Kosmischer Nachbar Astronomen entdecken Supererde
02.08.2015, 17:26 Uhr
Die neu entdeckte Supererde kann den Astronomen Aufschluss über die Entstehung von Planeten liefern.
(Foto: Nasa/JPL-Caltech)
Die Rüttelbewegungen eines Sterns bringen Astronomen auf die Fährte einer sogenannten Supererde. Der riesige Gesteinsplanet befindet sich in direkter Nachbarschaft zu unserem Sonnensystem. Die Nähe zur Erde bietet den Forschern einzigartige Möglichkeiten.
Astronomen haben im Sternbild Kassiopeia den bislang nächsten Gesteinsplaneten außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt. Die sogenannte Supererde und ihr Heimatstern sind rund 21 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt und gehören damit zur unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft, wie die Forscher um Ati Motalebi von der Universität Genf im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics" berichten. Der Stern ist in klaren Nächten sogar mit dem bloßen Auge sichtbar. Für Leben ist es auf der neu entdeckten Supererde allerdings viel zu heiß.
"Die meisten bekannten Planeten sind Hunderte Lichtjahre entfernt", erläutert Ko-Autor Lars Buchhave vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in einer Mitteilung seines Instituts. "Dieser hier ist praktisch ein direkter Nachbar."
Dichte ähnlich der Erde
Als Supererden bezeichnen Astronomen Gesteinsplaneten mit bis zur zehnfachen Erdmasse. Den Analysen zufolge besitzt die jetzt entdeckte Supererde rund 4,5 Mal so viel Masse wie unser Heimatplanet sowie einen 1,6 Mal größeren Durchmesser. Daraus ergibt sich eine mittlere Dichte von sechs Gramm pro Kubikzentimeter, ähnlich der unserer Erde, was auf einen Gesteinsplaneten schließen lässt. Die Supererde umkreist ihren Heimatstern sehr dicht einmal in sechs Tagen.
Die Forscher hatten gezielt Nachbarsterne unserer Sonne auf mögliche Planeten untersucht. Die Supererde in der Kassiopeia verriet sich durch ihre Schwerkraft, mit der sie an ihrem Heimatstern rüttelt. Diese rhythmischen Schwankungen zeigten sich in den Bebachtungsdaten des Sterns mit der Katalognummer HD 219134. Den Planeten selber kann kein existierendes Teleskop abbilden.
Den Beobachtungen zufolge besitzt der Stern, der etwas kleiner und kühler ist als die Sonne, sogar ein ganzes Planetensystem: Außer der Supererde mit 6 Tagen Umlaufzeit umkreisen ihn zwei Planeten mit der 2,7-fachen und der 9-fachen Masse der Erde in 6,8 und 47 Tagen sowie ein Planet mit 62 Erdmassen in 1190 Tagen. Über die Beschaffenheit dieser Planeten machen die Astronomen keine Angaben.
Aufschlussreicher Transit
Mit dem "Spitzer"-Weltraumteleskop der US-Raumfahrtbehörde Nasa beobachteten die Forscher, wie die Supererde in einer Art Mini-Sonnenfinsternis vor ihrem Heimatstern vorbeiwanderte. Dieses Phänomen ist nur zu sehen, wenn wir von der Erde aus zufällig genau auf die Kante eines fernen Sonnensystems blicken. Der sogenannte Transit eines Planeten schwächt dann das Licht seines Sterns vorübergehend um einen winzigen, aber charakteristischen Betrag ab. Auf diese Weise sind bereits mehrere Exoplaneten nachgewiesen worden. Die Supererde von HD 219134 ist bei weitem der dichteste Transit-Planet.
Von dem System erhoffen sich die Astronomen weitere Erkenntnisse. So eröffnet der Transit eine Chance auf die Untersuchung einer möglichen Atmosphäre der Supererde, da das Sternenlicht die Atmosphäre dann durchleuchtet. "Durch seine Nähe ist HD 219134 ideal für künftige Untersuchungen", betont Motalebi in der Mitteilung. Die genaue Analyse des Systems kann demnach auch wichtige Informationen über allgemeine Rahmenbedingungen für die Entstehung von Planeten liefern.
Quelle: ntv.de, ail/dpa