Frage & Antwort

Finger raus Lieber Nase hochziehen statt putzen?

Hochziehen von Nasensekret ist laut HNO-Arzt Rainer Weber gesünder als Naseputzen.

Hochziehen von Nasensekret ist laut HNO-Arzt Rainer Weber gesünder als Naseputzen.

(Foto: picture alliance / dpa-tmn)

Die Sonne lacht, die Blumen blühen - und die Pollen fliegen. Für Allergiker heißt das: Nies-Alarm. Doch wie hilfreich ist Naseputzen eigentlich? Und was passiert, wenn wir den Schleim stattdessen herunterschlucken? Ein HNO-Arzt liefert verblüffende Antworten.

Jeder, der an Heuschnupfen leidet, kennt es: Sommerzeit heißt vor allem Rotznasenzeit. Während Nicht-Allergiker sich an dem Geruch von Sommer und Freibad-Pommes erfreuen, kramt der Allergiker bereits panisch nach dem nächsten Taschentuch. Doch das ständige Naseputzen ist zeitraubend und nervig. Und vor allem: Ist es überhaupt gesund?

Gefährlich wird zu starkes Naseputzen laut HNO-Arzt Rainer Weber zum Beispiel dann, wenn man einen eitrigen Schnupfen hat. Denn bei zu starkem Druck transportiert man das eitrige Sekret in Richtung Nasennebenhöhle oder Mittelohr, wodurch zum Beispiel Entzündungen entstehen können, die es so vorher nicht gegeben hat. "Häufig passiert das zwar nicht. Aber gut fühlt man sich meistens nicht, wenn man die Nase zu heftig putzt", sagt Weber, Leiter der Sektion Nasennebenhöhlen- und Schädelbasischirurgie im Klinikum Karlsruhe, im Gespräch mit ntv.de.

Ein weiterer typischer Fehler ist laut Weber zudem das Nasereiben innen nach dem Putzen. "Dieses Nachreiben in der Nase ist nicht gut, da es zu kleinen Verletzungen in der Nase führen kann."

Hochziehen ist gesünder

Wenn also Naseputzen nicht unbedingt gesund ist, wohin dann mit dem ganzen Schleim? "Hochziehen ist die günstige und empfohlene Variante des Nase-Reinigens. Wenn ich die Nase putze, erzeuge ich in der Nase einen Überdruck, der kann erheblich sein. Da bringe ich das Sekret, was ich loswerden möchte, in Richtung Nasennebenhöhlen und in Richtung Mittelohr", erklärt Weber. "Man merkt ja, wenn es Plopp macht, dass sich das Trommelfell dann bewegt. Dieser Weg ist eigentlich nicht gut."

Lieber also: Schleim hochziehen. Klingt zwar eklig, ist dem Mediziner zufolge jedoch etwas ganz Natürliches. Denn hochziehen heißt in Wirklichkeit: Man atmet ein. Dabei wird ein Unterdruck in der Lunge erzeugt, der einen Sog über Lunge, Rachen und Nase produziert. Man beschleunigt also den normalen Schleim-Abtransport nach hinten. "Das ist der natürliche Weg des Nase-Reinigens - der klappt halt nur nicht immer", sagt Weber.

Doch nur Hochziehen reicht oft nicht - man muss den Schleim dann meist auch herunterschlucken. Für manche klingt das nicht nur unappetitlich, sondern auch bedenklich. Denn ähnlich wie in Popeln sammeln sich im Schleim Bakterien. Aber keine Sorge: Gefährlich ist laut dem Mediziner weder das Schlucken von Schleim noch von Popeln. "Wenn man das runterschluckt, könnte man es quasi biologisches Recycling nennen. Wir nehmen also das, was wir vorher im Körper hatten, wieder auf und das wird abgebaut zu normalen Bestandteilen. Schädlich ist das also nicht."

Ein Liter Schleim täglich

Da der Schleimtransport der Nase normalerweise nach hinten gerichtet ist, schlucken wir zudem ohnehin täglich ungefähr einen Liter Schleim herunter. "Das Ziel dieses Schleims ist es, Fremdkörper und Schadstoffe von außen, also auch Bakterien und Viren, quasi aufzusammeln und abzutransportieren. Die werden dann verschluckt und durch die Magensäure abgetötet." Die Befürchtung, dass die Viren oder Bakterien beim Herunterschlucken gefährlich für den Körper sein könnten, ist laut Weber also unbegründet.

Zu gesundheitlichen Schäden kann hingegen das Bohren in der Nase führen - auch Popeln genannt. Der umgangssprachliche Begriff "Popel" bezeichnet schlicht Krusten oder eingedicktes Nasensekret, das sich im Naseneingang bildet. Am häufigsten entstehen diese Krusten durch Reiben vorn in der Nase oder das Bohren in der Nase, auch mit Wattestäbchen. Der Körper bildet die Krusten als eine Art Schutzreaktion auf die Verletzungen, die durch das Nase-Bohren oder Reiben entstehen. Auch wenn die Nasenschleimhaut beispielsweise aufgrund von Entzündungen vermehrt Schleim bildet, kann dieser am Naseneingang eintrocknen.

Das Nasebohren setzt eine Art Teufelskreis in Gang, bei dem es immer wieder zu neuer Krustenbildung kommt. "Die Kruste in der Nase stört uns, wir entfernen sie, lädieren damit diese Stelle der Schleimhaut wieder und es bildet sich wieder als Schutz eine Kruste. Und so geht das immer weiter." Neben der Krustenbildung kann das Nasebohren auch die Nasenatmung beeinträchtigen. Auf lange Sicht kann es in Extremfällen laut Weber sogar zu Schäden führen. Denn intensives und lang anhaltendes Bohren kann die Nasenscheidewand ausdünnen und im schlimmsten Fall sogar durchbohren.

Am besten Finger weg

Wie entkommt man diesem Kreislauf? "Das verlangt Disziplin, das ist nicht leicht. Ich muss die Finger weglassen", meint Weber. Wem das schwerfällt, dem empfiehlt der Arzt darüber hinaus das Aufweichen der Kruste mit einer speziellen Nasensalbe. Wichtig sei dabei, sie in den freien Nasenraum zu drücken und die Nasenflügel dann zwei- bis dreimal leicht zusammenzudrücken. Danach sollte man die Nase einfach in Ruhe lassen - nur so könne sich ein leichter Salbenfilm bilden. Ist die Wunde abgeheilt, kann sich die vorhandene Kruste sanft ablösen.

Übrigens: Wer an Allergien oder häufigen Erkältungen leidet, dem empfiehlt Weber vor allem Nasenduschen. Denn die können auch vorbeugend gut eingesetzt werden. "Auch mit Blick auf Corona gibt es neue Daten, die zeigen, dass eine Nasendusche mit Salzlösungen Sinn ergibt. Auch für den allergischen Schnupfen ist es eine sinnvolle Ergänzung zu einer Allergie-Tablette oder Kortisonspray."

Quelle: ntv.de

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