Frage & Antwort Kann man Regen riechen?
12.05.2015, 08:29 Uhr
Regengeruch ist eine spezielle Mischung.
(Foto: imago/Westend61)
Ein Bekannter von mir behauptet, dass er Regen riechen kann. Kann das stimmen? (fragt Johanna R. aus Remscheid)
Zunächst einmal wäre zu klären, was dieser Mann genau meint. Behauptet er, die Wassertröpfchen zu riechen, die fallen, wenn es regnet oder ist mit seiner Aussage eher gemeint, dass er einen bestimmten Duft wahrnimmt, kurz bevor, während oder nachdem es geregnet hat?
Da Regentropfen, die vom Himmel fallen, relativ rein sind, ist dieses Regenwasser eher geruchslos. Es geht bei der Aussage wohl mehr um die Düfte, die während beziehungsweise nach einem Regenschauer entstehen. Für den charakteristischen Regenduft mischen sich zumeist drei Dinge:
- Petrichor
- Geosmin
- Ozon
Das Wort Petrichor kommt aus dem Griechischen und ist aus den Wörter Petros (Stein) und Ichor (Flüssigkeit, die in den Adern griechischer Götter fließt) zusammengesetzt. Petrichor bezeichnet den Geruch von Regen auf trockener Erde. Der Begriff wurde erstmals 1964 von zwei australischen Wissenschaftlern geprägt. In ihrer Untersuchung beschreiben I. J. Bear und R. G. Thomas die Entstehung des Duftes. Er wird, so Bear und Thomas, auf der Grundlage von Pflanzenausdünstungen gebildet.
Wie der Mensch sondern auch Pflanzen ständig chemische Stoffe ab. Wenn es lange Zeit warm und trocken ist, bildet sich auf Blättern und Halmen ein duftender Film aus ätherischen Ölen und anderen Geruchsstoffen. Diese werden bei Regen mit anderen Düften aus der Natur freigesetzt. Einer davon ist das sogenannte Geosmin.
Geosmin ist der mordrig-erdige Geruch, der auch in der Roten Beete enthalten ist. Für diesen spezifischen Geruch sind verschiedene Mikroorganismen im Boden verantwortlich. Auch er entsteht vor allem bei Regen nach langen Trockenzeiten, genau wie der Geruch von Staub und natürlichem, frisch gebildetem Ozon in der Luft.
Vom Boden in die Nase?
Die Regentröpfchen kurbeln nicht nur den Stoffwechsel der Bodenbakterien an, sie sind auch für den Transport der Düfte zur menschlichen Nase verantwortlich. Das haben Forscher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) per Highspeedkamera herausgefunden: Fallen Regentropfen auf eine poröse Oberfläche, also in dem Fall auf den trockenen Boden, dann schließen sie winzige Luftbläschen ein. Diese perlen ähnlich wie in einem Sektglas nach oben und platzen. Dabei reißen sie kleine Tröpfchen, sogenannte Aerosole, mit sich. In diesen winzigen, flugfähigen Wassertröpfchen befinden sich die oben beschriebenen Duftstoffe, die mit der menschlichen Nase wahrgenommen werden.
Dadurch, dass man in Lauf seines Lebens immer mal wieder den spezifischen Geruch bei und nach Regen vor allem in der warmen Jahreszeit intensiv wahrnimmt, wird dieser Duft dem Regen zugeschrieben. Es erfolgt eine sogenannte Konditionierung, die bei einer Person intensiver ausgeprägt sein kann als bei einer anderen.
Übrigens: Manche Menschen können mit großer Sicherheit Regen sogar vorhersagen. Das ist dann das Ergebnis einer komplexen Wahrnehmung die aus mehrjähriger Erfahrung, genauer Natur- und Wetterbeobachtung und sicher auch der Konditionierung der Nase besteht. Denn die Aerosole, die den Regenduft in sich tragen, können vom Wind auch über mehrere Kilometer transportiert werden.
Quelle: ntv.de