Woher kommt die schlechte Luft? Jetzt warnt das Umweltbundesamt sogar vorm Joggen
12.02.2025, 17:52 Uhr Artikel anhören
Im Winter ist die Luftqualität in Deutschland besonders schlecht. Das liegt am Wetter und am Verhalten der Menschen.
(Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto / ntv.de, lst)
Deutschland ist seit Tagen in eine unsichtbare Smog-Wolke gehüllt. Jetzt warnt das Umweltbundesamt (UBA) sogar vor anstrengenden Aktivitäten im Freien. Denn die Feinstaubbelastung ist hoch, die Luft so schlecht wie seit Jahren nicht mehr. Woran liegt das? Und wann ist Besserung in Sicht? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie steht es aktuell um die Luftqualität in Deutschland?
Deutschland sieht rot - zumindest, wenn man sich die Feinstaubkarte des UBA ansieht: Die Luftqualität ist dramatisch schlecht. Und das schon seit Tagen. In weiten Teilen der Bundesrepublik überschreitet die Feinstaubkonzentration die Höchstgrenze von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter. Bezogen sind die alarmierenden Werte auf Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern (PM2,5), die tief in die Lunge eindringen können.
Warum ist die Luft derzeit so schlecht?
Der Ausstoß von Feinstaub ist dem UBA zufolge im Winter größer, weil mehr Energie benötigt wird. Feinstaub entsteht beim Verbrennen von fossilen Kraftstoffen, unter anderem in Kohle- und Gaskraftwerken, aber auch im Straßenverkehr oder in Holzöfen. In den Wintermonaten wird mehr geheizt, dadurch werden mehr Schadstoffe in die Atmosphäre geblasen.
Das allein erklärt die derzeit dramatisch schlechte Luft jedoch nicht. Der Feinstaubausstoß ist in der kalten Jahreszeit schließlich immer höher. Vielmehr kommt ein weiterer Aspekt hinzu, der die aktuelle Lage verschärft: die vorherrschenden Wetterbedingungen. Diese entscheiden darüber, "ob die Schadstoffe schnell in der Luft verteilt werden oder sich über Tage anreichern können", schreibt das UBA auf seiner Website.
In der aktuellen winterlichen Hochdruckwetterlage ist der Luftaustausch auf wenige hundert Meter eingeschränkt, heißt es dort weiter. Zudem ist es nahezu windstill und trocken. Die Schadstoffe sind in solchen Situationen in den unteren Luftschichten "gefangen". "Wir waren die letzten Jahre verwöhnt, weil wir zwei wärmere Winter mit viel Wind und Regen hatten. Da gab es solche Situationen nicht", sagt Ute Dauert, Leiterin des Fachgebietes Beurteilung der Luftqualität beim UBA, der "Bild"-Zeitung. "Jetzt haben wir einen kalten Winter, einen typischen Winter für Mitteleuropa, bei dem viel geheizt wird und sich die Schadstoffe durch die Wetterlage stauen."
Warum scheint der Osten Deutschlands stärker betroffen zu sein?
Eine große Feinstaubwolke zieht auch aus polnischen Kohlekraftwerken und privaten Kohleheizungen des Nachbarn zu uns. "Circa 50 Prozent des Feinstaubs in Berlin kommt aktuell aus Polen, 12 Prozent aus Deutschland", sagt Dauert. Und die Schadstoffe breiten sich weiter in den Nordwesten und Süden aus: In Hamburg liegt der Anteil des Feinstaubs aus Polen bei 35 Prozent, in Dresden und Hannover immerhin noch bei 25 Prozent.
"Feinstaubpartikel haben eine Lebenszeit von einigen Tagen, insbesondere bei trockenen Bedingungen ohne Niederschlag", sagt Hartmut Herrmann vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung der "Bild"-Zeitung. "Daher können Partikel, aber auch anderer Luftschadstoffe aus Osteuropa zu uns transportiert werden."
Welche Folgen hat die hohe Feinstaubbelastung für Menschen?
