"Lange Zeit wenig beachtet" Augenfarbe gibt Hinweise auf Krankheitsrisiko
14.06.2023, 17:58 Uhr Artikel anhören
Die Farbe der Augen wird von der Konzentration des Stoffes Melanin bestimmt.
(Foto: picture alliance / blickwinkel/McPHOTO/M. Gann)
Die Farbe der Iris im Auge kann mehr über einen Menschen verraten, als man denkt: So ist sie laut Experten ein Risikofaktor für bestimmte Augenerkrankungen. Helle Augen neigen dabei zu anderen Krankheiten als dunkle.
Die Augen sind der Spiegel der Seele, heißt es. Aber sie können auch Spiegel der Gesundheit sein: Die Farbe der Iris gilt mittlerweile tatsächlich als ein Risikofaktor für bestimmte Augenerkrankungen. Dies geht aus einer Mitteilung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) hervor.
Von hellem Blau oder Grau über grünliche bis hin zu tiefbraunen Tönen - die Farbe der Iris kann erheblich variieren. Diese Farbvariationen sind auf die Konzentration von Melanin in der Iris zurückzuführen, dem Farbstoff, der auch die Haut- und Haarfarbe bestimmt. "Das Melanin hat dabei immer dieselbe bräunliche Farbe - auch grüne und blaue Augen besitzen keine anderen Farbstoffe", erklärt Claus Cursiefen, Direktor des Zentrums für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Köln und Generalsekretär der DOG.
Die Farbe der Iris ist aber eben nicht nur eine Frage der Ästhetik. Es wurde festgestellt, dass sie auch mit der Neigung zu bestimmten Augenerkrankungen und dem Ergebnis von Hornhauttransplantationen zusammenhängt. Dass die Augenfarbe hier als unabhängiger Risikofaktor wirkt, sei lange Zeit wenig beachtet worden, so die DOG.
Helle Augen mit höherem Tumor-Risiko
Menschen mit helleren Augen haben demnach ein höheres Risiko für Aderhaut-Tumoren und altersabhängige Makuladegeneration (AMD). Dies liegt daran, dass Melanin in der Iris, ähnlich wie in der Haut, vor den Einflüssen des Sonnenlichts schützt. Bei Menschen mit niedrigerem Melaningehalt steigt daher das Risiko für diese Erkrankungen.
Bei niedrigerem Melaningehalt steigt laut einer Studie deshalb auch das Risiko, an einem sogenannten uvealen Melanom zu erkranken, einem aggressiven Tumor der Aderhaut. "Dieser Krebstyp ist zwar sehr selten, er findet sich jedoch bei Menschen europäischer Abstammung 20- bis 30-mal häufiger als bei Menschen asiatischer oder afrikanischer Abstammung", erläutert Nikolaos Bechrakis, Präsident der DOG und Direktor der Universitätsaugenklinik Essen.
Grauer Star bei dunkler Iris häufiger
Auf der anderen Seite haben Menschen mit dunkleren Augen ein höheres Risiko für Grauen Star, auch bekannt als Katarakt. Diese Augenerkrankung entwickelt sich bei Menschen mit braunen Augen zwei bis viermal so häufig wie bei blauäugigen Menschen - ein Effekt, der auch innerhalb der weißen Bevölkerung nachgewiesen wurde und somit von der Ethnie unabhängig zu sein scheint.
"Eine Theorie hierzu besagt, dass in der vorderen Augenkammer eine umso höhere Temperatur herrscht, je mehr Licht durch die Iris absorbiert wird", so Cursiefen. Bei einer dunkleren Iris könnte es daher zu einer leicht erhöhten Temperaturbelastung kommen, die einen bekannten Risikofaktor für die Entstehung des Grauen Stars darstellt.
Farbe kann bei OP eine Rolle spielen
Auch das Ergebnis operativer Eingriffe am Auge kann von der Augenfarbe abhängen. Bei einer Hornhauttransplantation werden Abstoßungsreaktionen und andere Komplikationen häufiger beobachtet, wenn die Iris dunkel ist. "Hier wird ein Einfluss des Melanins auf das Immungeschehen in der vorderen Augenkammer vermutet", sagt Cursiefen. Das Pigment verstärke womöglich entzündliche Prozesse.
Die DOG betont, dass diese komplexen Zusammenhänge weiter definiert und bei der Behandlung berücksichtigt werden müssen. "Die Beispiele zeigen, dass scheinbar unbedeutende Faktoren wie die Augenfarbe im klinischen Alltag durchaus relevant sein könnten", resümieren die DOG-Experten. Ziel sei es, erhöhte Risiken und Nachteile, die durch die Irisfarbe verursacht werden, auszugleichen.
Quelle: ntv.de, kst