Kraniche, Schwäne, Wildgänse Wo das Vogelgrippevirus wütet
28.10.2025, 22:07 Uhr Artikel anhören
Infektionsrisiko Wildvogel: In Naturschutzgebieten wie hier in Brandenburg sammeln Helfer verendete Kraniche ein.
(Foto: dpa)
Der Flug in den Süden endet in diesem Herbst für viele Zugvögel tödlich: Bei der Rast in Deutschland erliegen ungewöhnlich viele Wildtiere der Aviären Influenza, landläufig auch Vogelgrippe oder Geflügelpest genannt. Wo liegen die bisher bekannten Brennpunkte?
Die starke Ausbreitung des Influenzavirus H5N1 unter Zugvögeln hat in diesem Jahr dramatische Folgen. Das Risiko für Übertragungen auf Nutztiere wie Mast- oder Legehennen ist hoch. Bundesweit wurden auf Anordnung der Veterinärämter bereits mehr als 500.000 Hühner, Puten, Gänse und Enten getötet.
Das für die Überwachung von Tierseuchen in Deutschland zuständige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) blickt mit Sorge auf die Entwicklung. Das Institut mit Sitz auf der Insel Riems bei Greifswald rechnet damit, dass sich die für Vögel hochansteckende Infektionskrankheit in wild lebenden Wasservogelpopulationen weiter ausbreitet. Wo in Deutschland wurde die Vogelgrippe bereits nachgewiesen?
Die Deutschland-Karte der aktuellen Vogelgrippe-Ausbrüche zeigt Regionen, in denen die sogenannte Aviäre Influenza mit ihrem Erreger bei Wildtieren bereits sicher nachgewiesen wurde. In der Regel erfolgt der Nachweis im Labor. Verendete Tiere und andere Verdachtsfälle werden aus sehr viel mehr Regionen berichtet. Ausbrüche in Nutztierbeständen werden mittlerweile unter anderem aus Geflügelbetrieben in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, NRW, Thüringen und Bayern gemeldet.
Der Zug der Wildvögel führt je nach Tierart über unterschiedliche Zugrouten in den Süden. Die in diesem Jahr besonders stark betroffenen Kraniche fliegen von Nordosten kommend entlang ihrer Rastplätze in Flussniederungen, Auen, See- und Moorgebieten in Richtung Südwesten.
Die Vogelgrippe, oft auch Geflügelpest genannt, ist eine "hochansteckende und bei vielen Vogel- und Geflügelarten rasch tödlich verlaufende Infektionskrankheit", wie die Tierseuchenexperten beim FLI betonen. Gefährlich ist nach Angaben des Loeffler-Instituts die hochansteckende Variante H5N1 des Hochpathogenen Aviären Influenza Virus (HPAIV).
Bisher tauchten Vogelgrippeviren im Zusammenhang mit dem Vogelzug nur während der kalten Jahreszeit in Deutschland auf. Seit Kurzem jedoch lässt sich H5N1 das ganze Jahr hindurch nachweisen, wenn auch mit saisonalen Schwankungen. Im vergangenen Jahr breitete sich der Erreger unter anderem auch in Milchviehherden in den USA aus. Nachweise für Epidemien unter Wildtieren gab es unter anderem auch in der Antarktis.
Für den Menschen besteht keine unmittelbare Gefahr. Das Risiko einer Übertragung vom Wildtier schätzen Mediziner als gering ein. Trotzdem sollten kranke oder bereits verendete Tiere nicht berührt werden. Das FLI appelliert an die Bevölkerung, sich in betroffenen Regionen generell von Wildvögeln fernzuhalten und insbesondere geschwächte oder sichtlich erkrankte Tiere nicht aufzuscheuchen. Verendete Vögel sollten durch geschultes Fachpersonal eingesammelt und entsorgt werden. "Bitte melden Sie tote Wildvögel den zuständigen Veterinärbehörden."
Zusätzlich bestehe die Gefahr, heißt es, dass der Erreger durch direkte und indirekte Kontakte auch in Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen eingetragen werden könnte. Erkrankte Tiere scheiden infektiöses Material aus, das über verunreinigtes Futter, Aas oder auch über Erdkrumen oder Pflanzenreste an Schuhen in Ställe eingetragen werden kann.
Über infizierte Wildtiere kann dem hochansteckenden Erreger der Sprung in private und kommerzielle Geflügelbestände gelingen. Wird das Vogelgrippevirus dort erst einmal nachgewiesen, müssen in dem betroffenen Betrieb vorsorglich alle Hühner, Puten, Gänse oder Truthähne getötet werden. In Deutschland, heißt es beim RKI, sind "bislang keine Erkrankungen beim Menschen mit aviären Influenzaviren bekannt geworden".
Tote Schwäne, ungeschützte Kraniche
In der Tierwelt breitet sich die Seuche derzeit außergewöhnlich rasant aus. Die auffallend stark betroffenen Kraniche sind bei weitem nicht die einzige betroffene Wildvogelart, heißt es beim FLI. Auch bei wild lebenden Entenarten und Wildgänsen, vereinzelten Reihern und sogar bei Höckerschwänen wurde das Virus bereits entdeckt. Enten und Gänse zeigen im Fall einer HPAIV-Infektion unter Umständen geringere Krankheitssymptome. Experten vermuten, dass diese Wildvogelarten bereits eine Art Teilimmunität entwickelt haben könnten.
Das Immunsystem der Kraniche kann H5N1 offenbar wenig entgegensetzen. Die Tiere, die sich an ihren Rastplätzen zu Tausenden versammeln, zeigen nach einer Infektion schwere Krankheitszeichen, bevor sie verenden. Das Friedrich-Loeffler-Institut warnt vor weiteren Fällen: "Aufgrund der gegenwärtig starken Zugaktivität von Kranichpopulationen und anderen Wildvögeln, muss mit einer weiteren, möglicherweise großflächigen Ausbreitung von HPAIV-Infektionen in der nächsten Zeit gerechnet werden."
Quelle: ntv.de