"Vom Joggen würde ich in diesen Tagen eher abraten", so Dauert. In Gebieten mit einem schlechten Luftqualitätsindex gelte die Warnung vor allem für Menschen mit Vorerkrankungen, dort, wo der Wert "sehr schlecht" ist, für alle. Der Grund: Wer sportlich draußen unterwegs ist, atmet mehr und inhaliert somit mehr Feinstaub ein. Im Zweifel sollte man lieber spazieren gehen, weil man dann deutlich weniger Luft einatmet.
Wie gefährlich ist Feinstaub?
Die winzigen Feinstaubpartikel können tief in die Lunge eindringen und auch in den Blutkreislauf gelangen. Dies kann zu ernsthaften Gesundheitsproblemen, darunter Lungenerkrankungen, Herzinfarkt und Demenz führen. Meist sind Menschen betroffen, die über einen längeren Zeitraum in Gebieten leben, die unter hoher Feinstaubbelastung stehen; etwa Menschen, die an einer viel befahrenen Straße wohnen. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) steigt bereits bei einem Anstieg der Feinstaubkonzentration von 10 Mikrogramm pro Kubikmeter das Risiko zu versterben um 8 Prozent.
Die Deutsche Umwelthilfe hat jetzt erstmals Zahlen zu Todesfällen durch Luftschadstoffe veröffentlicht. In absoluten Zahlen ist Berlin wenig überraschend trauriger Spitzenreiter der Statistik. In der Bundeshauptstadt sterben jedes Jahr 3527 Menschen aufgrund der hohen Feinstaubbelastung und 1414 aufgrund von Stickstoffdioxid (NO2). Mit 150 Todesfällen je 100.000 Einwohnern verzeichnen jedoch Bottrop und der Landkreis Görlitz die meisten Toten durch Feinstaub gemessen an der Bevölkerungszahl. Bei dem Dieselabgasgift NO2 führt die Stadt Duisburg die Liste mit 80 Todesfällen je 100.000 Einwohnern an.
Selbst die am wenigsten verschmutzten Regionen Deutschlands verzeichnen laut Deutscher Umwelthilfe jedes Jahr Dutzende Todesfälle: Die Vulkaneifel erreicht deutschlandweit den niedrigsten Wert bei Todesfällen aufgrund von Feinstaub - mit 84 Toten je 100.000 Einwohnern. Im Landkreis Vorpommern-Rügen sterben nur 22 Menschen je 100.000 Einwohner jedes Jahr aufgrund von NO2.

Für den 13. Februar 2025 erwartet das Umweltbundesamt fast deutschlandweit sehr hohe Feinstaubwerte.
(Foto: Umweltbundesamt)
Wann war die Belastung zuletzt so hoch?
Erhöhte Feinstaubwerte waren laut den Daten des UBA zuletzt zwischen dem 10. und 11. Januar 2024 in weiten Teilen Deutschlands gemessen worden. Die Luft im Norden Deutschlands blieb damals aber weitaus klarer als in diesen Tagen. Auch die erhöhten Messwerte in der Woche des 10. Februar 2023 erscheinen im Vergleich zur aktuellen Lage weniger bedenklich. Eine nahezu flächendeckende Dunstglocke gab es damals nur an einem Tag.
Wann wird die Luftqualität wieder besser?
Eine deutliche Verbesserung der Luftqualität kommt erst mit einem Wetterumschwung, also dem Wechsel zu einer Tiefdruckwetterlage mit Wind, Regen oder Schnee, wie es auf der Website des UBA heißt. "Aktuell wird der Feinstaub im Süden vom Regen bereits ganz gut herausgewaschen, sodass die Belastung hier schon nachlässt", sagt ntv-Meteorologe Martin Pscherer. "Und auch im großen Rest bringt das verantwortliche Tief Max zumindest stellenweise Schauer und etwas Besserung." Diese wechselhaftere Wetterlage hält demnach noch bis Freitag. Zum Wochenende wird es Pscherer zufolge wieder ruhiger.
Quelle: ntv.de