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NASA beschießt Asteroiden Showdown für echtes Armageddon-Manöver

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Der Plan: Die NASA-Sonde "DART" soll auf dem Asteroiden Dimorphos (l.) einschlagen und dadurch dessen Flugbahn verändern.

Der Plan: Die NASA-Sonde "DART" soll auf dem Asteroiden Dimorphos (l.) einschlagen und dadurch dessen Flugbahn verändern.

(Foto: NASA/Johns Hopkins APL/Steve Gribben)

Dass Menschen versuchen, Asteroiden abzuwehren, kennt man bisher nur aus Hollywood-Filmen. Doch die NASA macht nun Ernst: In der Nacht startet der erste Versuch einer planetaren Asteroiden-Abwehr. Wie es ausgehen wird, ist allerdings noch völlig offen.

Vor etwa 66 Millionen Jahren löschte der Einschlag eines gewaltigen Asteroiden die Dinosaurier aus, so eine gängige Theorie. Und die Gefahr durch größere und kleinere Brocken aus dem All besteht noch heute. Im Jahr 2013 etwa explodierte über dem russischen Tscheljabinsk ein recht kleiner Asteroid - doch die Schockwelle war in sechs Städten zu spüren. Der Bedrohung will die US-Raumfahrtbehörde NASA etwas entgegensetzten, was bisher nur aus Filmen wie "Armageddon" bekannt ist: eine planetare Asteroiden-Abwehr. Der erste Test steht nun kurz bevor.

Am Dienstag um 1.14 Uhr MESZ soll es so weit sein: Mit einer Geschwindigkeit von mehr als 23.000 Kilometern pro Stunde soll die NASA-Sonde "DART" auf dem Asteroiden Dimorphos einschlagen. Dieser ist etwa 160 Meter groß und kreist wie ein Mond um einen größeren Brocken namens Didymos. Der Asteroid stellt zwar keine Gefahr für die Erde dar, eignet sich aber hervorragend als Testobjekt. Die Kollision findet in elf Millionen Kilometern Entfernung zur Erde statt. Die NASA wird das Ereignis live im Internet übertragen.

Auch Kai Wünnemann vom Museum für Naturkunde in Berlin wird alles mitverfolgen. Der Meteoritenforscher ist Teil des internationalen "DART"-Wissenschaftsteams. "Das ist schon spannend. Ich hoffe, wir treffen", sagte Wünnemann zu ntv.de. Sollte die Sonde den Asteroiden tatsächlich verfehlen, wird sie erst in zwei Jahren die Chance auf einen zweiten Versuch haben. Doch Wünnemann ist zuversichtlich, dass alles klappt.

Mini-Sonde fotografiert die Folgen

Bei dem geplanten Einschlag wird die rund 600 Kilogramm schwere, würfelförmige Sonde vollständig zerstört. Ob sie tatsächlich erfolgreich war, soll die Begleiter-Sonde "LICIACube" feststellen, die vor etwa zwei Wochen abgesetzt wurde. Der italienische "LICIACube" fliegt etwa drei Minuten nach dem Zusammenstoß an Dimorphos vorbei und versucht, die beim Einschlag ausgeworfene Staubwolke zu fotografieren - und im besten Fall auch den entstandenen Krater.

Ob es wirklich gelingt, mit der gezielten Kollision den knapp fünf Millionen Tonnen schweren Asteroiden von seiner Bahn abzulenken, dürfte aber erst in ein paar Wochen oder Monaten feststehen. Teleskope auf der Erde und Satelliten im All werden Dimorphos beobachten und messen, ob er nach dem Experiment etwas schneller um Didymos kreist als zuvor. Ist das der Fall, wurde die Bahn erfolgreich verändert. Von der Erde aus kann dies gut beobachtet werden, da Dimorphos bei jeder Umrundung vor dem größeren Didymos vorbeizieht und ihn dabei etwas verdunkelt.

Wie stark die Bahnveränderung genau sein wird, ist aber völlig offen. Das liegt daran, dass man bisher nur wenig über Dimorphos weiß. Unbekannt ist, ob es sich um einen massiven, harten Felsen, oder um einen porösen, lose zusammenhängenden Schutthaufen handelt. Die Beschaffenheit hat jedoch großen Einfluss darauf, wie stark der Asteroid durch den Einschlag abgelenkt wird. "Bei einem harten Himmelskörper ist es wie beim Billardspiel, es wird viel Impuls übertragen. Ist der Asteroid jedoch eher weich, dann ist es, als würde man auf einen Schwamm hauen", erklärt Wünnemann.

Gewissheit erst in einigen Jahren

Bis man die Folgen des Crashs genau berechnen kann, werden wohl noch ein paar Jahre verstreichen. Erst im Jahr 2024 soll sich die europäische Sonde "HERA" auf den Weg zu dem Asteroiden-Gespann machen und 2026 dort ankommen. "HERA" misst dann vor Ort die Masse von Dimorphos und die genaue Größe des Einschlagkraters. "Erst mit 'HERA' wissen wir, wie groß die Masse des Körpers ist. Und dann wissen wir auch, wie viel Energie sich in wie viel Bahnänderung ausgewirkt hat", sagt Wünnemann, der an der "HERA"-Mission führend beteiligt ist.

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Die Forscher erhoffen sich von den Experimenten wichtige Erkenntnisse für eine zukünftige planetare Abwehr. Diese könnte womöglich mal nützlich werden: Immerhin wurden bisher rund 27.000 Asteroiden in der Nähe unseres Planeten identifiziert, davon rund 10.000 mit einem Durchmesser von mehr als 140 Metern. Experten gehen aber davon aus, dass es in den kommenden 100 Jahren keine Probleme mit größeren Brocken geben wird. Aber falls doch, will die NASA vorbereitet sein.

Ein wichtiges Ergebnis der "DART"-Mission werde auch sein, bis zu welcher Größenklasse von Asteroiden diese Technik wirke, so Wünnemann. Er schätzt, dass man so bis zu 200 Meter große Brocken erfolgreich ablenken könnte, um einen Einschlag auf der Erde zu verhindern. Vielleicht auch größere, wenn die Vorwarnzeit entsprechend lang ist. Allerdings: Gegen einen zehn Kilometer großen Asteroiden, wie jenem, der vermutlich die Dinosaurier auslöschte, sei nach heutigem Stand der Technik nichts zu machen.

Quelle: ntv.de

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