Massenproduktion von Sternen im All Riesengalaxien waren kein Strohfeuer
23.09.2015, 21:50 UhrSie leuchten besonders hell und produzieren Sterne wie am Fließband: Galaxien mit enormem Ausmaß. Was aber macht sie so produktiv und wie sind sie selbst entstanden? Forscher kommen der Antwort mit einer Simulation einen Schritt näher.
Gigantische Galaxien haben im jungen Weltall rund tausendmal mehr Sterne produziert als heute die Milchstraße, unsere kosmische Heimat. Astronomen rätseln seit Langem über Entstehung und Eigenschaften dieser leuchtstärksten Galaxien des Universums. Einer neuen Simulation zufolge waren die produktiven Riesengalaxien kein Strohfeuer. Die Sternenfabriken konnten ihre Massenproduktion demnach für rund eine Milliarde Jahre aufrechterhalten, wie Forscher um Desika Narayanan vom Haverford College (US-Staat Pennsylvania) im britischen Fachblatt "Nature" berichten.
Während in der Milchstraße heute höchstens eine Handvoll neue Sterne pro Jahr aufflammen, lag die Sternproduktionsrate vor rund zehn Milliarden Jahren im Universum deutlich höher. Das zeigen Beobachtungen weit entfernter Galaxien, denn ein Blick in die Tiefe des Weltalls ist immer auch ein Blick zurück in die Vergangenheit: Das Licht einer zehn Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie war zehn Milliarden Jahre lang zu uns unterwegs. Wir sehen sie also, wie sie gut drei Milliarden Jahre nach dem Urknall ausgesehen hat.
Aufgewirbeltes Gas oder konstanter Zustrom?
Besonders produktiv waren damals die sogenannten Submillimeter-Galaxien (SMG). Sie erreichten eine rund tausendmal höhere Sternproduktionsrate als die Milchstraße heute. Für die Entstehung dieser Riesengalaxien existieren zwei konkurrierende Modellvorstellungen: Sie könnten durch den Zusammenstoß und die Verschmelzung kleinerer Galaxien entstanden sein. Dadurch wird viel Gas in den Galaxien aufgewirbelt und kann sich zusammenballen - die Sternproduktion wird angekurbelt, sinkt aber in kosmologischer kurzer Zeit von typischerweise 100 Millionen Jahren wieder ab.
Dieses Modell kann allerdings nicht die beobachtete Zahl der SMG erklären, denn Zusammenstöße von Galaxien waren auch im jungen Universum zu selten. Alternativ könnten die Riesengalaxien durch einen konstanten Zustrom von intergalaktischem Gas kontinuierlich wachsen. Das würde die Sternproduktion für längere Zeit auf hohem Niveau halten. Dieses Modell hat jedoch Schwierigkeiten, die beobachtete Helligkeit der SMG zu erklären.
Das Team um Narayanan hat die Bedingungen des jungen Universums nun im Computer nachgestellt und eine hydrodynamische Simulation ablaufen lassen, mit der sich die Entstehung von Galaxien detaillierter beobachten lässt als mit früheren Modellrechnungen. Tatsächlich entstanden in der Simulation Riesengalaxien mit langlebiger Stern-Massenproduktion, die für typischerweise eine Milliarde Jahre 500 bis 1000 neue Sterne pro Jahr erzeugen können. Diese SMG sammeln kontinuierlich intergalaktisches Gas ein und recyceln zusätzlich das ausgestoßene Gas, das explodierende Sterne ins All hinausschleudern. Durch die gigantische Schwerkraft der Riesengalaxien kann das hinausgeschleuderte Gas nicht entkommen, sondern fällt zurück, wo es für die Produktion neuer Sterne zusätzlich zur Verfügung steht.
Die Entstehung von SMG durch Galaxienkollisionen wird durch das neue Modell nicht ausgeschlossen, ist nur sehr viel seltener. Die Simulation könne sowohl die beobachtete Helligkeit als auch die Zahl der Submillimeter-Galaxien recht gut erklären, heißt es in einem Begleitkommentar in "Nature". Es handele sich um ein beeindruckend realistisches Modell, das einen ersten Blick hinter die Fassade dieser Kolosse in den Tiefen des Alls ermögliche, urteilt Romeel Davé von der University of the Western Cape in Kapstadt.
Quelle: ntv.de, kse/dpa