Trotz der Gesundheitsrisiken Kinder von älteren Müttern sind fitter
12.04.2016, 13:03 Uhr
Ältere Mutter oder junge Oma: Manchmal ist das Verwandtschaftsverhältnis nicht eindeutig.
(Foto: imago/Westend61)
Das Durchschnittsalter, in dem Frauen in Industrieländern ihr erstes Kind bekommen, steigt in den letzten Jahren stetig an. Wie das auf Kinder wirkt, haben Forscher unter Rücksichtnahme bestimmter gesellschaftlicher Veränderungen untersucht.
Je älter man als bei einer Schwangerschaft ist, umso größer sind die Gesundheitsrisiken für Kind und Mutter. So lautete bisher die Allgemeinformel. Wie sich jedoch diese Risiken in Bezug auf die Entwicklung des Gesundheitswesens und der sozialen Verhältnisse auswirkt, haben Forscher des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock (MPIDR) und der London School of Economics (LSE) nun untersucht. Sie stellten fest, dass trotz der gesundheitlichen Risiken die Kinder davon profitieren, wenn ihre Mütter sie erst spät bekommen.
Zu Verdeutlichung: Eine Frau, die im Jahr 1950 geboren wurde und im Alter von 20 Jahren ein Kind bekommt, bringt dieses 1970 zur Welt. Bekäme nun die gleiche Frau ihr Kind erst mit 40 Jahren, würde dieses im Jahr 1990 geboren. "Diese 20 Jahre machen einen enormen Unterschied aus", sagt Mikko Myrskylä vom MPIDR. Ein Kind, das im Jahr 1990 geboren wurde, besuche beispielsweise mit viel größerer Wahrscheinlichkeit eine Hochschule als eines, das 20 Jahre früher zur Welt gekommen sei.
In ihrer Studie analysierten die Forscher die Daten von mehr als 1,5 Millionen Frauen und Männern aus Schweden, die zwischen 1960 und 1991 geboren wurden. Die Wissenschaftler untersuchten die Größe dieser Menschen, ihre körperliche Fitness, ihre Schulabschlüsse und ihren Bildungsstand. Körpergröße und Fitness wurden herangezogen, weil beides gute Indikatoren für den allgemeinen Gesundheitszustand sind, während der Bildungsgrad entscheidend für den beruflichen Erfolg und den sozioökonomischen Status ist.
Größer und schlauer
Die Forscher fanden heraus, dass die Kinder älterer Mütter größer waren, bessere Schulleistungen erzielten und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Universität besuchten als die Kinder jüngerer Mütter. Das galt selbst dann, wenn die Mütter bei der Geburt des Kindes bereits 40 Jahre alt oder noch älter waren. Verglichen die Wissenschaftler beispielsweise Geschwister mit einem großen Altersabstand, so stellte sich heraus, dass Kinder, deren Mutter bei der Geburt Anfang 40 gewesen war, im Schnitt etwa ein Jahr länger eine Schule oder Universität besuchten als Geschwister, bei deren Geburt die Mutter erst Anfang 20 gewesen war.
Die Forscher verglichen darüber hinaus die Daten von Geschwistern. Das Erbgut von Geschwisterkindern mit denselben biologischen Eltern ist zu 50 Prozent gleich und außerdem wachsen sie in derselben familiären Umgebung auf. "Indem wir Geschwister miteinander verglichen, die in der gleichen Familie groß wurden, war es uns möglich, die Bedeutung des mütterlichen Alters bei der Geburt eines Kindes herauszustellen – unabhängig von anderen Faktoren, die die Ergebnisse verfälschen könnten", betont Kieron Barclay von der LSE.
"Die Vorteile, die sich aus einem späteren Geburtsjahr ergeben, überwiegen die individuellen Risikofaktoren eines höheren Alters der Mutter bei der Geburt", fasst Myrskylä die Ergebnisse zusammen. Man müsse eine andere Sichtweise auf das fortgeschrittene Alter von Müttern entwickeln, so der Forscher. "Werdenden Eltern ist fast immer bewusst, welche Risiken mit einer späten Schwangerschaft einhergehen – die positiven Effekte kennen sie hingegen kaum."
In bisherigen Studien, in denen der Einfluss des mütterlichen Alters auf die Gesundheit des Kindes untersucht worden waren, hatte man die Entwicklung des Gesundheitssystems und der sozialen Verhältnisse außer Acht gelassen.
Quelle: ntv.de, jaz