Gefahr durch Tropenkrankheit Zahl der Denguefieber-Fälle steigt in Deutschland rasant an
15.04.2024, 19:33 Uhr Artikel anhören
Die Asiatische Tigermücke ist mittlerweile in mindestens 13 EU-Ländern verbreitet.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
In Deutschland gibt es immer mehr Fälle einer Krankheit, die eigentlich nur in tropischen Regionen vorkommt: das Denguefieber. Noch wird die durch Mücken übertragene Infektion von Reisenden eingeschleppt. Doch mit Voranschreiten des Klimawandels steigt auch in Deutschland die Ansteckungsgefahr. In Südeuropa gab es bereits erste Ausbrüche.
Akutes Fieber, Ausschlag und heftige Gelenkschmerzen: Wer schon einmal an Denguefieber erkrankt ist, wird das als äußerst unangenehm in Erinnerung behalten. Es ist neben Malaria weltweit die häufigste und sich am schnellsten ausbreitende, durch Stechmücken übertragene Erkrankung. Schätzungen zufolge infizieren sich jedes Jahr rund 400 Millionen Menschen mit dem Virus - hauptsächlich in den Tropen und Subtropen. Doch auch in Deutschland werden derzeit vermehrt Fälle gemeldet.
So wurden in Berlin in diesem Jahr bereits 39 bestätigte Dengue-Infektionen registriert. Das seien deutlich mehr als in der Zeit vor der Corona-Pandemie, heißt es im Wochenbericht des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGESO). In den Jahren 2015 bis 2019 habe der mittlere Wert bei 18 gelegen. Zwei Patienten mussten demnach im Krankenhaus behandelt werden. Allein in der jüngsten Berichtswoche seien 12 Verdachtsfälle und ein bestätigter Fall übermittelt worden. Laut LAGESO ist das die höchste je übermittelte Zahl seit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes 2001.
Auch in Bayern steigt die Anzahl an Menschen mit Denguefieber ungewöhnlich schnell. Schon 91 Infektionen wurden dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in diesem Jahr gemeldet. In den vergangenen Jahren - vor Corona - waren es zwischen 150 und 270 Fälle von Denguefieber pro Jahr. Insgesamt registrierte das Robert-Koch-Institut (RKI) bislang 499 Erkrankungen in ganz Deutschland seit Jahresbeginn - und es ist erst Mitte April.
Klimawandel lockt Mücken nach Deutschland
Doch die Infektionen selbst finden noch woanders statt: Betroffene bringen das Virus von ihren Reisen mit, normalerweise aus Asien, Südamerika oder Afrika. Vor allem Brasilien erlebt derzeit den wohl schwersten Dengue-Ausbruch seiner Geschichte. Seit Jahresbeginn wurden in dem südamerikanischen Land 1,9 Millionen wahrscheinliche Infektionen mit dem Dengue-Virus registriert, wie das brasilianische Gesundheitsministerium mitteilte.
Damit hat Brasilien bereits in den ersten zwölf Wochen des Jahres den historischen Rekord von 2015 gebrochen. Damals wurden im ganzen Jahr rund 1,6 Millionen Dengue-Fälle registriert. Bislang wurden 656 Todesfälle aufgrund einer Dengue-Infektion bestätigt, 1025 weitere Verdachtsfälle werden noch untersucht.
Auslöser für den starken Anstieg dürften die heftigen Regenfälle und die hohen Temperaturen der vergangenen Monate sein. Unter diesen Bedingungen kann sich die Gelbfiebermücke, die auch als Aedes aegypti bezeichnet wird, besonders gut entwickeln.
Ausbrüche in Südeuropa
Neben der Gelbfiebermücke wird das Dengue-Virus auch von der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) weitergegeben. "Eine infizierte Mücke kann das Virus für den Rest ihres Lebens übertragen", informierte das Tropeninstitut. Eine Übertragung der Dengue-Viren von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.
Besonders besorgniserregend ist dabei, dass sich diese Stechmücken - vor allem die Asiatische Tigermücke - immer weiter in Europa ausbreiten, warnte zuletzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Denn der Klimawandel bereitet den Boden für die Überträger von Dengue auf dem Kontinent. Allmählich wird es warm genug für Asiatische Tigermücken und Gelbfiebermücken. Laut RKI ist die Asiatische Tigermücken inzwischen in 13 EU-Ländern verbreitet (Stand 2023). Auch in Deutschland werden sie mittlerweile beobachtet, verbreiten aber noch kein Denguefieber. Das könnte sich jedoch in Zukunft ändern.
