Erwacht und tötet "Zombie-Gen" schützt Elefanten vor Krebs
17.08.2018, 13:47 Uhr
Ein zum Leben erwecktes Pseudogen in der DNA von Elefanten schützt vor Krebs.
(Foto: imago/ITAR-TASS)
Krebs ist noch immer eine Geißel der Menschheit. Im Kampf gegen entartete Zellen sehen sich Forscher die Strategien bei Elefanten an, weil diese nur sehr selten an den Folgen von Tumoren sterben. Sie entdecken ein zum Leben erwecktes Gen, das schnell tötet.
Krebszellen entstehen durch Fehler bei der Zellteilung, durch Schadstoffe oder UV-Strahlung. Das Risiko einer Krebserkrankung steigt mit einer hohen Lebenserwartung und einer großen Körpermasse - nur bei Elefanten nicht. Nur fünf Prozent der Tiere sterben an den Folgen von Krebstumoren. Im Vergleich dazu sind es beim Menschen etwa 17 Prozent. Beide Spezies haben eine annähernd gleiche Lebenserwartung.
Bereits seit einigen Jahren wissen Forscher, dass Elefanten ein Gen besitzen, das als Tumor-Unterdrücker agiert. Dieses als p53 bezeichnete Protein liegt im Erbgut von fast allen Säugetieren als Kopie vor. Forscher der University of Chicago und der University of Utah wollten nun wissen, ob Elefanten es diesem "Wächter des Genoms" zu verdanken haben, dass sie so selten an Krebs erkranken. Die Forscher um Vincent Lynch untersuchten nicht nur die DNA von Elefanten, sondern auch die von Seekühen und Klippschliefern, die mit Elefanten verwandt sind.
Totes Gen kann geweckt werden
Das Team entdeckte in der DNA von Elefanten nicht nur eine 20-fache Kopie von p53, sondern durch Zufall außerdem ein sogenanntes Pseudogen, das in den Tieren unter bestimmten Voraussetzungen wieder zum Leben erwacht. Das als Leukämie-Inhibitionsfaktor 6, kurz LIF6, bezeichnete Protein spielt bei der Bekämpfung von Tumoren eine wichtige Rolle. Es durchlöchert in kurzer Zeit die Mitochondrien, also die Zellkraftwerke, und lässt so die entarteten Zellen absterben.
"Weil es durch beschädigte DNA von den Toten erweckt wird und dann diese Zelle ganz schnell tötet, haben wir es 'Zombie-Gen' genannt", erklärt Lynch. "Das ist nützlich, weil es eine Reaktion auf genetische Fehler ist. Die Zelle dann loszuwerden, kann eine spätere Krebsbildung verhindern." Das "Zombie-Gen" war höchstwahrscheinlich schon in den Vorfahren der heutigen Elefanten, den murmeltiergroßen Hyrax, vor 25 bis 30 Millionen Jahren vorhanden.
Ansatz für neue Krebstherapie
Diese spezielle und erfolgreiche Form zur Unterdrückung von Krebs könnte auch ein Faktor dafür sein, dass Elefanten zu den größten Landlebewesen der Welt werden konnten. Die Forscher fanden zwar auch bei Seekühen und Klippschliefern sieben bis elf Kopien des LIF6-Gens. Den Tieren fehlten aber, anders als bei Elefanten, ein zusätzlicher Genabschnitt, der als Genschalter fungiert und das tote LIF6-Gen wieder Leben erwecken kann.
Lynch und seine Kollegen haben die Hoffnung, ihre Erkenntnisse um die erfolgreiche Anti-Krebs-Strategie der Elefanten in der Krebsmedizin für Menschen nutzbar machen zu können. Die Forscher konnten bereits sehen, dass ein LIF6-Gen, das ins Erbgut von Mäusezellen übertragen wurde, genauso schnell wie bei Elefantenzellen auf beschädigte DNA reagierte.
Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Fachjournal "Cell Reports".
Quelle: ntv.de, jaz