Nichts geht mehr im Schlaf Alzheimer stört Gedächtnisbildung
23.10.2015, 17:22 Uhr
Die langsamen Wellen im Hirn von Mäusen während des Schlafes (l), Gestörter Prozess durch Alzheimerplaques (m), langsame Wellen nach der Gabe eines Benzodiazepins (r).
(Foto: Marc Aurel Busch/TUM)
Menschen mit Alzheimer haben oft Schlafstörungen. Das ist bekannt. Wie sich die Erkrankung des Gehirns auf die Informationsspeicherung während des Schlafs auswirkt, können Forscher jetzt erklären.
Schlaf ist überlebenswichtig. Während man schläft, werden im Gehirn unter anderem die Ereignisse des Tages verarbeitet. Vor allem durch die langsamen Schlafwellen, die sogenannten slow oscillations, die das Gehirn in der Nacht erzeugt, wird Gelerntes verfestigt und Erinnerungen in den Langzeitspeicher verschoben. Die Wellen im Gehirn werden dafür über ein Netzwerk an Nervenzellen in der Hirnrinde gebildet und breiten sich dann in andere Hirnareale aus.
"Diese Wellen sind eine Art Signal, mit dem sich die Hirnareale gegenseitig bestätigen 'ich bin bereit, der Informationsaustausch kann losgehen'. Während des Schlafs herrscht daher ein hohes Maß an Kohärenz zwischen weit entfernten Nervenzellnetzwerken", erklärt Dr. Dr. Marc Aurel Busche, Leiter der Studie am TUM Klinikum rechts der Isar.
Mäuse eignen sich als Modell
Die Forscher fanden in ihrer Untersuchung an Mäusen heraus, dass bei Alzheimer diese Kohärenz gestört ist. Da Mäuse dieselben Proteinablagerungen, die sogenannten β-Amyloid Plaques, ausbilden, wie sie bei Alzheimer-Patienten zu finden sind, kann man mit ihnen die Vorgänge im Gehirn eines Alzheimerkranken gut nachstellen. Zudem haben Mäuse und Menschen dieselben Schlafoszillationen im Gehirn.
Die Wissenschaftler konnten mit ihrer Untersuchung zeigen, dass diese Ablagerungen die langsamen Schlafwellen direkt stören. "Die langsamen Oszillationen treten zwar noch auf, sie können sich aber nicht mehr richtig ausbreiten – das Signal für den Informationsabgleich fehlt deshalb in den entsprechenden Hirnbereichen", fasst Busche zusammen.
Balance ist gestört
Doch diese Erkenntnis reichte den Wissenschaftlern nicht aus. Sie gingen den Störungen auf molekularer Ebene auf den Grund. Damit sich die Wellen im Gehirn ausbreiten können, ist eine präzise Balance zwischen Anregung und Hemmung auf die Nervenzellen nötig. Bei den Alzheimer-Mäusen kam dieses Gleichgewicht durch die Plaques durcheinander – die Hemmung war vermindert.
Mit diesem Wissen wurde den Mäusen ein Schlafmittel gegeben, von dem man weiß, dass es die hemmenden Einflüsse im Gehirn verstärkt. Die sogenannten Bezodiazepine wurden den Tieren in sehr geringer Menge (ein Zehntel der Standarddosis) verabreicht. Busche und sein Team konnte sehen, dass sich mit Hilfe des Mittels die langsamen Schlafwellen wieder korrekt ausbreiteten. Anschließende Tests mit den Tieren bestätigten, dass sich dadurch auch die Lernleistung wieder verbesserte.
Auch wenn diese Erkenntnisse nicht mehr als der Anfang für eine geeignete Alzheimer-Therapie sein können, lassen sie den Schluss zu, dass man Störungen schon früh diagnostizieren kann, denn mit einem normalen EEG-Gerät lassen sich die langsamen Wellen im Gehirn sichtbar machen.
Quelle: ntv.de, jaz