoblauchbutter 5 Minuten bei mittlerer Hitze weich braten. Mit Zitronensaft ablöschen und mit je einer Prise Salz und Pfeffer würzen.
5. Die Sauce nun mit dem Stabmixer oder Ähnlichem zu einer glatten, sehr feinen Sauce pürieren. Sahne und Zitronensaft dazugeben und noch mal kurz aufkochen lassen. Die Pasta unter die Sauce heben, auf Tellern anrichten und mit den Palmherzen und Dulseflocken toppen.
Tipps: Wer die Knoblauchbutter noch nicht in seinem Kühlschrank vorrätig hat, der kann diese durch vegane Margarine ersetzen und beim Braten nach 3 Minuten eine gehackte Knoblauchzehe dazugeben. Dieses Gericht ist für 4 Personen berechnet, da es schwierig ist, diesen grandiosen Geschmack in weniger Sauce hineinzubekommen. Wenn es nur für 2 Personen sein soll, die Hälfte der Sauce einfach einfrieren.
Rollmops
Zubereitungszeit: 20 Minuten plus 24 Stunden Ruhezeit
frei von Soja, glutenfrei
Für den Sud
65 g Zucker
35 g Salz
1 g Wacholderbeeren
1 g schwarze Pfefferkörner
90 ml Weißweinessig
3 Lorbeerblätter
1 EL Senfkörner
Für die Rollmöpse
3 Auberginen (900 g)
Salz
½ Gemüsezwiebel (110 g)
4 Salzgurken (120 g)
2 Noriblätter (20 × 20 cm)
3 TL Senf
Pfeffer
Nährwerte pro Stück: 41 kcal, F 0 g, KH 7 g, B 2 g, EW 1 g
Zubereitung:
1. Für den Kochsud alle Zutaten mit 1 Liter Wasser in einen Topf geben und etwa 5 Minuten kochen lassen. Abschmecken und eventuell nachwürzen. Dann den Sud vom Herd nehmen und abkühlen lassen.
2. Für die Rollmöpse die Auberginen vom Blütenansatz befreien, schälen, der Länge nach in 7 mm dicke Scheiben schneiden und etwa 3 Minuten in leicht köchelndem Salzwasser anweichen lassen. Die Scheiben herausnehmen, kurz abtropfen lassen und auf einem Teller beiseitestellen.
3. Die Gemüsezwiebel von der Schale befreien und in 2 mm feine Streifen schneiden. Die Salzgurken der Länge nach vierteln. Die Noriblätter auf eine Breite von etwa 3 cm und eine Länge von 10 cm schneiden (du benötigst so viele Streifen, wie Auberginenscheiben da sind).
4. Die Auberginenscheiben mit Küchenpapier abtupfen, mit Noristreifen belegen, mit Senf bestreichen und mit einer Prise Pfeffer bestreuen. Zwiebelstreifen und Gewürzgurkenviertel auf die Breite der Auberginenscheiben kürzen. Je einen Zwiebelstreifen und ein Gurkenviertel auf das untere Ende jeder Scheibe legen und nach oben hin aufrollen. Mit einem Spieß befestigen, in ein Gefäß (zum Beispiel eine Schale oder ein Einweckglas) geben und mit dem Sud übergießen. Abgedeckt im Kühlschrank mindestens 1 Tag ziehen lassen.
Tipps: Rollmops kann zu den verschiedensten Gerichten gereicht werden - sowohl klassisch zwischen zwei Brötchenhälften mit Salatblatt und cremiger Remoulade, wie ich es von der Küste kenne und liebe, als auch zu einem vollwertigen Hauptgericht wie Labskaus (siehe Seite 36). Oder natürlich, und das ist meine liebste Variante, schnell aus dem Glas direkt in den Mund. Die Gemüsezwiebel wird verwendet, weil sie zu den milderen Zwiebelsorten gehört und damit perfekt zum Rollmops passt.
Guten Appetit wünscht Ihnen Heidi Driesner.
Quelle: ntv.de