Hitzewellen weniger berechenbar Studie warnt vor chaotischen Sommern in Deutschland
31.10.2025, 18:17 Uhr Artikel anhören
Länder wie Deutschland müssen laut der Studie mit extremen, plötzlichen Hitzewelle rechnen.
(Foto: picture alliance / Panama Pictures)
Hitzewellen in Europa werden häufiger und heißer. Forschende warnen nun vor einem weiteren Effekt, welcher Hitzewellen auch unberechenbar macht. Betroffen davon sei auch Deutschland.
In Zukunft werden Hitzewellen in Deutschland und anderen Teilen Europas nicht nur häufiger und heißer - sie werden auch unberechenbar. Zu diesem Schluss kommt eine im Fachmagazin "Nature Communications" veröffentlichte Studie von Klimaforschern an der Universität Hamburg. Demnach verändern sich durch die Erderwärmung auch die natürlichen Klimaschwankungen.
"Europa ist ein echter Hotspot. Die Intensität von Hitzewellen nimmt hier drei- bis viermal schneller zu als in anderen Regionen der Nordhalbkugel", sagt der Erstautor der Studie, Goratz Beobide-Arsuaga, laut einer Mitteilung. Bisher habe man gedacht, diese Zunahme liege allein an steigenden Durchschnittstemperaturen. "Jetzt sehen wir, dass sich auch die innere Dynamik des Klimas verändert. Und das kann die Hitze weiter verstärken."
Für Mittel- und Nordeuropa bedeutet das laut der Studie ein instabileres Klima und extremere, plötzliche Hitzewellen. Der Hauptgrund: die Bodenfeuchte. In Deutschland, Polen, Tschechien oder etwa Dänemark wechseln sich im Sommer feuchte und trockene Phasen häufiger ab. Feuchte Böden kühlen zwar, aber nur, solange sie wirklich nass sind. Wenn sie zwischen feucht und trocken schwanken, können sie Hitzewellen verstärken. Verliert der Boden an Feuchtigkeit, verdunstet weniger Wasser, die Luft kühlt sich kaum ab und heizt sich noch stärker auf.
"Boden macht Atmosphäre unruhig"
Im Süden Europas hingegen, etwa in Spanien, Italien, Griechenland oder auf dem Balkan, sind die Böden bereits so trocken, dass sie bei weiterer Austrocknung kaum noch mit der Atmosphäre in Wechselwirkung treten. Es gibt schlicht kein Wasser mehr, das verdunsten und Einfluss auf das Wetter haben könnte. Dadurch werden die Schwankungen dort kleiner, die Temperaturen aber dauerhaft sehr hoch.
"Wenn der Boden noch reagieren kann, wird die Atmosphäre unruhig", erklärt Beobide-Arsuaga den Zusammenhang. Wenn der Boden völlig ausgetrocknet sei, beruhige sich das System auf hohem Niveau. "Darum erleben wir in Mitteleuropa zunehmend chaotische Sommer, die man früher eher im Süden kannte."
Veränderung schon zu spüren
Die Veränderung sei also schon zu spüren, mahnen die Forschenden. "In Zentraleuropa beobachten wir diese Entwicklung schon jetzt", so Beobide-Arsuaga. "Die vergangenen Sommer waren ungewöhnlich trocken, die Hitzewellen intensiver und sprunghafter - genau das Muster, das unsere Modelle für die kommenden Jahrzehnte vorhersagen."
Die Forschenden hatten für ihre Studie große Datensätze von Klimasimulationen analysiert, darunter rund 250 Rechenmodelle aus Deutschland, Frankreich, Kanada, Japan und Australien. Mit diesen Daten konnten die Forschenden erstmals den Effekt der sogenannten "internen Variabilität", also der natürlichen Schwankungen des Klimasystems, vom allgemeinen Erwärmungstrend trennen.
Die Schlussfolgerung laut den Forschenden: Es reiche nicht mehr, nur auf steigende Durchschnittstemperaturen zu reagieren. Länder wie Deutschland müssen sich auf weniger Berechenbarkeit einstellen. "Ein Sommer kann relativ mild verlaufen, der nächste aber plötzlich Rekordwerte sprengen", sagt Beobide-Arsuaga. "Die Variabilität selbst wird zum Risiko."
Quelle: ntv.de, kst