Studie: Zwei Maßnahmen reichen So überlasten E-Autos die Stromnetze nicht
21.03.2023, 14:18 Uhr
Ladesäule für E-Autos in Bayern: Eine Verlagerung des Aufladens in die Nacht könnte die Spitze des Stromverbrauchs am Abend verkleinern.
(Foto: picture alliance / Schoening)
Die Elektromobilität wird immer stärker ausgebaut, Verbrenner sollen nach und nach verschwinden. Das führt zu stark steigendem Strombedarf, vor allem zu bestimmten Tageszeiten. Wie eine Überlastung des Stromnetzes vermieden werden kann, findet ein Forscherteam des renommierten MIT heraus.
Zwei Maßnahmen können ohne zusätzliche technische Innovationen verhindern, dass Elektroautos Stromnetze übermäßig belasten. Zum einen könnten solche Fahrzeuge während der Arbeitszeit geladen werden und damit die Spitze des tagsüber produzierten Solarstroms ausgleichen. Zum anderen könnte das Laden zu Hause vom frühen Abend, wenn der Strombedarf hoch ist, in die Nacht verlegt werden. Das berichtet eine Gruppe um Jessika Trancik vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge im Fachjournal "Cell Reports Physical Science".
Um dem Klimawandel zu begegnen, wird die Antriebstechnik bei Fahrzeugen zunehmend vom Verbrenner- auf den Elektromotor umgestellt. Das steigert jedoch den allgemeinen Strombedarf. "Abhängig von den Lademustern eines elektrifizierten Transportsystems kann das Stromnetz zu bestimmten Zeiten Erzeugungs- und Verteilungsgrenzen erreichen, was möglicherweise zu Transformatorausfällen, Stromknappheit oder zu Abhängigkeit von teuren Spitzenkraftwerken zur Aufrechterhaltung der Versorgung führen kann", schreiben die Autoren.
Hinzu kommt, dass erneuerbare Energien nicht ständig produziert werden, sondern nach Verfügbarkeit von Sonne und Wind. Solche Schwankungen belasten das Stromnetz, und Stromspeichertechnologien sind noch nicht ausgereift, um große Mengen Elektrizität in Zeiten hoher Produktionsmengen und geringen Bedarfs zu speichern.
Energieverbrauch besser abschätzen
Trancik und Kollegen nutzten ein Computermodell, das trotz begrenzter verfügbarer Daten den Energieverbrauch von Fahrzeugen abschätzen kann. Zudem verwendeten sie anonymisierte Daten von Fahrzeugen in den Städten New York und Dallas, die Aufschluss über die Uhrzeiten von Autofahrten an Werktagen geben.
Daten aus Elektroautos ergaben, dass die meisten Fahrzeuge dann aufgeladen werden, wenn Fahrer gerade von der Arbeit nach Hause gekommen sind. Zu dieser Zeit steigt aber auch der übrige Strombedarf, wenn etwa Fernseher, Computer, Klimaanlagen und andere elektrische Geräte eingeschaltet werden. So kommt es am frühen Abend zu einer Spitze im Stromverbrauch, die die ladenden Elektroautos noch erhöhen.
Das Team um Trancik spielte verschiedene Möglichkeiten durch und kommt zu dem Schluss, dass das Laden von E-Autos an der Arbeitsstätte die Spitze der Stromproduktion durch Photovoltaik über Mittag abmildert und dass dann nach Feierabend nicht mehr so viel Strom nachgeladen werden muss. Eine Verlagerung des Aufladens in die Nacht könnte hingegen die Spitze des Stromverbrauchs am Abend verkleinern. "Ich denke, eines der faszinierenden Dinge an diesen Ergebnissen ist, dass man durch strategisches Vorgehen viel physische Infrastruktur vermeiden kann, die man sonst benötigen würde", wird Trancik in einer MIT-Mitteilung zitiert.
Langsames Laden reicht am Arbeitsplatz
Die Forscher berechneten, dass für das Aufladen beim Parken am Arbeitsplatz sogar ein langsames Laden (Level 1 bei 1,8 Kilowatt Leistung) ausreichen würde. "Das Aufladen auf Level 1 am Arbeitsplatz hat den praktischen Vorteil, dass es billiger zu installieren ist und es den Arbeitsplätzen eventuell ermöglicht, schneller mehr Stationen einzurichten, sodass die Fahrer ihre Fahrzeuge nicht bewegen müssen, damit andere aufladen können", schreiben die Wissenschaftler. Für das Aufladen zu Hause gingen sie allerdings von Level 2 (6,6 Kilowatt) aus.
Die Politik müsse nun die richtigen Anreize setzen, etwa durch die Förderung von Ladesäulen an bestimmten Orten. Zudem müsste das vorgeschlagene Ladezeitmuster der Bevölkerung nahegebracht werden.
Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa