Studie sieht komplexe Gründe Warum glauben Menschen an Verschwörungstheorien?
26.06.2023, 20:08 Uhr Artikel anhören
Die Corona-Pandemie hat viele Verschwörungstheorien befeuert.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Verschwörungserzählungen gibt es zu allen möglichen Themen. Eine Studie untersucht, warum Menschen ihnen anhängen. Sie sind demnach geleitet von einem Zusammenspiel aus persönlichen Motiven und Charaktereigenschaften.
Eigentlich lenkt eine geheime Elite die Geschicke der Welt, die Corona-Pandemie gab es nie und am 11. September 2001 hat die US-Regierung selbst die Twin Towers in New York zum Einsturz gebracht - das sind nur einige bekannte Verschwörungstheorien. Aber warum neigen manche Menschen dazu, sie zu glauben? Eine neue Studie, die im Fachblatt "Psychological Bulletin" erschienen ist, sieht den Grund dafür in einer Mischung aus Persönlichkeitsmerkmalen und Motivationen.
"Verschwörungstheoretiker sind nicht alle einfältig oder geistig verwirrt - ein Bild, das in der Popkultur häufig gezeichnet wird", sagt Hauptautorin Shauna Bowes von der Emory-Universität im US-Bundesstaat Atlanta laut einer Mitteilung. "Viele wenden sich Verschwörungstheorien zu, um unterdrückte Motivationen zu befriedigen und Not und Beeinträchtigung zu erklären."
Bestimmte Eigenschaften machen anfällig
Für ihre Untersuchung haben die Forscher Daten aus 170 Studien mit über 158.000 Teilnehmern hauptsächlich aus den USA, Großbritannien und Polen analysiert. Frühere Untersuchungen hätten meist die Persönlichkeit und die Motivation von Verschwörungsgläubigen getrennt betrachtet, sagt Bowes. Ziel der aktuellen Studie sei es, beide Faktoren gemeinsam zu untersuchen.
Die Forscher fanden heraus, dass bestimmte Charaktereigenschaften Menschen anfällig für Verschwörungstheorien machen. Wer ihnen anhängt, neige dazu, unsicher, paranoid, zurückgezogen, manipulativ und egozentrisch zu sein, schreiben sie in ihrer Studie. Im Umkehrschluss hätten Personen, die offen und gewissenhaft sind und ihre Emotionen kontrollieren können, eine deutlich geringere Tendenz zum konspirativen Denken.
Erklärungsmuster für komplexe Welt
Der Studie zufolge verfallen Menschen zudem häufiger in Verschwörungsdenken, wenn sie sich sozial bedroht fühlen. Wer seine eigene Lebenssituation als unsicher wahrnimmt, glaubt demnach eher an ereignisbezogene Verschwörungstheorien wie die, dass die Terroranschläge vom 11. September von der US-Regierung geplant worden seien. Weitere Motive sind das Bedürfnis, einfache Erklärungsmuster für eine zunehmend komplexe Welt zu erlangen und der Anspruch, sich gegenüber seinen Mitmenschen überlegen zu fühlen. Diese Personen sind empfänglicher für abstrakte, allgemeine Verschwörungstheorien über die Funktionsweise der Welt.
Künftige Forschungen sollten die Komplexität hinter konspirativem Denken mehr in den Blick nehmen, sagt Studienautorin Bowes. Nur wenn die Beziehungen zwischen Verschwörungstheorien, Motivation und Persönlichkeitsmerkmalen untersucht werden, lasse sich auch die gesamte Psychologie dahinter erfassen.
Quelle: ntv.de, mdi