"Eine potenzielle Bedrohung" Ist Lambda resistent gegen Impfungen?
04.08.2021, 12:19 Uhr
In Peru hat erst ein Viertel der Bevölkerung eine erste Spritze gegen Corona erhalten. Nur 16 Prozent sind vollständig geimpft.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Lambda-Variante des Coronavirus breitet sich in Südamerika rasant aus. Auch in Europa sind bereits erste Fälle aufgetaucht. Ein Forscherteam aus Japan findet nun heraus: Die Mutante kann möglicherweise die Immunantwort der Corona-Impfung umgehen.
C.37. Anden-Variante. Oder auch einfach Lambda. Diese Virusvariante breitet sich derzeit rasant in Lateinamerika aus. Erstmals wurde sie im August 2020 in Peru entdeckt, jetzt, ein Jahr später, ist Lambda mit über 90 Prozent die dort vorherrschende Variante. In Chile ist die Mutante bereits für jede dritte Neuinfektion verantwortlich. Und auch Europa hat C.37 mittlerweile erreicht: In Großbritannien, Spanien und Italien sind bereits Fälle aufgetreten. Besorgniserregend ist dabei, dass Lambda möglicherweise gegen Antikörper resistent ist, wie eine aktuelle japanische Studie herausfindet.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten im Labor unter anderem das Spike-Protein der Lambda-Virusvariante. In diesem Protein ließen sich drei Mutationen beobachten, die möglicherweise dazu beitragen, dass das Virus weniger gut von Antikörpern neutralisiert werden kann, heißt es in der bislang als Pre-Print veröffentlichten Studie. Das würde bedeuten, dass Impfungen schlechter vor einer Infektion schützen. Zudem könnten zwei weitere Mutationen dem Forscherteam zufolge dazu führen, dass Menschen sich leichter mit der Lambda-Variante anstecken.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte bereits im Juni mitgeteilt, die Lambda-Variante des Coronavirus könnte aufgrund ihrer Mutationen möglicherweise ansteckender sein oder vom menschlichen Immunsystem schlechter bekämpft werden. Noch ist allerdings wenig über die Eigenschaften der Mutante bekannt. Die WHO stuft Lambda bisher als Variante unter Beobachtung ("variant of interest", kurz VOI) ein, also als eine Variante, die zu gehäuften Fällen führt, in mehreren Ländern auftritt und beobachtet werden sollte. Das könnte sich nun mit der Studie aus Japan jedoch ändern.
Die Studienautoren rufen dazu auf, Lambda als besorgniserregende Variante ("variant of concern", kurz: VOC) zu listen. Die Mutante erfülle die Kennzeichen für diese Einstufung: eine erhöhte virale Infektiosität und eine Resistenz gegen antivirale Immunität. Zudem würde so deutlicher, dass die Variante eine ernsthafte Gefahr darstelle - wie auch die Delta-Variante, die bereits als VOC gelistet ist.
Lambda verdrängt alle anderen Varianten
Ob Lambda gefährlicher ist als die Delta-Variante, die sich derzeit stark in Europa ausbreitet, ist bislang unklar. Dazu brauche es noch weitere Untersuchungen, schreiben die Forscherinnen und Forscher. Studienautor Kei Sato von der Universität Tokio mahnt jedoch, die mögliche Gefahr, die von der Mutante ausgeht, ernst zu nehmen. Lambda könne "eine potenzielle Bedrohung für die menschliche Gesellschaft" darstellen, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.
Wie schnell sich die Variante ausbreiten und dominant werden kann, ist in Peru zu beobachten. "Im Dezember hatten wir gerade einmal 200 Lambda-Infektionen, Ende März war es schon die Hälfte aller Proben in Lima und jetzt sind wir landesweit bei über 80 Prozent", sagte Mikrobiologe Pablo Tsukayama im Deutschlandfunk. Er hat die Variante in seinem Heimatland monatelang verfolgt. Durch Genomforschung stellten er und sein Team von der Cayetano-Heredia-Universität in Lima fest: "Lambda ist in kürzester Zeit zur dominierenden Variante in Peru aufgestiegen."
Dabei hat die Variante im Schnellverfahren alle die Mutationen verdrängt, die von der WHO derzeit noch als gefährlicher eingestuft werden und sich sogar gegen P.1 - die Gamma-Mutation, die erstmals im Nachbarland Brasilien nachgewiesen wurde - durchgesetzt.
Ist das erst der Anfang?
Tsukayama ist überzeugt, dass Lambda nicht die letzte Mutante sein wird, die Lateinamerika und die Welt aufschrecken lässt: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass im südamerikanischen Winter mit einer dritten Corona-Welle zwischen Juli und September neue Varianten auftauchen, die vielleicht nicht unbedingt gefährlicher, aber auf jeden Fall ansteckender sein werden."
Die Ausbreitung von Varianten ist ein bekannter Trick von Viren, um fortzubestehen. Erst verbreitet sich der Ursprungstyp rasant unter seinen Wirten, dann versucht der Erreger durch Mutationen zu überleben. Die bisherigen Strategien, auf die das Coronavirus mithilfe unterschiedlicher Varianten setzt, sind oft dieselben: ansteckender werden und den Immunschutz umgehen. Denn Sars-CoV-2 läuft die Zeit davon. Der Selektionsdruck steigt mit immer mehr Geimpften und Genesenen. Experten wie Tsukayama befürchten daher, dass sich die WHO-Liste in den kommenden Monaten deutlich verlängern dürfte.
Quelle: ntv.de, hny