
Das Pseudogetreide Quinoa gilt als gute pflanzliche Eiweißquelle.
(Foto: IMAGO/Zoonar)
Eiweiß-Shakes, High-Protein-Puddings und Eiweißbrot: Produkte wie diese sind allgegenwärtig in unseren Supermärkten. Sie suggerieren: Je mehr Protein wir zu uns nehmen, desto besser. Aber wie viel Eiweiß benötigen wir tatsächlich?
Low Carb, low Fat, high Protein: Während Kohlenhydrate und Fette seit Jahren als Dickmacher verschrien sind, sind eiweißreiche Lebensmittel beliebt wie nie. Verantwortlich für den für Hype ist das durchweg positive Image von Eiweiß als Satt- und Schlankmacher. Aber auch bei Sportlern sind Proteine beliebt, versprechen sie doch eine Beschleunigung des Muskelaufbaus.
Längst hat auch die Lebensmittelindustrie auf den Trend reagiert. Und so stapeln sich mit Protein angereicherte Müsliriegel, Pizzen und Co. in den Regalen von Supermärkten, Drogerien und Discountern.
Wofür unser Körper Eiweiß benötigt
Tatsächlich erfüllt Eiweiß - eine andere Bezeichnung für Protein - viele zentrale Funktionen in unserem Körper. Das verrät bereits seine griechische Bezeichnung: Der Begriff Protein wurde von dem griechischen Wort Proton abgeleitet. Dieses bedeutet übersetzt "das Erste" oder "das Wichtigste".
Protein ist ein Makronährstoff, weil der Körper ihn in großen Mengen benötigt. Es ist an der Bildung von Muskeln, Organen und Blut beteiligt. Außerdem fungieren Proteine als Baustoff für Hormone und Enzyme. Zudem ist eine ausreichende Eiweißversorgung elementar für ein funktionierendes Immunsystem, da auch Antikörper aus den Bausteinen von Eiweiß, den Aminosäuren, gebildet werden.
Protein hilft beim Abnehmen
Erhöhen wir den Eiweißanteil und reduzieren gleichzeitig den Kohlenhydrat- und Fettanteil unserer Ernährung, nehmen wir bei gleicher Kalorienzufuhr tatsächlich leichter ab. Das hat mehrere Gründe: Zum einen verbraucht die Verdauung von Eiweiß mehr Energie als beispielsweise die Kohlenhydratverwertung. Denn unser Körper kann Eiweiß nur schwer aufspalten.
Zum anderen fördert Eiweiß die Ausschüttung des Sättigungshormons Leptin. Gleichzeitig lässt es den Spiegel des Hungerhormons Ghrelin sinken. Das hat zur Folge, dass wir nach einer eiweißreichen Mahlzeit schneller satt sind und im Endeffekt auch weniger essen.
Wie viel Eiweiß genug ist
Die zahlreichen positiven Effekte von Eiweiß führen dazu, dass viele die erforderliche Eiweißmenge überschätzen. Aber auch die Werbung suggeriert uns durch die omnipräsenten High-Protein-Produkte, dass wir die empfohlene tägliche Eiweißzufuhr allein durch eine ausgewogene Ernährung nicht gedeckt bekommen.
Doch diese Menge ist viel geringer, als vielen bewusst ist: Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) benötigen gesunde Erwachsene pro Tag 0,8 bis ein Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Bei einer 80 Kilogramm schweren Person wäre der Tagesbedarf folglich bereits mit 64 Gramm Eiweiß gedeckt. Diese Menge steckt beispielsweise in 250 Gramm Magerquark plus 150 Gramm Roten Linsen.
Ausgewogen essen reicht
Das zeigt: Der tägliche Eiweißbedarf lässt sich leicht über einen ausgewogenen, vielseitigen Speiseplan decken. Mit der üblichen Mischkost werden die empfohlenen Mengen durchschnittlich sogar überschritten. So liegt die durchschnittliche Eiweißzufuhr laut DGE bei Frauen bei 64 Gramm, bei Männern bei 85 Gramm pro Tag. Auch die letzte Nationalen Verzehrstudie belegt, dass die meisten Menschen in Deutschland bestens mit Eiweiß versorgt sind.
