"Noch in diesem Jahrzehnt" ESA-Chef will bald Europäer auf dem Mond sehen
18.09.2022, 12:13 Uhr
Der Mond werde sich zu einem neuen Wirtschaftsraum entwickeln, erwartet Aschbacher.
(Foto: picture alliance / Xinhua News Agency)
Zuletzt landen US-Astronauten 1972 auf dem Mond. Bei der nächsten Mission sollen erstmals auch europäische Raumfahrer mit von der Partie sein - am besten noch in diesem Jahrzehnt, hofft ESA-Chef Aschbacher. In der Erschließung des Mondes sieht er großes ökonomisches Potenzial.
Bis 2030 sollen auch Astronauten oder Astronautinnen aus Europa zum Mond fliegen. Das betonte der Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA, Josef Aschbacher in einem Interview mit der Deutschen Presse Agentur. Entsprechende Verhandlungen mit der US-Raumfahrtagentur NASA dazu liefen bereits. Eine feste Zusage gebe es aber noch nicht, so Aschbacher.
Die ESA ist am aktuellen "Artemis"-Programm der US-Raumfahrtagentur NASA beteiligt, mit dem nach 50 Jahren erstmals wieder Menschen den Erdtrabanten betreten sollen. Derzeit seien drei Flüge von ESA-Astronautinnen und -Astronauten vereinbart, die zur geplanten Station in der Mondumlaufbahn, dem "Lunar Gateway", gebracht werden sollen. Ob die Beteiligten auch auf dem Mond selbst landen werden, hänge davon ab, in welchem Umfang sich die ESA an Kooperationen beteilige und entsprechend investiere, erklärte Aschbacher. "Wenn wir zum Beispiel wichtige Beiträge zum 'Artemis'-Programm leisten, kann ich das bei Verhandlungen auf den Tisch legen."
"Artemis"-Team der ESA noch in der Auswahl
Noch hat die ESA nicht bekannt gegeben, wer an der Mission teilnehmen wird. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst gilt als ein aussichtsreicher Kandidat. Von einem internen Wettbewerb der europäischen Raumfahrerinnen und Raumfahrer bei der Auswahl der Teilnehmenden hält er jedoch nichts. "Wir sind alle gut befreundet im Astronautenkorps", sagte der 46-Jährige nach einer mehrtägigen Expedition im Nördlinger Ries, einem fast 15 Millionen Jahre alten Meteoritenkrater in Bayern und Baden-Württemberg. "Es hängt nicht davon ab, dass man besser sein muss als der andere, um früher fliegen zu können." Für die Mission kämen derzeit sieben Astronautinnen und Astronauten infrage.
Europa sei ein wichtiger Teil der neuen Mondmissionen, betonte Gerst. "Wir fliegen nicht als Gäste mit, sondern wir bauen die Hälfte des Raumschiffes", sagte er. Der Geophysiker, Vulkanologe und frühere ISS-Kommandant hatte mit der NASA-Anwärterin Stephanie Wilson rund um Nördlingen Gesteinsproben untersucht. Sie könnte die erste Frau werden, die die Mondoberfläche betritt. Seit einem halben Jahrhundert bereiten sich immer wieder Astronautinnen und Astronauten in dem Krater in Deutschland auf Raumflüge vor, um auf dem Mond Proben sammeln zu können. "Jede Art von Gesteinen hat eine eigene Geschichte", sagte Gerst. Ein Meteoriteneinschlag wie bei Nördlingen hinterlasse andere Steine als ein früherer Vulkan.
Mond könnte Wirtschaftsraum werden
In der Erschließung des Mondes sieht Aschbacher große Chancen. "Wir haben eine gewisse Vorstellung, welche ökonomischen Vorteile uns das bringen kann", sagte er. Allerdings könne man das volle Potenzial momentan noch nicht ganz abschätzen. "Ich bin aber persönlich überzeugt, dass es sich lohnt." Der Mond werde sich zu einem neuen Wirtschaftsraum entwickeln, der im nächsten Jahrzehnt voll zur Blüte gelangen werde. "Wir stehen erst am Beginn, dieses Mal den Mond nachhaltig für unsere Projekte zu nutzen. Als Columbus nach Amerika kam, wusste er zunächst auch nicht, was das alles heißt."
Für künftige Missionen bildet die ESA auch schon ihren Nachwuchs aus: Im November wird die neue Astronautenklasse bekannt gegeben. Fast 22.000 Bewerbungen hätten die ESA erreicht, so Aschbacher. Inzwischen habe man die Zahl auf 50 reduziert, die aussichtsreichsten Kandidatinnen und Kandidaten werde er dann im Oktober selbst interviewen. Ob auch Deutsche darunter sein werden, ließe sich aber noch nicht sagen.
Quelle: ntv.de, mbu/dpa