Theoretische Berechnungen Wie viel Strom erzeugen schwimmende Solarzellen?
06.06.2024, 17:10 Uhr Artikel anhören
Im Silbersee III in Haltern gibt es die größte schwimmende Solaranlage in Deutschland.
(Foto: picture alliance / blickwinkel/M. Woike)
Durch die Erzeugung von Solarstrom wird die Umwelt geschont. Forschende berechnen nun, wie viel Strom in bestimmten Ländern durch Solarzellen, die in Seen schwimmen, erzeugt werden könnten. Doch bevor dazu übergegangen wird, müssen noch die Auswirkungen auf die Ökosysteme geklärt werden.
Einer theoretischen Berechnung zufolge könnten manche Länder nahezu ihren gesamten Strombedarf mit schwimmenden Solarzellen auf Seen decken. Dazu zählten Papua-Neuguinea, Äthiopien und Ruanda, berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal "Nature Water". Demnach könnten im Mittel einer vorsichtigen Schätzung zufolge rund 16 Prozent des Strombedarfs erzielt werden.
Positiver Nebeneffekt: Der Ausstoß von Treibhausgasen und damit die Geschwindigkeit des menschengemachten Klimawandels könnten vermindert werden, wenn herkömmliche Energiequellen ersetzt würden. Weitgehend unklar seien allerdings noch die möglichen Auswirkungen schwimmender Anlagen auf Süßwasserökosysteme, geben die Forschenden zu bedenken. Gerade auf natürlichen Seen seien daher vorab Umweltverträglichkeitsprüfungen nötig.
Großteil könnte so gedeckt werden
Der Einsatz schwimmender Photovoltaikanlagen biete Vorteile vor allem in Ländern mit niedrigem Einkommen und viel Sonnenschein, aber durchaus auch in europäischen Ländern, heißt es in der Analyse. Der Berechnung zufolge könnte auch in Bolivien (87 Prozent) und Tonga (92 Prozent) ein Großteil des Strombedarfs auf diese Weise gedeckt werden, in vielen Ländern Afrikas, der Karibik, Südamerikas und Zentralasiens seien es zwischen 40 und 70 Prozent. Im Norden Europas liegen die Werte niedriger: für Finnland zum Beispiel bei 17 Prozent, für Dänemark bei 7 Prozent.
Das Team um Iestyn Woolway von der Bangor University im walisischen Menai Bridge berechnete die potenzielle Leistung schwimmender Photovoltaikanlagen unter Einbeziehung regionaler Klimadaten für fast 68.000 natürliche Seen und künstlich angelegte Gewässer weltweit. Berücksichtigt wurden nur Gewässer, die nicht mehr als zehn Kilometer von einem Bevölkerungszentrum entfernt und nicht in einem Schutzgebiet lagen, nicht austrockneten und nicht länger als sechs Monate im Jahr zufroren. Berechnet wurde jeweils die theoretisch mögliche Leistung, wenn 10 Prozent der Seefläche mit Solarzellen bedeckt würden, maximal aber 30 Quadratkilometer.
Die Leistung schwankte je nach Höhenlage, Breitengrad und Jahreszeit. Der Berechnung zufolge summiert sie sich für die berücksichtigten Gewässer auf insgesamt rund 1300 Terawattstunden (TWh) pro Jahr - etwa das Vierfache des jährlichen Strombedarfs Großbritanniens.
Vorteile von schwimmenden Solaranlagen
Schwimmende Photovoltaikanlagen hätten eine Reihe von Vorteilen gegenüber Solaranlagen an Land, erläutern die Forschenden. So bleibe Land für andere Nutzungen frei und die Module würden vom Wasser gekühlt, was sie effizienter mache. Ein möglicher Vorteil sei auch, dass weniger Wasser aus den Seen verdunste. Die Auswirkungen auf Umwelt und Natur müssten noch detailliert untersucht werden - wahrscheinlich seien kaskadenartige Folgen für das gesamte Ökosystem. Die Richtung dieser Änderungen sei aber ebenso wie das zu erwartende Ausmaß bisher unklar.
"Wir wissen immer noch nicht genau, wie schwimmende Paneele das Ökosystem eines natürlichen Sees unter verschiedenen Bedingungen und an verschiedenen Orten beeinflussen könnten", sagte Woolway. "Aber der potenzielle Gewinn an Energieerzeugung durch schwimmende Photovoltaikanlagen ist klar, also müssen wir diese Forschung in Gang setzen, damit diese Technologie sicher eingesetzt werden kann."
Quelle: ntv.de, Annett Stein, dpa