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Unterschätzte Infektion Sepsis ist dritthäufigste Todesursache in Deutschland

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Sepsis ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der eintritt, wenn die Antwort des Körpers auf eine Infektion die eigenen Gewebe und Organe schädigt.

Sepsis ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der eintritt, wenn die Antwort des Körpers auf eine Infektion die eigenen Gewebe und Organe schädigt.

(Foto: picture alliance / picture alliance/Bildagentur-online)

Im Volksmund meist Blutvergiftung genannt, ist die Sepsis die häufigste Todesursache bei Infektionen. Jedes Jahr sterben in Deutschland zehntausende Menschen daran, auch weil die Erkrankung nicht früh genug erkannt wird. Zum Weltsepsistag am Samstag wird die Aufmerksamkeit auf die lebensbedrohliche Erkrankung gelenkt. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie entsteht eine Sepsis?

Die Sepsis ist keine Vergiftung im herkömmlichen Sinn, sondern entsteht, wenn die körpereigene Abwehrreaktion gegen eine Infektion das eigene Gewebe und die eigenen Organe schädigt. Sie ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion. Wenn die Erreger sich über das Lymph- und Blutgefäßsystem ausbreiten, überschwemmt das Immunsystem den Körper mit Botenstoffen zur Immunantwort. Durch diese Überreaktion werden nicht nur die Erreger, sondern auch körpereigene Zellen und lebenswichtige Organe angegriffen.

Was ist der Auslöser?

Ursache einer Sepsis ist entgegen weit verbreiteter Meinung nicht immer eine äußerlich entzündete Wunde wie eine Schürfwunde oder ein aufgekratzter Mückenstich. Die Infektion kann auch im Körper auftreten. Die Sepsis entwickelt sich nach Angaben des Robert-Koch-Instituts am häufigsten aus Infektionen der Lungen, des Bauchraums und der Harnwege. Auslöser sind Bakterien wie Staphylococcus aureus und Escherichia coli sowie Pilze und Viren.

Was sind die Symptome?

Eine Sepsis zeigt sehr unspezifische Symptome und ist manchmal schwer von anderen Erkrankungen wie Erkältung oder Grippe zu unterscheiden. Zu den Warnzeichen gehören Fieber, Schüttelfrost, Kurzatmigkeit, Herzrasen, starke Schmerzen, ein extremes Krankheitsgefühl und Verwirrtheit. In den Köpfen vieler Menschen existiert zudem das Bild vom roten Strich, der in Richtung Herz wandert. Er zeigt laut Sepsisstiftung die Entzündung einer Lymphbahn an, die zu einer Sepsis führen kann, muss aber nicht zwingend auftreten. Im Gegenteil, die meisten Sepsispatienten zeigen dieses Symptom nicht.

Welche Folgen hat eine Sepsis?

Es kann zu einem Herzkreislaufversagen mit einem plötzlichen Blutdruckabfall kommen. Solch ein septischer Schock führt zum Multiorganversagen und häufig zum Tod, vor allem wenn die Symptome nicht frühzeitig erkannt und behandelt werden. Auch bei optimaler Therapie überlebt nur etwa die Hälfte solch einen Schock. In anderen Fällen werden Amputationen oder andere operative Eingriffe nötig, und es kann zu Organschäden wie Herz- und Nierenfunktionsstörungen kommen.

Zu den möglichen Langzeitfolgen gehören auch Schädigungen des Gehirns und der Nervenbahnen. Dies kann sich unter anderem durch eine stark geminderte Belastbarkeit, Konzentrationsschwäche, eingeschränkte Gedächtnisleistung, Seh- und Sprachstörungen, Gleichgewichtsprobleme und chronische Schmerzen äußern.

Nicht zuletzt können psychische Folgen wie Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen auftreten. Nach einer Studie der Charité und des Universitätsklinikums Jena leiden drei von vier Sepsisüberlebenden an neuen Gedächtnisstörungen, seelischen oder körperlichen Folgeerkrankungen.

Wie viele Todesfälle gibt es?

Die Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache nach Herzkreislauferkrankungen und Krebs. Die Zahlen differieren zum Teil. Nach Angaben der Kampagne Deutschland erkranken jährlich mindestens 230.000 Menschen an einer Sepsis, mindestens 85.000 davon sterben.

Die Deutsche Sepsistiftung geht von rund 140.000 Todesfällen aus. Zudem erleiden demnach bis zu drei Viertel der Überlebenden Langzeitfolgen. Die Deutsche Sepsisgesellschaft nannte für das Jahr 2022 eine Zahl von mindestens 65.000 Sepsistodesfällen.

Jährlich werden etwa 320.000 bis eine halbe Million Sepsisfälle im Krankenhaus behandelt - die Sterblichkeit liegt der Sepisstiftung zufolge bei etwa 30 Prozent. Nach Ansicht von Experten wären in Deutschland etwa 20.000 Todesfälle vermeidbar.

Wer zählt zu den Risikogruppen?

Am häufigsten sind Menschen im Alter von über 65 Jahren, Kinder im Alter von unter einem Jahr, Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Lungen- und Herzkrankheiten, Krebs, Nierenerkrankungen und Diabetes sowie Patienten mit einem geschwächten Immunsystem betroffen.

Kann einer Sepsis vorgebeugt werden?

Neben Hygienemaßnahmen wie Händewaschen und dem sorgfältigen Umgang mit Wunden und entzündeten Insektenstichen tragen auch Impfungen etwa gegen Grippe und Corona oder die Pneumokokkenimpfung, die vor einer bakteriellen Lungenentzündung schützen soll, zur Vorbeugung bei. Entscheidend ist vor allem, eine Sepsis rechtzeitig zu erkennen und schnell zu handeln. Forscher arbeiten an digitalen Verfahren zu einer besseren Erkennung.

Quelle: ntv.de, Andrea Hentschel, AFP

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