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Forschende lösen uraltes Rätsel Ursprungsort des Schwarzen Todes entdeckt

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Siedlungen am Issyk-Kul-See waren vermutlich die ersten Orte, wo unter Menschen im 14. Jahrhundert die Pest ausbrach.

Siedlungen am Issyk-Kul-See waren vermutlich die ersten Orte, wo unter Menschen im 14. Jahrhundert die Pest ausbrach.

(Foto: PantherMedia / Rui Vale de Sousa)

Schon bei der großen Pest im späten Mittelalter beschäftigte Menschen die Frage, wo die Pandemie ihren Anfang nahm. Sieben Jahrhunderte später scheint die Antwort gefunden. Die entscheidende Spur liefern Grabsteine und menschliche Gebeine.

Im 14. Jahrhundert starben 60 Prozent der Westeuropäer innerhalb von acht Jahren am sogenannten Schwarzen Tod, der Pest. Ähnlich wie beim Coronavirus wurde lange darüber spekuliert, wo diese verheerende Pandemie ihren Anfang nahm. Ein internationales Forschungsteam hat auf diese Frage nun die Antwort gefunden. Ihre Erkenntnisse haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Nature" publiziert.

Eine der populärsten Theorien vermutete die Infektionsquelle in Ostasien, insbesondere in China. Allerdings stammten die einzigen bisher verfügbaren archäologischen Funde aus Zentralasien. Die Funde aus der Nähe des Issyk-Kul-Sees im heutigen Kirgisistan zeigten, dass in den Jahren 1338 und 1339 eine Epidemie eine lokale Gemeinschaft heimsuchte.

Vor fast 140 Jahren wurden dort in syrischer Sprache beschriftete Grabsteine gefunden, die darauf hindeuten, dass Menschen in diesen Jahren an einer unbekannten Epidemie oder "Pest" starben. Außerdem gab es überdurchschnittliche viele Beerdigungen in einem sehr kurzen Zeitraum.

Eindeutiger Beweis für Ursprung der Pest

In ihrer Studie analysierte das internationale Forscherteam deshalb alte DNA aus menschlichen Gebeinen sowie historische und archäologische Daten von zwei Orten, an denen "Pest"-Inschriften gefunden wurden. Bei drei von sieben Personen mit der Jahreszahl 1338/39 auf ihren Grabsteinen konnten sie das Pestbakterium Yersinia pestis nachweisen. Dabei handelte es sich um Vorläufer aller anderen bekannten Pest-Genome aus dem 14. Jahrhundert.

"Wir konnten endlich zeigen, dass die auf den Grabsteinen erwähnte Epidemie tatsächlich durch die Pest verursacht wurde", wird Phil Slavin, einer der leitenden Autoren der Studie und Historiker an der University of Stirling, Großbritannien, in einer Mitteilung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie zitiert.

Expertinnen und Experten vermuteten vor der weltweiten Verbreitung der Pest im 14. Jahrhundert eine Art Urknallereignis, in dessen Folge es zu einer massiven Diversifizierung von Peststämmen gekommen sein könnte. Dieses Ereignis ordnet das Forschungsteam dem Fund aus der Nähe des Issyk-Kul-Sees zu. Die alten Bakterienstämme aus Kirgisistan seien genau am Knotenpunkt dieses massiven Diversifizierungsereignisses positioniert, meint die Tübinger Archäogenetikerin Maria Spyrou. "Mit anderen Worten, wir haben den Ursprungsstamm des Schwarzen Todes gefunden und kennen sogar sein genaues Datum."

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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind auch der Frage nachgegangen, wie der Peststamm an diesen Ort kam. Hat er sich lokal entwickelt oder von anderswo in dieser Region verbreitet? Sie verweisen darauf, dass das Pestbakterium innerhalb wilder Nagetierpopulationen auf der ganzen Welt überlebt, in sogenannten Pestreservoirs.

Daher müsse der alte zentralasiatische Stamm, der 1338/39 die Epidemie um den Issyk-Kul-See verursachte, aus einem solchen Reservoir stammen. "Wir fanden heraus, dass moderne Stämme, die am engsten mit dem alten Stamm verwandt sind, heute in Seuchenreservoirs rund um das Tian-Shan-Gebirge gefunden werden, also sehr nahe an dem Ort, an dem der alte Stamm gefunden wurde. Das deutet auf einen Ursprung des Vorfahren des Schwarzen Todes in Zentralasien hin", erklärt Johannes Krause, Erstautor der Studie und Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.

(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 16. Juni 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, sba

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