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Ehrlichkeit gegen Eigennutz Hirnstimulation senkt Schummelneigung

Die Probanden konnten selbst eintragen, welche Zahl sie gewürfelt hatten.

Die Probanden konnten selbst eintragen, welche Zahl sie gewürfelt hatten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Wahrheit zu sagen und ehrlich zu sein, sind anerkannte Tugenden, die im Alltag schnell mal vergessen werden. Wie man Ehrlichkeit beeinflussen kann, finden Forscher mit Würfeln und Strom heraus.

Schon mal geschummelt? Na, klar! Doch Lügen und Betrügen sollten im sozialen Miteinander eher die Ausnahmen darstellen, denn Verträge, Absprachen und Zusagen basieren auf Ehrlichkeit. Doch was passiert bei der Entscheidung zwischen Ehrlichkeit und Eigennutz auf neurobiologischer Ebene? Forscher der Universität Zürich sind dieser Frage nachgegangen.

Für ihre Untersuchung setzten die Wissenschaftler insgesamt 300 Probanden eine Elektrodenkappe auf und gaben ihnen die Aufgabe, mit zehn Versuchen eine bestimmte Zahl zu würfeln. Die Studienteilnehmer mussten das Ergebnis jedes Wurfes unter vollständiger Anonymität in ein Computerformular eintragen. Bei jeder Übereinstimmung konnten die Probanden 9 Schweizer Franken verdienen. Ob sie dabei ehrlich waren oder schummelten, blieb scheinbar unbeobachtet.

"Die meisten Menschen wägen Motive des Eigeninteresses gegenüber der Ehrlichkeit von Fall zu Fall ab. Sie schummeln ab und an, aber nicht bei jeder Gelegenheit", erklärt Michel Maréchal, Professor für Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Zürich.

Hirnstimulation macht Zellen empfindlicher

Bei einem Drittel der Probanden wurde während der Untersuchung  gezielt der rechte präfrontale Kortex mit Gleichstrom gereizt. Die Forscher gehen davon aus, dass dort der Abwägungsprozess zwischen Eigeninteresse und Ehrlichkeit abläuft. Diese nicht-invasive Methode der Hirnstimulation erhöht die Empfindlichkeit von Hirnzellen und macht diese aktiver.

Tatsächlich konnten die Forscher deutliche Unterschiede bei den Ergebnissen der Probanden mit Hirnstimulation und der Kontrollgruppe feststellen. Die Kontrollpersonen zeigten eine für dieses Spiel typische Schummelneigung. Sie gaben in 68 Prozent der Würfe an, die gewünschte Zahl gewürfelt zu haben. Realistisch und zufällig wären jedoch nur rund 50 Prozent gewesen.

Wirkt nicht bei jedem

Die Probanden, bei denen die Hirnstimulation angewendet worden war, zeigten andere Ergebnisse. Sie gaben an, in 58 Prozent aller Würfe die vorgegebene Zahl gewürfelt zu haben und lagen damit nur knapp über dem realistischen Mittelwert. Zudem gab es bei dieser Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe kaum Angaben über sieben, acht oder sogar neun passende Würfe hintereinander.

Die Forscher sind sich einig, dass die tiefe Hirnstimulation das Schummeln der Teilnehmer reduzieren kann. Sie schränken jedoch nach weiteren Tests ein, dass die Stimulation nicht die allgemeine moralische Einstellung zur Ehrlichkeit beeinflusst. Bei rund 8 Prozent aller Teilnehmer konnte die Methode nämlich gar nichts ausrichten. Diese Probanden waren wohl von vornherein fest entschlossen, ihren Gewinn zu maximieren und gaben dreist an, bei allen zehn Versuchen die richtige Zahl gewürfelt zu haben.

Quelle: ntv.de, jaz

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