Ratgeber

Filesharing-Großkampftag BGH lässt Abgemahnte abblitzen

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Eltern ist es nicht zuzumuten, ihre Kinder rund um die Uhr zu überwachen. Sie müssen ihnen aber erklären, dass sie keine Musik auf Tauschbörsen hochladen dürfen.

(Foto: imago/Ralph Peters)

Abmahnanwälte können aufatmen: Der BGH macht ihnen die Arbeit zumindest nicht schwerer. Wollen Beschuldigte ihre Unschuld nachweisen, müssen sie hieb- und stichfeste Beweise liefern. Eltern können aber um die Haftung für ihre Kinder herumkommen.

Der Filesharing-Großkampftag vorm Bundesgerichtshof (BGH) endet mit einem Sieg für die Unterhaltungsindustrie: In allen drei Fällen, die heute vor dem höchsten Gericht verhandelt wurden, bestätigten die Richter die Urteile der Vorinstanzen und wiesen die Argumente der Familien zurück, die von Plattenfirmen verklagt worden waren. Sie müssen jetzt Schadenersatz und Abmahnkosten in jeweils vierstelliger Höhe zahlen. Die Urteile waren in der Branche mit Spannung erwartet worden.

Es ging dabei um gleich mehrere Fragen: Wie weist man nach, dass man seinem Kind illegale Tauschbörsennutzung verboten hat? Wie hoch darf der Schadensersatz für eine Urheberrechtsverletzung sein? Und wer muss beweisen, dass über einen Rechner mit Internetzugang tatsächlich Dateien zur Verfügung gestellt wurden?

In einem Punkt bestätigte der BGH seine bisherige Rechtsprechung: Eltern haften nicht für ihre Kinder, wenn sie diese ausdrücklich darüber belehrt haben, dass illegales Filesharing tabu ist. Das hat das Gericht bereits 2012 im sogenannten Morpheus-Urteil entschieden. Allerdings wird es womöglich schwierig, diese Belehrung nachzuweisen.

So auch im Fall einer 14-Jährigen, die über den heimischen Rechner gut 400 Musiktitel zum Download bereitgestellt hatte. Gegenüber der Polizei hatte das Mädchen ihre Tat auch zugegeben und sich damit rechtfertigt, ihr sei die Unrechtmäßigkeit nicht richtig klar gewesen. Der Mutter zufolge war das Mädchen aber sehr wohl gewarnt. Doch vorm BGH konnte sie das nicht beweisen. Der Umstand, dass die Frau für ihre Kinder allgemeine Regeln zu einem "ordentlichen Verhalten" aufgestellt haben mag, reiche nicht aus. (Az.: I ZR 7/14)

Auch an der Höhe des Schadensersatzes hatte die Frau Zweifel. Neben 2380 Euro Abmahngebühren sollte sie 3000 Euro für die 15 nachweislich hochgeladenen Musiktitel überweisen, also 200 Euro pro Datei. Das sei in Ordnung, fand der BGH. Solange sich die Zahl der illegal genutzten Titel in einem "überschaubaren Rahmen" bewege, sei die Summe zumutbar.

Ermittlungsfehler muss bewiesen werden

In einem anderen Fall ging es vor allem um technische Fragen. Ein Familienvater hatte ausgesagt, dass er allein uneingeschränkten Zugriff auf den Rechner gehabt habe. Weder sein Sohn noch seine Ehefrau hätten die Möglichkeit gehabt, ein Tauschbörsenprogramm auf den Computer zu laden. Sein Sohn habe noch nicht einmal das Passwort für den PC gehabt, er komme also nicht als Täter in Frage. Da er selbst es auch nicht gewesen sei, müsse ein Irrtum vorliegen. Man habe offenbar seine IP-Adresse falsch ermittelt, schließlich sei auch sein Name falsch geschrieben.

Der Fehler liege bei seinem Provider oder bei der ProMedia. Dieser Dienstleister durchforstet - als einer von mehreren Anbietern dieser Art - im Auftrag der Unterhaltungsindustrie Tauschbörsen nach urheberrechtlich geschütztem Material und den zugehörigen IP-Adressen. Doch schon in den Vorinstanzen konnte der Beklagte nicht nachweisen können, dass dabei etwas schiefgelaufen war.

"Die theoretische Möglichkeit, dass bei den Ermittlungen von ProMedia und des Internetproviders auch Fehler vorkommen können, spricht nicht gegen die Beweiskraft der Ermittlungsergebnisse, wenn im Einzelfall keine konkreten Fehler dargelegt werden, die gegen deren Richtigkeit sprechen", so der BGH. Kurz: Am Verfahren, nach dem die IP-Adressen ermittelt werden, gibt es laut BGH nichts zu beanstanden. Die Lebenserfahrung spreche dafür, dass der Anschlussinhaber die Titel selbst ins Netz gestellt habe. (Az.: I ZR 19/14)

Auch im dritten Fall gab das Gericht den Klägern Recht. Dabei sah auf den ersten Blick tatsächlich alles nach einem Fehler aus. Der Anschlussinhaber hatte angegeben, er sei zur fraglichen Zeit mit seiner Familie in Urlaub auf Mallorca gewesen und habe vorher Router und PC vom Stromnetz getrennt. Allerdings waren die Aussagen der Familienmitglieder derart widersprüchlich, dass ihnen die Vorinstanz nicht glaubte. Auch hier bestätigte der BGH deshalb die Abmahnung (Az.: I ZR 75/14)

Kinder unbedingt belehren

Nach Angaben von Fachanwälten nimmt die Zahl der Abmahnungen wegen illegaler Musik- oder Filmdownloads wieder stark zu. Allein die Anwälte des Portals Abmahnhelfer vertreten nach eigenen Angaben im Jahr bis zu 10.000 Betroffene.

Der Berliner Rechtsanwalt Johannes von Rüden, der hinter dem Abmahnhelfer-Portal steht, appellierte am Rand der Verhandlung eindringlich an alle Eltern, ihre Kinder unbedingt über das illegale Herunterladen von Musiktiteln oder Filmen zu belehren; nur dann seien Eltern vor Schadenersatzforderungen der Musikindustrie geschützt. Besteht Grund zur Annahme, dass sich ein Kind über das Verbot hinwegsetzt, muss man aber auch weitere Maßnahmen ergreifen, etwa den Internetzugang sperren.

Quelle: ntv.de, ino/AFP

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