Mikroorganismen an der Arbeit Flüsse setzen Tausende Tonnen Lachgas frei
27.07.2015, 21:40 Uhr
Ein Maisfeld in Iowa.
(Foto: REUTERS)
Die kranke Ozonschicht leidet vor allem unter Treibhausgasen, die vom Menschen produziert werden. Forscher finden heraus: Über Gewässern in landwirtschaftlich geprägten Regionen werden enorme Mengen Lachgas freigesetzt. Deutlich mehr als bislang vermutet.
Gewässer setzen in Agrarregionen deutlich mehr Lachgas frei als bisher angenommen. Dies zeigten Untersuchungen an Bächen und Flüssen im sogenannten Maisgürtel im Süden des US-Staates Minnesota. Die Forscher um Peter Turner von der University of Minnesota stellen ihre Studie in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften vor.
Lachgas (N2O; Distickstoffoxid) ist die Substanz, welche die sich gerade wieder erholende Ozonschicht am stärksten schädigt. Seine Treibhausgas-Wirkung ist etwa 300 Mal stärker als die von Kohlendioxid. Etwa ein Drittel der Ausstöße entstammt menschlicher Aktivität. Den Forschern zufolge ist die Landwirtschaft für fast 80 Prozent davon verantwortlich, hauptsächlich durch den Einsatz von Stickstoffdünger. Dieser wird teilweise von Mikroorganismen zu Lachgas umgewandelt. Wie stark neben den Feldern auch die angrenzenden Bäche und Flüsse an den Emissionen beteiligt sind, war nach Angaben der Wissenschaftler bislang nur unzureichend geklärt.
Stickstoff-Dünger wird zu Lachgas
Um dies zu prüfen, maßen sie die Emissionen über Gewässern verschiedener Größe im landwirtschaftlich stark genutzten Süden von Minnesota. Dort werden 70 Prozent der Flächen als Felder und Weiden genutzt, weitere elf Prozent entfallen auf Wald, während Gewässer etwa zwei Prozent der Fläche bedecken. Demnach entweichen im Maisgürtel, der sich über mehrere US-Staaten im Mittleren Westen erstreckt, aus Flüssen mindestens 19.500 Tonnen Lachgas pro Jahr. Dies übersteige die mit den bisher üblichen Methoden vorgenommene Schätzung um 16.000 Tonnen.
Ursache ist demnach die Düngung: Im Maisgürtel werden durchschnittlich pro Jahr 48 Kilogramm Stickstoffdünger pro Hektar (10.000 Quadratmeter) ausgebracht. Von vergleichbaren oder noch höheren Belastungen betroffen sind inzwischen auch viele andere Wassereinzugsgebiete in Agrarregionen. Solche Areale bedecken den Forschern zufolge weltweit 235 Millionen Hektar. Davon entfallen 93 Millionen auf die USA, 69 Millionen auf China, 43 Millionen auf Europa und 30 Millionen auf Indien.
Die Studie liefere einen wichtigen Beitrag zum Verständnis einer bislang unterschätzten Lachgas-Quelle, sagt Prof. Jürgen Augustin vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg bei Berlin. Die große Bedeutung landwirtschaftlich genutzter Flächen für die Freisetzung von Lachgas sei bereits bekannt. Auf vielen deutschen Äckern würden sogar noch höhere Mengen Stickstoffdünger ausgebracht als in den USA, sagt Augustin. Nach neuesten Schätzungen gelangen weltweit pro Jahr 12 bis 13 Millionen Tonnen Lachgas in die Atmosphäre, etwa 5,3 Millionen Tonnen davon durch menschliches Handeln.
Quelle: ntv.de, fma/dpa