Rekordteilnahme an Zählaktion Weniger Vögel in Deutschland und ganz Europa
30.01.2019, 11:50 Uhr
Der Haussperling belegt den Spitzenplatz als häufigster Wintervogel in Deutschlands Gärten.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die "Stunde der Wintervögel" ist laut Nabu inzwischen Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmach-Aktion. Die diesjährige Wintervogel-Zählung ergibt die zweitniedrigste Zahl nach dem Rekordminus von 2017. Auch eine aktuelle Studie zur Zahl der Feld- und Wiesenvögel in Europa zeigt denselben Trend.
In Deutschlands Gärten und Parks sind in diesem Jahr weniger Wintervögel zu sehen. Zehntausende Naturliebhaber meldeten im Januar im Schnitt 37 Vögel, die sie bei der Zählaktion "Stunde der Wintervögel" innerhalb von 60 Minuten beobachteten, teilte der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) mit. "Das ist die zweitniedrigste Zahl nach dem Rekordminus von 34,4 im Jahr 2017", sagte Bundesgeschäftsführer Leif Miller. 2011 seien noch fast 46 Vögel pro Garten gemeldet worden. Am häufigsten zu sehen waren 2019 Haussperlinge, gefolgt von Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise und Amsel.
Sorgen macht den Nabu-Vogelschützern vor allem die Amsel. Sie fuhr mit nur 2,67 Vögeln pro Garten 2019 ihr bisher schlechtestes Ergebnis ein. "Der sehr trockene Juli 2018 war schlecht für das Überleben der Jungvögel, da die Amseln kaum Regenwürmer finden konnten", sagte Nabu-Experte Lars Lachmann. Doch der Hauptgrund könnte die im Sommer 2018 grassierende Usutu-Epidemie sein. Das Virus aus Afrika, das vermutlich über Zugvögel eingeschleppt wurde, sorgt seit Mitte der Neunzigerjahre für kleinere Ausbrüche unter Vögeln in Europa, die oft mit einem Amselsterben einhergehen.
Neuer Teilnehmerrekord
Der Grund für das verstärkte Ausbleiben der Vögel könnte aber auch der relativ milde Winter sein. "Damit kommen weniger Vögel in die Gärten, weil sie in schneefreien Wäldern noch genug zu fressen finden", ergänzte Miller. Ob ein tatsächlicher Rückgang der Bestände die Ursache sein könnte, müsse aufmerksam verfolgt werden. In diesem Jahr hatten 138.000 Naturliebhaber die Ergebnisse ihrer Zählungen an den Nabu gemeldet. Das war ein neuer Teilnehmerrekord seit dem Start der großen wissenschaftlichen Mitmach-Aktion im Jahr 2011.
Vor allem die klassischen Futterhausbesucher wie Kohlmeisen, Blaumeisen, Sumpf- und Tannenmeisen ließen sich in diesem Winter seltener sehen. Doch auch die Zahlen anderer Waldvögel wie Kleiber, Eichelhäher, Buntspechte und Gimpel liegen niedriger als im langjährigen Mittel. Offenbar seien auch weniger Vögel aus dem Norden und Osten Europas nach Deutschland gekommen, da der Winter in ganze Europa bisher eher mild war, folgert der Nabu.
Immer weniger Feld- und Wiesenvögel in Europa
Auch eine andere, europaweite Untersuchung zeigt eine ähnliche Entwicklung: Die Zahl der Feld- und Wiesenvögel in Europa hat laut einer aktuellen Studie in den letzten Jahrzehnten dramatisch abgenommen. Der Bestand ging vom Beginn der Zählungen ab 1980 bis 2016 um 57 Prozent zurück, wie aus Daten des europaweiten Vogelmonitoringprogramms PECBMS hervorgeht. Von dem Rückgang betroffen waren zum Beispiel der Kiebitz und die Goldammer, ein typischer Bewohner der Feldmark mit Acker- und Grünland.
Als Hauptgrund für die Entwicklung sieht Petr Vorisek, der an dem Projekt beteiligt ist, die Intensivierung der Landwirtschaft. "Man sollte Agrarsubventionen so ausrichten, dass eine naturnahe Landwirtschaft gefördert wird", sagte der Zoologe von der Tschechischen Ornitologischen Gesellschaft. Zudem seien die Auswirkungen des Klimawandels immer stärker spürbar. Für die Studie wurden Daten aus 28 Ländern zu über 170 Arten zusammengetragen. Europaweit beteiligten sich tausende ehrenamtliche Helfer an der Erfassung der Brutvögel. Nach Angaben des Umweltbundesamts wird in Deutschland mehr als die Hälfte der Fläche landwirtschaftlich genutzt.
Weit besser als den Feldvögeln erging es den Waldvögeln, deren Bestand im beobachteten Zeitraum nur um sechs Prozent zurückging. Eine moderate Abnahme war unter anderem bei Tannenmeisen, Erlenzeisigen und Wintergoldhähnchen zu verbuchen. Die Zahl der Grauspechte und Kleiber nahm sogar leicht zu.
Quelle: ntv.de, abe/dpa