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Knick in der Männlichkeit Wenn ein krummer Penis zum Problem wird

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Die erworbene Penisverkrümmung ist eine Bindegewebserkrankung des Schwellkörpers. Dabei bilden sich knotige Narben (Plaques), die den Penis beim Aufrichten krümmen.

Die erworbene Penisverkrümmung ist eine Bindegewebserkrankung des Schwellkörpers. Dabei bilden sich knotige Narben (Plaques), die den Penis beim Aufrichten krümmen.

(Foto: picture alliance / fStop)

Das Stiefkind der Männergesundheit: ein krummer Penis. Jeder zehnte Mann hat einen Knick in seinem Geschlechtsteil, doch kaum jemand spricht darüber. Ein Urologe erklärt, was hinter der Krankheit steckt, wie sie behandelt wird und warum sie endlich ernst genommen werden sollte.

Wie ein Penis auszusehen hat, davon hat man(n) oft eine ganz bestimmte Vorstellung: Am besten nicht zu kurz, der Umfang sollte auch etwas hergeben und im erigierten Zustand sollte er schön gerade stehen. Doch dieses Ideal erfüllen bei Weitem nicht alle Männer. Bei etwa jedem Zehnten macht das beste Stück mit der Zeit die Kurve. Doch wie kommt es zu einem krummen Penis?

Die sogenannte "erworbene Penisverkrümmung", medizinisch Induratio penis plastica oder Peyronie-Krankheit, zählt zu den häufigeren, aber wenig bekannten Erkrankungen der Männergesundheit. Sie betrifft Schätzungen zufolge rund zehn Prozent aller Männer, bleibt aber häufig unerkannt oder wird bagatellisiert. Die Folge: Betroffene ziehen sich zurück, leiden im Stillen, haben Schmerzen und werden im schlimmsten Fall impotent.

"Diese Krankheit ist ein Stiefkind der Urologie", sagt Franklin Kühhas, Facharzt für Andrologie und Urologie und Spezialist für operative Peniskorrektur, im Gespräch mit ntv.de. "Obwohl sie weitverbreitet ist, fehlt es an Aufklärung - auch unter Ärzten." Das will der Experte ändern. Schließlich gibt es bewährte Behandlungsmethoden, so Kühhas.

Risiko im höheren Alter

Dass sich der Penis krümmt, liegt an Bindegewebsränderungen im Schwellkörper. Dabei bilden sich narbige Plaques. Diese Knoten vermindern die Elastizität des Gewebes. Bei der Erektion krümmt sich der Penis dann zur betroffenen Seite. Je größer dieser Knoten ist, desto weniger elastisch ist der Schwellkörper und desto größer ist auch die Verformung. Im Extremfall kann sich der Penis sogar um 90 Grad krümmen.

"Die genaue Ursache ist bis heute nicht vollständig geklärt", erklärt Kühhas. "Wir gehen davon aus, dass wiederholte Mikroverletzungen beim Geschlechtsverkehr eine überschießende Narbenreaktion auslösen." So werde der Schwellkörper etwa leicht verletzt, wenn man beim Sex aus Versehen abrutscht. Auch beim Masturbieren kann das geschehen, etwa wenn der Penis dabei verknickt, verdreht oder auf andere Art mechanisch belastet wird. "Dieses Risiko entsteht vor allem bei schwächeren Erektionen - häufig im höheren Alter", erklärt der Urologe. "Eine vollsteife Erektion kann nicht knicken."

Da die Verformung mit der Zahl der Verletzungen zunimmt, sind meist Männer ab Mitte 40 betroffen. Sie haben dann oft Schmerzen bei einer Erektion und je nach Krümmungsgrad kommt es auch zu Problemen beim Eindringen. Außerdem verlieren die meisten durch die Krümmung an Penislänge. Studien zeigen, dass das Selbstwertgefühl und die Beziehungszufriedenheit der Betroffenen deutlich beeinträchtigt sein können. "Viele Männer sind unzufrieden mit der Form und Funktion ihres Penis", berichtet der Urologe. "Das führt nicht selten zum Rückzug aus Sexualität und Partnerschaft."

OP ist nicht gleich OP

Trotz der psychischen Belastungen suchen viele Männer keine ärztliche Hilfe. Betroffene leiden Kühhas zufolge oft im Stillen - auch weil kaum über das Problem gesprochen wird und sie häufig gar nicht wissen, dass sie nicht alleine damit sind. "Das Thema Penisverkrümmung ist nach wie vor tabuisiert", sagt der Urologe. "Selbst unter Fachärzten gibt es nur wenige, die sich auf rekonstruktive Penischirurgie spezialisiert haben."

Problematisch ist dem Experten zufolge vor allem, dass es zwar eine gängige Therapie in Form einer Operation gibt. Diese verkürzt allerdings den Penis. "Die Zufriedenheitsrate der Betroffenen liegt mit dieser Methode deshalb nur bei etwa 50 Prozent", so Kühhas. "Der Patient hat ja davor schon an Penislänge verloren, das verstärkt sich dadurch weiter."

Der Haken

Dabei gibt es längst eine bessere Alternative. Bei der als Inzisions- oder Graft-Technik bezeichneten Operation wird die verkürzte Seite eingeschnitten und mit einem Gewebestück - meist einem Herzbeutel der Kuh (Perikard) - verlängert. "Diese Methode erhält die Penislänge, ist aber technisch anspruchsvoller", sagt Kühhas.

Der Eingriff dauert etwa zweieinhalb Stunden und wird häufig ambulant vorgenommen. Nach rund sechs Wochen sind wieder sexuelle Aktivitäten möglich. Das Risiko, dass sich die Erkrankung erneut entwickelt, ist gering. Entscheidend ist es, Knicken oder Druckeinwirkungen während der Erektion zu vermeiden. Nach dem Eingriff wird daher empfohlen, Erektionen medikamentös zu unterstützen, um erneute Mikroverletzungen zu verhindern.

Der Haken: Den Eingriff muss man selbst bezahlen. Während die verkürzende Operation in der Regel erstattet wird, gilt die längenerhaltende Methode als "nicht abrechnungsfähig". "Das ist medizinisch nicht nachvollziehbar", kritisiert Kühhas, der als einer von wenigen in Österreich und Deutschland die längenerhaltende Operation in seiner Praxis durchführt. "Hier geht es nicht um ästhetische Korrekturen, sondern um eine Wiederherstellung der Lebensqualität."

"Betrifft Körper und Psyche gleichermaßen"

"Es ist keine Kleinigkeit, wenn Sexualität plötzlich nicht mehr möglich ist", sagt Kühhas. "Das betrifft Körper und Psyche gleichermaßen." Die erworbene Penisverkrümmung sei kein Randphänomen in der Männergesundheit, sondern eine unterschätzte Volkskrankheit.

Dass das Thema im medizinischen Alltag dennoch untergeht, hat dem Experten zufolge strukturelle Gründe. "Penischirurgie ist ein Randgebiet", so Kühhas. "Die Forschungsgelder fließen in die Onkologie (Krebsforschung) - was für die Menschheit enorm wichtig ist -, aber Krankheiten, die 'nur' die Lebensqualität betreffen, werden kaum beachtet."

Sein Appell: "Männer sollten Penisverkrümmungen oder Potenzprobleme nicht tabuisieren. Je früher sie sich an einen spezialisierten Urologen wenden, desto besser sind die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung." Außerdem plädiert Kühhas für mehr Aufklärung und mehr Aufmerksamkeit. "Denn die Lebensqualität der Betroffenen hängt entscheidend davon ab."

Quelle: ntv.de

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