Frage & Antwort

Fehlendes Bewusstsein Warum ist Krebs-Prävention so schwer?

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Jeder kann etwas dafür tun, um das eigene Krebsrisiko zu senken.

(Foto: IMAGO/Panthermedia)

Die Mehrzahl der Menschen fürchtet sich davor, an Krebs zu erkranken. Obwohl bestimmte Veränderungen des eigenen Lebensstils Krebsrisiken zum Teil erheblich senken können, werden nur wenige aktiv. Woran das liegt und was manchmal beim Umdenken hilft, erklärt eine Expertin.

Krebs macht mir Angst, sagen sieben von zehn Menschen in Deutschland bei Befragungen. Damit ist Krebs hierzulande die gefürchtetste Erkrankung - noch vor Alzheimer und Schlaganfall. Das verwundert nicht, denn Krebs kann jeden treffen - und trotzdem wird zu wenig dagegen gemacht. Warum? "Die Gründe dafür sind vielfältig", sagt Dr. Ursula Will, die die Medizinische Leitung der Präventionsambulanz am Nationalen Krebspräventionszentrum innehat, im Gespräch mit ntv.de.

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Dr. Ursula Will.

(Foto: Jutta Jung, DKFZ)

Prävention ist im Gesundheitswesen ein Oberbegriff für zielgerichtete Maßnahmen und Aktivitäten, um Krankheiten oder gesundheitliche Schädigungen zu vermeiden, das Risiko der Erkrankung zu verringern oder ihr Auftreten zu verzögern, schreibt das Bundesgesundheitsministerium als Erklärung dazu. Prävention richtet sich also vor allem an Gesunde. Doch bei dieser Zielgruppe fehle oft das Bewusstsein für Risikofaktoren und der Impuls, Dinge zu ändern, sagt Will. "Mir geht es doch gut, ich fühle mich doch (trotz Rauchen, Übergewicht, ungesunder Ernährung, regelmäßigem Alkoholkonsum, zu wenig Bewegung und so weiter) gesund", ist oft ein Argument, das man sich selbst gibt, erzählt die Präventionsmedizinerin.


Diese mangelnde Gesundheitskompetenz ist leider weit verbreitet. So sind nach aktuellem Stand der Präventionsforschung "in Deutschland rund 40 Prozent aller neu diagnostizierten Krebserkrankungen allein durch konsequentes Umsetzen aller evidenzbasierten Maßnahmen der Primärprävention vermeidbar", schreibt die Nationale Dekade gegen Krebs. Das Problem: Auch wenn man sehr gesundheitsbewusst und so krebspräventiv wie möglich lebt, ist das noch immer kein Garant dafür, dass man nicht an Krebs erkrankt. Denn neben dem Lebensstil kommen noch andere Risikofaktoren hinzu, wesentlich sind die Gene und das Alter. An beiden Faktoren kann direkt nichts geändert werden. Außerdem kann man sich, nach aktuellem Kenntnisstand, vor bestimmten Krebsarten kaum aktiv schützen. Dazu gehören beispielsweise Krebs bei Kindern, Hirntumoren, Leukämien oder Lymphome.

Fehler bei der Zellteilung

Die Auslöser für alle Krebserkrankungen beruhen auf genetischen Fehlern bei der Zellteilung, die durch das Immunsystem nicht ausreichend bekämpft werden können. Solche Schäden können durch eine Reihe von Faktoren begünstigt werden. Mit jedem Lebensjahr, das man älter wird, steigt beispielsweise auch die Wahrscheinlichkeit für solche Fehler. Zu Alter und Genen kommen Umwelt- und Lebensstilfaktoren hinzu. "Und nur an den Lebensstilfaktoren und der Wahrnehmung der Früherkennungsangebote kann jeder selbst aktiv etwas machen. Es sind quasi die einzigen Stellschrauben, die man hat", führt Will weiter aus.

Das werde einigen erst dann bewusst, wenn in ihrem persönlichen Umfeld nahe Verwandte oder Freunde an Krebs erkranken oder sogar an Krebs sterben. Sie würden dann empfänglich für Verhaltensänderungen, die aber gar nicht so einfach im Alltag umsetzbar seien. "Für viele geht es um Änderungen von Gewohnheiten, oft sogar auch um die Aufgabe von Süchten wie Nikotin- oder Alkoholsucht. Solche Veränderungen sind in Eigenregie nur sehr schwer umsetzbar. Betroffene brauchen Unterstützung und sollten diese unbedingt einfordern", sagt Will. "Doch es lohnt sich, denn mit jeder geringen Verbesserung des Lebensstils, kann jeder direkt und sofort das eigene Krebsrisiko senken."

Doch was ist denn nun eine gute Krebsprävention?

Nach aktuellem Stand der Wissenschaft weiß man, dass es Krebserkrankungen mit sehr hohem, hohem und welche mit weniger hohem Präventionspotenzial gibt. Das bedeutet: Für eine Reihe von Krebsarten kann das Risiko durch Prävention deutlich gesenkt werden. Dazu gehören beispielsweise Lungenkrebs, Darmkrebs, Brust- und Hautkrebs.

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Der durch humane Papillomviren (HPV) ausgelöste Gebärmutterhalskrebs kann durch Prävention sogar zu nahezu 100 Prozent vermieden werden. Die Ansteckung mit den krebserzeugenden Viren lässt sich durch die HPV-Impfung mit hoher Sicherheit verhindern. Regelmäßig Früherkennungsuntersuchungen wahrnehmen und Krebsvorstufen entfernen lassen, tragen ergänzend dazu bei, das Gebärmutterhalskrebsrisiko weiter zu senken. Und auch das Nichtrauchen kann richtig große Präventionserfolge bringen. Allein 85.000 Krebsfälle pro Jahr sind auf das Rauchen zurückzuführen und wären durch Nichtrauchen vermeidbar.

Übrigens: Immer wieder wird auch die Psyche als Risikofaktor für die Krebsentstehung genannt. Die sogenannte "Krebspersönlichkeit" ist jedoch ein solcher Mythos, denn klar ist: Stress, Depressionen oder Ärger führen nicht zu Krebs. Sehr wohl hat jedoch die psychische Befindlichkeit oft Einfluss darauf, wie man lebt. Menschen, die beispielsweise langanhaltenden Stress mit Zigaretten, Alkohol oder Zuckerzeug begegnen, erhöhen dadurch ihr Krebsrisiko.

Quelle: ntv.de

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