Mit anderen Worten: Wer gesund ist, braucht in der Regel keine zusätzlichen Proteine in Form angereicherter Produkte oder Eiweißpulver.
Mehr Eiweiß ab 60
Ab einem gewissen Alter sollte man jedoch mehr Eiweiß zu sich nehmen: Muskeln sind nicht nur für Kraft und Leistungsfähigkeit zentral, sondern sorgen auch für einen erhöhten Grundumsatz. Je größer unsere Muskelmasse ist, umso mehr Kalorien verbrennen wir auch dann, wenn man nichts tut.
Ab dem 30. Lebensjahr nimmt die Muskelmasse jedoch kontinuierlich ab: Pro Jahr verliert ein Mensch etwa 0,5 bis ein Prozent seiner Muskelmasse. Ab 60 Jahren beschleunigt sich der Abbau noch einmal. Im gleichen Maße, wie die Muskelmasse schrumpft, wächst die Fettmasse. Wirkt man diesem Prozess nicht durch Sport und eine bedarfsgerechte Eiweißzufuhr entgegen, büßt man bis zu unserem 80. Lebensjahr bis zu 40 Prozent seiner Muskelmasse ein.
Daher empfiehlt die DGE Menschen ab 60 Jahren eine tägliche Aufnahme von 1,2 bis 1,5 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht, um dem altersbedingten Muskelabbau entgegenzuwirken. Gleichzeitig sollten mindestens 2,5 Stunden Muskel- und Krafttraining pro Woche auf dem Programm stehen.
Vorteile für Schwangere
Bei Frauen kann eine entsprechend erhöhte Eiweißzufuhr bereits nach der Menopause sinnvoll sein. Denn die hormonelle Umstellung begünstigt den Abbau von Muskelmasse und die Einlagerung von Fett. Und das wiederum begünstigt die Entstehung von Übergewicht.
Auch bestimmte Lebensumstände können dazu führen, dass unser Körper mehr Eiweiß benötigt. Dazu zählen beispielsweise die Schwangerschaft und Stillzeit. Auch bei Verletzungen und Operationen benötigen wir somit auch mehr Eiweiß, um verletztes Gewebe wie Muskeln oder Knochen zu reparieren.
Mehr Eiweiß nur bei intensivem Sport
Wer bis zu fünf Mal pro Woche etwa 30 Minuten Sport treibt, hat hingegen keinen erhöhten Eiweißbedarf. Das gilt für Ausdauer- wie Kraftsportler gleichermaßen. Sportlich aktive Menschen, die mehr als fünf Stunden pro Woche trainieren, sollten ihre Eiweißzufuhr hingegen auf 1,2 bis zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht erhöhen. Das empfehlen die International Society of Sports Nutrition und das American College of Sports Medicine. Die Höhe der Zufuhr richtet sich dabei nach Sportart und Trainingsintensität.
Wie bei so vielem gilt auch für Eiweiß: Die Menge macht das Gift. Gesunde Menschen können täglich problemlos bis zu zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Eiweiß, das der Körper nicht benötigt, wird dabei über die Nieren wieder ausgeschieden. Nehmen wir aber dauerhaft mehr als zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag auf, steigt das Risiko für Herz- und Nierenerkrankungen wie Nierensteine.
Was sind gute Eiweiß-Quellen?
Bei der Zufuhr spielt auch die Eiweißqualität eine Rolle: Bestenfalls sollten wir unseren Eiweißbedarf zu einem Drittel über tierische, zu zwei Drittel über pflanzliche Proteinquellen decken.
Gute tierische Eiweißquellen sind mageres Fleisch, Fisch wie Lachs, Thunfisch oder Hering sowie Eier. Auch Milchprodukte wie Skyr, Hüttenkäse und Magerquark liefern viel hochwertiges Eiweiß.
Gute pflanzliche Eiweißquellen sind Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen, Kidneybohnen und Soja. Aber auch Samen und Nüsse wie Kürbiskerne, Mandeln und Leinsamen sowie Haferflocken versorgen uns mit viel pflanzlichem Protein. Gute Eiweißquellen sind auch das sogenannte Pseudogetreide wie Amaranth, Buchweizen und Quinoa.
Quelle: ntv.de