BfR: Keine Gefahr für Verbraucher Mehrere Biersorten mit Glyphosat belastet
25.02.2016, 10:07 Uhr
14 Biersorten wurden vom Münchner Umweltinstitut getestet.
(Foto: dpa)
Das Münchner Umweltinstitut findet in verschiedenen Bieren Rückstände des Pestizids Glyphosat - bis zu 300-fach über dem gesetzlichen Grenzwert für Trinkwasser. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht darin jedoch keine Bedrohung.
Mehrere deutsche Biere sind einer Untersuchung des Münchner Umweltinstituts zufolge mit dem Pestizid Glyphosat belastet. Beim Test von 14 der beliebtesten Biermarken Deutschlands wurden Spuren des Unkrautvernichters gefunden. Die Werte lagen zwischen 0,46 und 29,74 Mikrogramm pro Liter und damit im extremsten Fall fast 300-fach über dem gesetzlichen Grenzwert für Trinkwasser von 0,1 Mikrogramm. Einen Grenzwert für Bier gibt es allerdings nicht. Das Pflanzengift steht im Verdacht, krebserregend zu sein.
Glyphosat ist ein Pestizid, genauer gesagt ein Herbizid, also ein Pflanzenvernichtungsmittel.
DIE WIRKUNG: Glyphosat hemmt in Pflanzen ein wichtiges Enzym, das beim Menschen nicht vorkommt. Es wird meist vor dem Auspflanzen eingesetzt, um die Nutzpflanzen nicht zu gefährden. Außerhalb Deutschlands gibt es gentechnisch veränderte Nutzpflanzen wie Mais, die gegen Glyphosat resistent sind. DIE WARNUNG: Die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO (IARC) stufte Glyphosat Ende Juli 2015 als wahrscheinlich krebserregend ein. Sie bezieht sich dabei vor allem auf Ergebnisse von Tierversuchen. DIE ENTWARNUNG: Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) kam im November 2015 zu dem Schluss, es sei "unwahrscheinlich, dass von Glyphosat eine Krebsgefahr ausgeht". Einer ihrer Experten habe dieser Aussage aber nicht zugestimmt.
"Ein Stoff, der wahrscheinlich krebserregend ist, hat weder im Bier noch in unserem Körper etwas verloren", erklärte Sophia Guttenberger vom Umweltinstitut. Der Deutsche Brauer-Bund kündigte eine Stellungnahme an. Marike Kolossa, Leiterin des Fachgebiets gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung im Umweltbundesamt, sagte dazu, da nach wie vor zwischen Experten nicht abschließend geklärt sei, ob Glyphosat Krebs beim Menschen erregen könne, sei eine Belastung des Menschen "nicht wünschenswert".
Glyphosatrückstände erwartbar
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hingegen sieht keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher. Glyphosatrückstände in Bier seien aus wissenschaftlicher Sicht plausibel und grundsätzlich erwartbar, da Glyphosat ein zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff sei. Selbst die höchsten Werte von rund 30 Mikrogramm pro Liter seien jedoch so niedrig, dass die rechnerisch resultierende Aufnahmemenge bei einem Erwachsenen mehr als 1000-fach niedriger liegen würde als die derzeit als unbedenklich geltenden Aufnahmemengen, teilte das BfR mit. "Um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener an einem Tag rund 1000 Liter Bier trinken."
Der Deutsche Brauer-bezeichnete die Studie als nicht glaubwürdig. Der Vorwurf des Umweltinstitutes, die Brauereien würden ihre Rohstoffe nicht ausreichend kontrollieren, sei "absurd und völlig haltlos", hieß es. Man betreibe einen hohen Aufwand, um die vier natürlichen Rohstoffe Wasser, Malz, Hopfen und Hefe, die nach dem Reinheitsgebot zum Brauen verwendet werden, auf mögliche Schadstoffe zu kontrollieren.
Der Deutsche Bauernverband wies die Verantwortung von sich. "Wir haben in Deutschland das weltweit strengste Pflanzenschutzgesetz", sagte ein Sprecher in Berlin. Nach Angaben des Bauernverbands sei der Einsatz bei der Vorerntebehandlung von Braugerste hierzulande verboten. Möglich sei jedoch, dass Bauern den Boden vor dem Einbringen des Saatguts mit glyphosathaltigen Mitteln behandeln, um diesen von Unkraut zu befreien. "Wenn das Pestizid beim Einsäen noch vorhanden wäre, würde nichts wachsen", erklärte der Sprecher. Möglich sei aber, dass Spuren von Glyphosat durch den Import von Braugerste Eingang in die Produktionskette gefunden hätten. Demnach werden in Deutschland jährlich rund eine Million Tonnen Braugerste angebaut. Eine ebenso große Menge wird importiert - hauptsächlich aus Frankreich, Dänemark und Großbritannien.
Brauerei: "Absurd und völlig haltlos"
Der Brauerei-Riese Anheuser-Busch InBev bezeichnete die Testergebnisse des Umweltinstituts als nicht nachvollziehbar und nicht plausibel. Vorwürfe des Instituts über nicht ausreichende Brauereikontrollen der Rohstoffe seien absurd und völlig haltlos, teilte ein Unternehmenssprecher in Bremen mit. Er verwies auf Untersuchungen des Bundesinstituts für Risikobewertung, wonach Glyphosat-Spuren in Lebensmitteln als gesundheitlich unbedenklich eingestuft seien. Zu Anheuser-Busch gehören die Marken Beck's und Hasseröder Pils sowie Franziskaner Weißbier. Hasseröder hatte nach Angaben des Umweltinstitutes mit 29,74 Mikrogramm pro Liter den höchsten Glyphosat-Wert.
Das Umweltinstitut hatte zunächst mit der sogenannten Elisa-Methode messen lassen, die zwar bei niedrigen Werten anspricht, aber nicht unumstritten ist. Die drei Biere mit Werten ab 20 Mikrogramm pro Liter waren mit der weniger sensiblen LC-MS/MS-Methode gegengecheckt worden. Die Werte bestätigten sich. Mit der Elisa-Methode gemessene und dann mit der LC-MS/MS-Methode bestätigte höhere Werte können als nachgewiesen gewertet werden, sagte Kolossa. Sie berichtete auch, dass bei Studien mit Studenten in den vergangenen 15 Jahren die Belastung mit Glyphosat im Urin gestiegen sei.
Quelle: ntv.de, mli/dpa