Mehr Aufmerksamkeit und Schutz Die Nacht der Fledermäuse bricht an
26.08.2023, 16:24 Uhr Artikel anhören
Eine Gruppe von Jungtieren der Hufeisennasen hängt von der Decke.
(Foto: picture alliance / Rudolf Leitl / dpa)
Sie gehören zu den nachtaktiven Tieren und jagen lautlos in der Dunkelheit. Doch Fledermäuse leiden unter dem zunehmenden Verschwinden der Insekten. Auch die Lebensräume der Tiere schrumpfen immer mehr zusammen. Gründe genug, ihnen eine laue Sommernacht im August zu widmen.
Wer an einem milden Sommerabend draußen sitzt, kann sie vielerorts beobachten: Fledermäuse auf der Jagd nach Insekten. Um Aufmerksamkeit auf die kleinen Säugetiere und ihre Bedrohungen zu lenken, gibt es vom 26. auf den 27. August wieder die Internationale Fledermausnacht mit zahlreichen Veranstaltungen in ganz Deutschland.
Matthias Göttsche vom Fledermaus-Monitoring Schleswig-Holstein sagt, Fledermäuse erlebten gerade ein relativ unproblematisches Jahr, mit kühlen Temperaturen im Mai und einem sehr warmen und trockenen Juni während der Aufzucht der Jungtiere. Die Kontrolle von Fledermauskunsthöhlen im August in Wäldern Schleswig-Holsteins habe gezeigt: "Die Jungtiere sind alle wohlauf und flugfähig." Nach der regnerischen Phase im Juli und Anfang August werde aber gutes Wetter gebraucht, damit die Tiere sich für den Winter Fettreserven anfressen könnten. Seine Hoffnung sei, dass sich jetzt noch einmal viele Insekten entwickeln, die als Nahrung wichtig sind, sagt Göttsche.
Wenn es Fledermäusen schlecht geht
Die jährlichen Fledermausnächte, die in Deutschland vom NABU organisiert werden, sind aus Göttsches Sicht sehr wichtig: "Es bringt diese Tiere in die Öffentlichkeit." Damit werde auch Aufmerksamkeit auf die Bedrohung der Biodiversität gelenkt. "Heute hat das noch mehr Gewicht bekommen, weil Fledermäuse ein Indikator sind. Sie brauchen als Insektenfresser gute Lebensräume." Fledermäuse vermehren sich demnach nur langsam. "Wenn es den Fledermäusen schlecht geht, geht es der Landschaft auch sehr schlecht."
Die Tiere seien zwar nachtaktiv, aber erlebbar, betont der Experte. "Das ist wichtig heutzutage." Insofern komme den Fledermäusen zugute, dass sie keine Angst vor Menschen haben. Die Säuger hätten inzwischen ein positives Image. "Sie sind schöne Tiere, und sie begeistern mit ihrem komischen Aussehen und ihrem Können."
Das Problem mit der Nahrung
In ganz Deutschland kümmern sich engagierte Umweltschützer darum, dass Fledermäuse ausreichend Überwinterungs- und Sommerquartiere haben, etwa in Wäldern, in umgewandelten Bunkern oder in alten Gebäuden. Doch das reicht nicht, wenn es an Nahrung fehlt.
Besonders den größeren Fledermausarten, die auf Insekten wie Juni- oder Mistkäfer als Nahrung angewiesen sind, mache der Verlust an Biodiversität stark zu schaffen, sagt Göttsche. Außerdem seien Windenergieanlagen ein Problem für die kleinen Nachtschwärmer.
Von den 25 in Deutschland heimischen Fledermausarten sind nach Angaben der Umweltorganisation NABU vier akut vom Aussterben bedroht. Drei Arten gelten als stark gefährdet und weitere fünf sind als gefährdet eingestuft. Eine Schätzung zur Gesamtzahl der Individuen in Deutschland gibt es nicht.
Weltweit machen 38 Länder mit
Die 27. Internationale Fledermausnacht wird in weltweit 38 Ländern organisiert. Termin ist immer das letzte vollständige Wochenende im August. Die über das ganze Land verteilten Veranstaltungen reichen von einer Fledermaussafari in Hohwacht an der Ostsee in Schleswig-Holstein bis zur Fledermausführung im bayerischen Benediktbeuern.
Der Exekutivsekretär von Eurobats, dem Abkommen zur Erhaltung der europäischen Fledermauspopulationen, Andreas Streit, lobt das große Engagement in Deutschland mit zahlreichen Veranstaltungen. "Das ist wirklich beeindruckend."
Schon kleine Beiträge könnten helfen, Fledermäusen das Überleben zu sichern. Wer einen Garten habe, könne diesen insektenfreundlich anlegen. Das gehe auch schon im Blumenkasten auf dem Balkon. "Der Insektenrückgang ist ein ganz großes Problem." Die Politik muss aus Sicht des Exekutivsekretärs alle Maßnahmen ergreifen, die möglich sind, um den Schwund zu stoppen und die Biodiversität zu fördern.
Keine Vorurteile zulassen
Ein Bereich, bei dem jeder mithelfen könne, sei, Vorurteile gegen Fledermäuse abzubauen. Es gebe immer noch Horrorgeschichten, dass Fledermäuse Menschen in die Haare fliegen. Dabei würden die nachtaktiven Insektenjäger Menschen niemals angreifen, diese seien höchstens Hindernisse auf ihrem Flugweg. "Sie fliegen dann einfach drumherum", sagt Streit.
Bekannt ist, dass Fledermäuse Tollwutviren in sich tragen können. Übertragungen auf Menschen sind jedoch hierzulande extrem selten. Generell rät etwa der NABU, die Tiere möglichst nicht anzufassen - und falls doch, dann nur mit dicken Handschuhen.
Quelle: ntv.de, Sönke Möhl, dpa