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Über 1000 Kilometer Reichweite F1-Ingenieure entwickeln für Mercedes optimiertes E-Auto

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Nur acht Kilowattstunden auf 100 Kilometer verbrauchte der Vision EQXX auf einer Testfahrt. Ungefähr halb so viel wie ein Tesla Model 3.

(Foto: IMAGO/Cover-Images)

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Ungewöhnlich viel Know-how aus der Formel 1 fließt in den Prototypen Vision EQXX ein. Mercedes muss gegenüber Konkurrenten wie Tesla aufholen. In nur 18 Monaten soll ein besonders effizientes E-Auto entstanden sein.

Der Anruf aus der Mercedes-Konzernzentrale in Deutschland erreichte Adam Allsopp im Urlaub auf der Isle of Wight. Der Auftrag an den Ingenieur klang so einfach wie herausfordernd: "Baue ein Elektroauto, das mit einer einzigen Batterieladung 1000 Kilometer weit fährt."

Das Team beim Formel-1-Motorenlieferanten von Mercedes AMG machte sich an die Arbeit, in Windeseile Lösungen für Aerodynamik, Antriebstechnik und Software für den Prototypen Vision EQXX zu entwickeln. Denn Mercedes-Entwicklungschef Markus Schäfer holte das unternehmenseigene Formel-1-Team an Bord, um ein effizientes Elektroauto möglichst schnell auf den Weg zu bringen. Rennsportingenieure sind Spezialisten dafür, aus jedem Tropfen Sprit des Verbrennungsmotors und jedem Watt des Elektroantriebs die maximale Leistung herauszuholen.

Mit diesem Formel-1-Ansatz habe der Stuttgarter Autobauer die Entwicklungszeit seiner Fahrzeuge bereits um rund ein Viertel reduziert, sagte Schäfer. Statt 58 Monaten dauere es nur noch etwas mehr als 40 Monate vom Reißbrett bis zur Serienproduktion. "Wir haben hier mit den Ingenieuren der Formel 1 einen Vorteil, den andere nicht haben", ergänzte er. "Tesla hat das nicht, andere Teams haben das auch nicht."

Formel-1-Ingenieure beteiligt am Entwicklungsprozess

Der US-Elektroautobauer Tesla legt ein höheres Tempo vor, ebenso wie die Konkurrenz aus China, die nur rund zweieinhalb Jahre braucht, um ein neues Auto zu entwickeln. Traditionelle Autobauer wie Mercedes-Benz, die jahrzehntelang führend in der Verbrennertechnologie waren, können sich auf Dauer keinen Rückstand gegenüber diesen Rivalen leisten, warnte Steven Merkt, Manager vom Automobilzulieferer TE Connectivity. "Niemand spürt den Druck mehr als Mercedes, hier Innovationsführer zu sein", sagte Merkt. "Sie müssen es vorantreiben oder sie sind nicht mehr Mercedes."

Binnen 18 Monaten tüftelten die Rennsportexperten im englischen Brixworth an der Effizienz und optimierten Elektromotoren, Aerodynamik und Rollwiderstand. Dass Technologie und Wissen aus dem Rennsport in den Bau von Serienmodellen mit der Zeit einfließen, ist üblich. Neu war aber das frühzeitige, unmittelbare Einbringen der Ideen der Formel-1-Ingenieure in den Entwicklungsprozess.

Mehr als 1000 Kilometer mit einer Ladung

Was mit Formel-1-Know-how in den "Vision EQXX" einfloss, soll laut Schäfer nichts Geringeres als die "Blaupause für die Zukunft des Automobilbaus" bei Mercedes abgeben. Mit nur gut acht Kilowattstunden pro 100 Kilometern verbrauchte der EQXX auf einer 1200 Kilometer langen Testfahrt nur halb so viel Strom wie das kleinste Tesla-Modell Model 3. Denn die Batterie ist nur etwa halb so groß wie die des Mercedes-Elektro-SUV "EQS".

Schon im kommenden Jahr soll die Technik in der elektrischen Antriebsplattform MMA für Mercedes-Kompaktwagen genutzt werden. Einen Vorgeschmack auf das erste Exemplar wollen die Schwaben auf der Automesse IAA im September geben, wie Konzernchef Ola Källenius auf der Hauptversammlung ankündigte.

Auf der Homepage des Unternehmens überschüttet er den Prototypen mit Lob: "Der Mercedes-Benz 'Vision EQXX' zeigt, wie wir uns die Zukunft des Elektroautos vorstellen. In nur eineinhalb Jahren haben wir den effizientesten Mercedes aller Zeiten entwickelt – mit einem Energieverbrauch von weniger als 10 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Der 'Vision EQXX' hat eine Reichweite von mehr als 1000 Kilometern mit einer einzigen Ladung – angetrieben von einer Batterie, die in einen Kleinwagen passen würde."

Und die Ingenieure aus Brixworth sind mit ihrem Job für das Mercedes-Mutterhaus noch nicht fertig. Derzeit arbeitet das Formel-1-Motorenteam an einem halben Dutzend neuer Projekte zur Entwicklung wichtiger Bauteilen, sagte Schäfer.

Ein weiterer Vorteil ist Allsopp zufolge der geringere Bedarf an Rohstoffen wie Lithium und Kobalt bei einer kleineren, leistungsfähigen Batterie. Diese sind ohnehin knapp und teuer sowie umstritten wegen der Folgen ihres Abbaus für die Umwelt. "Einfach mit Batterien um sich zu werfen, ist keine intelligente Lösung", sagte Allsopp. "Wenn man clevere Wege findet, um die gleiche Reichweite zu erzielen, ist das besser für die Kunden, die Autohersteller und den Planeten."

Quelle: ntv.de, Nick Carey, rts

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