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Bislang früheste Menschenfunde Entdeckung in Laos zeigt Ausbreitung des Homo sapiens

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Knochenfunde aus der Höhle Tam Pà Ling.

Knochenfunde aus der Höhle Tam Pà Ling.

(Foto: Fabrice Demeter/dpa)

In Laos finden Forscher versteinerte Überreste, die mindestens 70.000 und vielleicht sogar 86.000 Jahre alt sind. Sie sind damit der früheste eindeutige Nachweis des Homo sapiens in Südostasien. Zudem zeigen sie, wie sich frühe Menschen aus Afrika ausbreiteten - und welche Vielfalt es in Südostasien gab.

Im Norden von Laos haben Forschende den bislang frühesten eindeutigen Hinweis für die Anwesenheit des Homo sapiens in Südostasien entdeckt. In der Höhle Tam Pà Ling fand das Team ein Schädelfragment und ein Stück Schienbeinknochen, die mindestens rund 70.000 Jahre alt sind - möglicherweise sogar bis zu 86.000 Jahre. Aus der zierlichen Form des Stirnfragments leitet die Gruppe um Laura Shackelford von der University of Illinois in Urbana-Champaign und Fabrice Demeter vom Musée National d'Histoire Naturelle in Paris ab, dass dieses Individuum sich zusammen mit einer Gruppe ausbreitete, die sich deutlich von jener Population unterschied, die die Region später dauerhaft besiedelte.

Derzeit geht die Wissenschaft davon aus, dass der Homo sapiens vor etwa 300.000 Jahren in Afrika entstand. Unklar ist jedoch, wann er den Kontinent verließ. Manche Studien deuten darauf hin, dass die Vorfahren der heutigen modernen Menschen Afrika vor 50.000 bis 60.000 Jahren verließen und sich dann nach Europa und über Asien verbreiteten. Allerdings zeigen Funde aus dem Östlichen Mittelmeerraum, dass moderne Menschen zumindest dort schon deutlich früher lebten.

In Asien lebten einst etliche andere Hominine

Die Grabungsstätte in der Höhle von Tam Pà Ling, im Hintergrund der Höhleneingang.

Die Grabungsstätte in der Höhle von Tam Pà Ling, im Hintergrund der Höhleneingang.

(Foto: Kira Westaway (Macquarie University)/dpa)

Zwar gibt es auch Hinweise auf frühe Menschen in Ostasien - hier ist jedoch entweder die Datierung umstritten oder es ist fraglich, ob die gefundenen Knochen tatsächlich vom Homo sapiens stammen - oder von anderen Menschenarten. Denn in Asien lebten einst etliche andere Hominine, unter anderem der Homo erectus und die eng mit den Neandertalern verwandten Denisova-Menschen.

Möglich wäre auch, so schreibt das Team im Fachblatt "Nature Communications", dass der Homo sapiens Afrika schon in frühen Auswanderungswellen in der Zeit von vor 130.000 bis vor 80.000 Jahren verließ und dann auch bis nach Ostasien gelangte. Die Besiedlung durch diese Gruppen war aber letztlich nicht von Dauer und hinterließ keine eindeutigen Spuren im Erbgut heutiger Menschen.

Neue Funde in tieferen Schichten

Dafür sprechen nun auch die jüngsten Funde in der Höhle Tam Pà Ling. Dort waren zwar schon vorher etliche menschliche Knochen entdeckt worden. Das Team grub jedoch tiefer - und stieß damit in ältere Sedimente vor. Zudem erschlossen die Forschenden die komplexe Geologie der Ablagerungen durch mehrere verschiedene Datierungsverfahren. Demnach lebten in der Höhle schon zumindest ab vor 68.000 Jahren Menschen - und zwar über einen Zeitraum von 56.000 Jahren.

Das Forschungsteam grub in der Höhle Tam Pà Ling noch tiefer als zuvor und erreichte somit ältere Sedimente.

Das Forschungsteam grub in der Höhle Tam Pà Ling noch tiefer als zuvor und erreichte somit ältere Sedimente.

(Foto: Fabrice Demeter/dpa)

Allerdings unterscheiden sich die kürzlich gefundenen alten Fossilien stark von den deutlich jüngeren, die bei früheren Grabungen zutage traten. Insbesondere das Schädelfragment ist deutlich zierlicher als ein 30.000 Jahre jüngerer Fund aus der Höhle. Zwar kann das Team nicht ausschließen, dass der aktuell vorgestellte Fund - TPL 6 genannt - von einem Heranwachsenden stammen könnte, sie gehen jedoch aufgrund etlicher Merkmale des Knochens von einem Erwachsenen aus.

Beleg, wie vielfältig moderne Menschen jener Zeit waren

Demnach gehörte er zu einer Population von Menschen, die zwar schon früh Afrika verließ, schreibt das Team, darunter Mitarbeiter des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie. "Der Stirnknochen TPL 6 liefert einen direkten Beleg für eine frühe, wahrscheinlich erfolglose Ausbreitung von Afrika oder dem Nahen Osten nach Südostasien vor etwa 70.000 Jahren", heißt es. "TPL 6 ist bemerkenswert zierlich, was bedeutet, dass er von einer zierlichen Einwandererpopulation stammt und nicht das Ergebnis ist einer lokalen Evolution von oder Vermischung mit Homo erectus oder Denisovanern."

Dies veranschauliche, wie vielfältig die modernen Menschen jener Zeit waren. Hinzu komme, dass in Südostasien damals noch weitere Menschenarten lebten, neben dem Homo erectus und Denisova-Menschen der Homo floresiensis und der Homo luzonensis, deren Überreste auf der indonesischen Insel Flores und der philippinischen Insel Luzon gefunden worden waren.

Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa

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