Im Süden Europas gab es bereits örtliche Ausbrüche. So wurden im Sommer 2023 in der Lombardei in Italien, darunter in Gemeinden am Gardasee, erstmals Infektionen mit dem Dengue-Virus registriert. Dabei haben sich die betroffenen Personen nicht auf einer Fernreise infiziert, sondern der Erreger sei "lokal erworben" worden, schreibt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in seinem Bericht. Die Patientinnen und Patienten hatten sich also in Italien mit dem tropischen Virus infiziert. Auch in Spanien und Frankreich traten erstmals lokale Übertragungen des Dengue-Virus auf.
"Was wir sehen am Gardasee, ist eine Konsequenz von dem, was sich in den vergangenen Jahren durch den Klimawandel an Risikopotenzial aufgebaut hat. Wir haben die Tigermücken. Die breiten sich aus", sagte Tropenmediziner August Stich vom Klinikum Würzburg Mitte damals dem Bayerischen Rundfunk. Eingeschleppt wurden sie demnach vermutlich durch den Handel mit Altreifen aus Südostasien, in denen die Eier abgelegt waren. Die Mücken sind im Mittelmeerraum geschlüpft und haben sich bis nach Deutschland ausgebreitet.
"Die Knochenbrecherkrankheit"
Die meisten Infektionen (etwa 75 Prozent) verlaufen indes harmlos, mit milden Symptomen, manchmal sogar völlig unbemerkt. Wenn allerdings Beschwerden auftreten, können diese sehr schmerzhaft sein. Denguefieber wird deshalb manchmal auch "Knochenbrecherkrankheit" genannt.
Zu den häufigsten Symptomen zählen:
- Plötzlich auftretendes hohes Fieber und Kopfschmerzen
- Hautausschlag, der sich vom Rumpf auf Arme, Beine und Gesicht ausbreitet
- starke Gelenk- und Muskelschmerzen,
- Übelkeit und Erbrechen
- Schwäche und Müdigkeit
Die Anzeichen treten normalerweise vier bis zehn Tage nach einem Mückenstich auf. Bei starken Symptomen sollten Betroffene umgehend eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Ein wirksames Medikament gegen Denguefieber gibt es nicht. Gegen die Symptome, das Fieber und die Schmerzen, helfen aber schmerzlindernde und fiebersenkende Medikamente, etwa Ibuprofen oder Paracetamol. Dazu sollte man sehr viel trinken. In der Regel ist dann die Erkrankung in ein paar Tagen überstanden.
Aber Achtung: Man sollte keine Mittel nehmen, die den Wirkstoff Acetylsalicylsäure enthalten, also beispielsweise Aspirin. Denn dieser Wirkstoff verdünnt das Blut. Da das Denguefieber aber mit Blutungskomplikationen einhergehen kann, ist diese Therapie nicht geeignet und kann gefährlich sein.
"Schwere Verläufe sind ganz selten"
In rund einem Prozent der Fälle nimmt die Krankheit einen schweren Verlauf und wird zum sogenannten hämorrhagisches Denguefieber. Betroffen sind vor allem junge Erwachsene und Kinder. Einige Tage nach dem Fieber können dann innere Blutungen auftreten. Es kommt zu einer Störung der Blutplättchen, wodurch die Organe schlechter durchblutet werden. Schließlich kommt es zum Kreislaufversagen, der dann als Dengue-Schock-Syndrom bezeichnet wird. Ohne entsprechende Behandlung enden 40 bis 50 Prozent der Fälle tödlich.
"Schwere Verläufe sind ganz selten", beruhigt der Tropenmediziner im Bayerischen Rundfunk. "Tödliche Verläufe hier in Europa sind eine absolute Rarität." Zudem trete hämorrhagisches Denguefieber in der Regel erst bei einer zweiten Infektion mit dem Virus auf.
Seit Februar 2023 steht in Deutschland der Dengue-Impfstoff Qdenga zur Verfügung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung allerdings nur Personen, die bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben und in ein Dengue-Ausbruchsgebiet reisen. Zudem ist wichtig zu wissen: "Die Impfung schützt nicht vor der Infektion per se, sondern vor den schweren Verläufen", erklärt Beate Kampmann vom Institut für Internationale Gesundheit an der Charité Berlin im ZDF.
Daher sollten sich Reisende in Risikogebiete dem Centrum für Reisemedizin, kurz CRM zufolge in erster Linie gut vor Mücken schützen. Hilfreich sind dabei Anti-Mückensprays, Moskitonetze und lange Kleidung, um Stiche zu vermeiden. Mückenabweisende Mittel sollten Wirkstoffen wie Diethyltoluamid (DEET) oder Icaridin enthalten. Die Wirksamkeit dieser beiden Wirkstoffe ist wissenschaftlich belegt. Ätherische Öle wie Eukalyptus bieten nachweislich keinen wirksamen Schutz vor Mücken.
Quelle: ntv.de, mit dpa