Betroffene Paviane sterben früher Kindheitstraumata verkürzen Lebensdauer
19.04.2016, 20:46 Uhr
Auch Affen brauchen eine behütete Kindheit.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Kindheit gilt als Fundament des Lebens. Aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, dass Menschen mit einer schweren Kindheit oftmals auch als Erwachsene Probleme haben. Für Paviane sind gravierendere Folgen nun beweisbar.
Paviane, die in ihrer Kindheit viel Elend erlitten haben, sterben früher als unbeschwert aufgewachsene Artgenossen. Der Unterschied in der Lebenserwartung betrage im Schnitt mehr als zehn Jahre, berichten US-Forscher im Fachblatt "Nature Communications". Sie glauben, dass bei Mensch und Pavian ähnliche Mechanismen die nachteiligen Spätfolgen traumatischer Kindheitserfahrungen verursachen.
Die Forscher um Jenny Tung von der Duke University in Durham (US-Staat North Carolina) hatten Daten aus einer Pavian-Population in Kenia ausgewertet. Die Population wird seit 1971 quasi täglich beobachtet. Für 73 der insgesamt 196 betrachteten weiblichen Paviane lagen vollständige Lebensgeschichten vor. Statistisch analysierten die Forscher den Zusammenhang zwischen traumatischen Ereignissen in der Kindheit und der Lebenserwartung der Tiere. Als traumatisches Ereignis bewerteten sie zum Beispiel den frühen Tod der Mutter, das Aufwachsen unter hoher Konkurrenz mit zum Beispiel nur wenig jüngeren Geschwistern oder das Erleben von Dürrezeiten.
Schlechte Erfahrungen, früher Tod
Die Auswertung ergab, dass Weibchen, die drei oder mehr solcher Erfahrungen in ihrer Kindheit gemacht hatten, im Schnitt mit neun Jahren starben. Weibchen, die nur eine schlechte Erfahrung gemacht hatten, wurden hingegen mehr als doppelt so alt. Und Tiere mit einer ganz und gar unbeschwerten Kindheit erreichten sogar ein Alter von durchschnittlich 24 Jahren. Die am schwersten traumatisierten Tiere bekamen im späteren Leben auch weniger Nachwuchs, berichten die Forscher weiter.
In einer Mitteilung der Duke University nennen die Wissenschaftler ein Beispiel: Die Weibchen "Puma" und "Mystery" seien beide in sehr trockenen Jahren geboren und hätten schon im Alter von zwei Jahren ihre Mütter verloren. "Puma" sei mit sieben von einem Leopard erlegt worden, "Mystery" im Alter von 14 Jahren spurlos verschwunden. Sie habe ein einzelnes Kind zurückgelassen, das kurze Zeit später ebenfalls starb.
Ursache unbekannt
Auf welchem Weg traumatische Erfahrungen das Leben verkürzen, wissen die Forscher noch nicht. Eine Rolle spiele sicherlich die Verknappung von Ressourcen, etwa in Dürrezeiten oder bei starker Konkurrenz unter den Tieren. Aber auch die soziale Interaktion unter den Tieren scheint mit der Lebenserwartung im Zusammenhang zu stehen. So hätten frühere Studien gezeigt, dass sozial isolierte Weibchen früher sterben. Passend dazu fanden die Forscher in der jetzt vorgestellten Untersuchung, dass die traumatisierten Tiere im späteren Leben weniger soziale Kontakte zu anderen Weibchen hatten.
Die Wissenschaftler vermuten, dass ähnliche Mechanismen auch beim Menschen die festgestellte Verkürzung der Lebenszeit durch frühe traumatische Erfahrungen auslösen. Viele Fachleute nehmen demnach an, dass Menschen mit einer schweren Kindheit im späteren Leben häufiger zu Alkohol oder Drogen greifen und deshalb früher sterben. Bei Pavianen schieden diese Erklärungen aus. Sie seien vermutlich nur ein Teil der Wahrheit, sagt Studienleiterin Susan Alberts von der Duke University.
Quelle: ntv.de, Anja Garms, dpa