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Kein Endlager für Atommüll Warum Raumschiffe nicht zur Sonne kommen

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Die Sonde "Solar Probe Plus" soll sich in ein paar Jahren der Sonne annähern - was bereits sehr schwierig wird.

(Foto: Nasa)

Im Vergleich zu anderen Himmelskörpern ist die Sonne relativ nah an der Erde. Dennoch ist es fast unmöglich, eine Rakete in die Sonne hineinzufliegen, um etwa Atommüll sauber zu entsorgen. Das hat einen speziellen Grund.

Mehr als ein halbes Jahrhundert nach Beginn des Raumfahrtzeitalters hat die Menschheit schon zu allen großen Himmelskörpern im Sonnensystem eine Sonde geschickt. Auf einigen ist sie sogar gelandet. Man könnte meinen, unsere unmittelbare Nachbarschaft im All sei zum Vorgarten des Menschen geworden: Sogar Milliarden Kilometer entfernte Eiszwerge wie den Pluto bereisen wir und arbeiten bereits daran, die Rohstoffe auf Millionen Kilometern entfernten Asteroiden abzubauen. Eine andere Idee kursiert auch bereits seit Jahrzehnten in den Köpfen der Wissenschaftler - man könnte den schädlichen und für Millionen Jahre strahlenden Atommüll der Menschheit einfach in der Sonne entsorgen. Eine tolle Idee, die nur einen Haken hat: Es ist unglaublich schwierig, zur Sonne zu fliegen.

Mal abgesehen davon, dass es gefährlich ist, eine Rakete mit Atommüll zu beladen, um sie zur Sonne zu schicken - ein Unfall kurz nach dem Start würde sie zu einer gigantischen "schmutzigen Bombe" machen, die unsere Atmosphäre vergiften würde. Aber davon abgesehen: Es ist tatsächlich einfacher, zu fernen Sternen zu reisen, als eine Bruchlandung auf unserem Muttergestirn zu versuchen, wie dieses Video zeigt. Aber warum?

Man könnte annehmen, dass es sehr einfach ist, zur Sonne zu gelangen. Schließlich ist sie gigantisch und ihre enorme Anziehungskraft hält riesige Planeten wie Jupiter in ihren Bahnen. Eine in Richtung Sonne gestartete Rakete sollte doch schlicht von deren Gravitation aufgesaugt werden? Doch es gibt ein Problem: Die Erde bewegt sich auf ihrer Umlaufbahn mit hoher Geschwindigkeit um die Sonne herum - mit rund 30 Kilometern pro Sekunde, was verdammt schnell ist und mehr als 100.000 Kilometern pro Stunde entspricht. Jeder Rakete, die mit Atommüll beladen von der Erde aus startet, ist diese schnelle Seitwärtsbewegung bereits zu eigen. Fliegt sie in Richtung Sonne, würde sie davon so stark abgelenkt, dass sie den Stern in jedem Fall verfehlen würde.

Weite Umwege zur nahen Sonne

Natürlich gibt es eine hypothetische Lösung für das Problem: Die Rakete müsste zunächst von der Erde aus starten und mit mächtigen Triebwerken entgegen der Bewegungsrichtung der Erde beschleunigen, um diese ausgleichen. Das bedeutet, es müsste die erwähnten 30 Kilometer pro Sekunde erreichen - fast doppelt so schnell wie das schnellste heutige Raumschiff, die Pluto-Sonde "New Horizons". Technisch also eine enorme Herausforderung und mit heutigen Mitteln nicht umsetzbar - jedenfalls, wenn wir von einigen Tonnen Atommüll sprechen und nicht von lediglich ein paar Gramm. Denn je größer die Masse eines Raumschiffs, desto mehr Energie muss zu seiner Beschleunigung aufgewandt werden.

Es gäbe noch eine andere Möglichkeit, um das Problem zu umgehen: Je weiter ein Planet von der Sonne entfernt ist, desto geringer ist auch seine Seitwärtsbewegung um die Sonne herum. Der weit draußen im Sonnensystem kreisende Planet Pluto etwa bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von nur rund fünf Kilometern pro Sekunde um die Sonne. Das bedeutet, ein Atommüll-Raumschiff müsste sich erst ein gutes Stück von der Erde entfernen, etwa in die Nähe des Jupiters. Dort wäre es technisch machbar, das Raum-Gefährt auf die nötigen fast 50.000 Kilometer pro Stunde in die Gegenrichtung zu beschleunigen - und es danach von der Sonne einfach anziehen zu lassen. Der Atommüll wäre weg - allerdings würde dies für ein zig Tonnen schweres Raumschiff einen unglaublichen Aufwand bedeuten.

Nasa-Sonde Jahre zur Sonne unterwegs

Die US-Raumfahrtbehörde Nasa hatte sogar geplant, für die vergleichsweise leichte Sonnen-Sonde "Solar Probe" auf eben jenes Prinzip zurückzugreifen. "Solar Probe" sollte zum Jupiter fliegen, dort auf eine geringere Geschwindigkeit herunterbremsen, um schließlich der Sonne bisher unerreicht nahe zu kommen. Allerdings wurde der Plan aus Kostengründen aufgegeben. Man entschied sich mit "Solar Probe Plus" für eine andere Technik: Nach dem Start im Sommer 2018 soll mit sieben Swing-by-Manövern um die Venus die Sonde bis 2024 entsprechend abgebremst werden, um der Sonne besonders nahe kommen zu können.

Dies alles zeigt: Es ist für die Menschheit derzeit einfacher, zu anderen Sternen zu fliegen als zu unserer eigenen Sonne. Denn für Ersteres benötigt ein von der Erde aus gestartetes Raumschiff lediglich eine Geschwindigkeit von - technisch machbaren und bereits erreichten - rund 12 Kilometern pro Sekunde. Eine weitere Lehre aus dem Ganzen könnte sein, dass die Menschheit andere Wege suchen sollte, um ihren Atommüll loszuwerden. 

Quelle: ntv.de

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