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Natürliche Imprägnierung Warum Eisbärenfell nicht vereist

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Der spezielle Talg im Fell von Eisbären sichert das Überleben der Tiere in der Arktis.

Der spezielle Talg im Fell von Eisbären sichert das Überleben der Tiere in der Arktis.

(Foto: picture alliance / Zoonar / Andrey Nyrkov)

Eisbären sind perfekt an ihre eiskalte Umgebung angepasst. Ihr Fell vereist trotz der extremen Minusgrade nicht. Der Grund liegt in einem speziellen Stoff, der die Eisbildung verhindert. Dieser könnte auch die Grundlage für umweltfreundlichere Vereisungsschutzmittel bilden.

Eisbären leben unter extremen Bedingungen. Temperaturen von weniger als minus 40 Grad Celsius sind in der Arktis, ihrer Heimat, keine Seltenheit. Deshalb ist eine gute thermische Isolation für sie besonders wichtig. Diese liefert ihnen nicht nur ihre Speckschicht, sondern auch ihr Fell. Eine internationale Forschungsgruppe beschreibt nun im Fachblatt "Science Advances", welche Eigenschaften den Eisbärenpelz so frostabweisend machen.

Das Forschungsteam entdeckte, dass ein spezieller Talg - also Haarfett - dafür sorgt, dass das Fell von Eisbären so gut wie kein Eis ansetzt. Das ist für die Tiere praktisch, denn wenn sie nach der Robbenjagd auftauchen, würde das Wasser auf ihrem Fell der Studie zufolge wegen der kälteren Lufttemperatur eigentlich gefrieren. Der Talg im Fell wirkt bei Eisbären also wie eine Art natürliche Imprägnierung.

Dass das Haarfett dafür verantwortlich sein muss, fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus, indem sie ungewaschene und gewaschene Fellproben von sechs Eisbären mit menschlichen Haarproben sowie mit zwei Arten sogenannter "Skifelle" mit Fluorcarbon verglichen. Skifahrer bringen derartige Felle an ihren Ski an, um sie gleitfähiger zu machen und etwa bergauf zu fahren.

Das Ergebnis des Vergleichs zeigte: Das ungewaschene Eisbärenfell hatte eine genauso geringe Eishaftung wie die beschichteten Skifelle und haftete geringer als das talgfreie, gewaschene Fell. Außerdem stellte das Forschungsteam fest, dass ungewaschenes Eisbärenfell im Vergleich zu öligem menschlichem Haar eine geringere Eishaftung hat. Mit anderen Worten: Fettige Haare scheinen unter den harschen Bedingungen ihrer Umgebung ein Überlebensvorteil für Eisbären zu sein.

Besondere Zusammensetzung von Talg

Doch woran liegt das? Die Forschungsgruppe konnte zeigen, dass der Talg von Eisbären im Gegensatz zu menschlichem Talg - und dem Talg vieler anderer Säugetiere - kein Squalen enthält. Bei der farblosen, öligen Flüssigkeit handelt es sich um eine Kohlenwasserstoffverbindung. Sie dient auch zur Herstellung von sogenanntem Squalan, das unter anderem als Schmiermittel oder Grundlage für Hautcremes und Salben verwendet wird. Das Fehlen von Squalen im Haarfett des Eisbärenfells scheint für dessen Frostschutzeigenschaften ein Schlüsselfaktor zu sein, so die Forschenden.

Dass das Eisbärenfell kaum Eis ansetzt, erleichtert dem Raubtier auch ein geräuschärmeres Anpirschen - eine Tatsache, die sich die Inuit, die indigene Bevölkerung der Arktis, zunutze machen: Diese beziehen zum Beispiel Schuhe oder Hosen mit Eisbärenfell, damit sich darin kein Eis verfängt, dessen Knacken bei Bewegungen Beutetiere verschrecken könnte.

Die Forschungsgruppe hofft, dass ihre Analysen die Entwicklung umweltfreundlicherer Vereisungsschutzmittel fördern: Denn der Studie zufolge sind die vereisungshemmenden Eigenschaften von Eisbärenfell genauso wirksam wie die mit synthetischen Chemikalien beschichteten Fasern von Skifellen. In ihrem Experiment testeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei Skifelle mit PFAS-Imprägnierung. Diese Per- und Polyfluoralkylsubstanzen, auch Ewigkeitschemikalien genannt, können für die menschliche Gesundheit und die Umwelt schädlich sein.

Quelle: ntv.de, Anne Stein, dpa

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