Hinweise im Blut gefunden Warum Sars-CoV-2 manche nicht infizieren kann
18.11.2021, 18:05 Uhr
Die Grafik zeigt Coronaviren und infizierte Zellen.
(Foto: imago images/Everett Collection)
Dass nicht alle Sars-CoV-2-Infizierten erkranken, ist bekannt. Forscher identifizieren nun Krankenhausmitarbeiter, die sich nicht mit dem Coronavirus infizieren, obwohl sie damit ständig in Kontakt kommen. Eine vorausgegangene Erkältung könnte den Schutz bringen.
Ärzte und Pflegekräfte haben allgemein ein hohes Infektionsrisiko. Das gilt auch für Sars-CoV-2. Doch bei einigen wenigen hat das Virus schon im Ansatz keine Chance, obwohl sie wahrscheinlich mehrfach damit in Kontakt kommen. Sie scheinen über eine besondere Immunität gegen das Coronavirus zu verfügen. Das haben Forscher aus Großbritannien herausgefunden. Die Forschungsergebnisse dazu erschienen kürzlich in einer bisher ungeprüften Veröffentlichung im Fachmagazin "Nature".
Demnach analysierten die Forscher Dutzende Proben und vorhandene Daten des britischen Klinikpersonals und fanden darin eine Gruppe von insgesamt 58 Personen, bei denen über einen Zeitraum von vier Monaten weder ein PCR-Test positiv war, noch Antikörper gefunden wurden, obwohl die Mitarbeiter in Kliniken regelmäßig getestet wurden. Gleichzeitig steckten sich eine Reihe von Kollegen innerhalb dieser Zeit mit Sars-CoV-2 an.
T-Zellen kontrollieren Sars-CoV-2
Bei der Untersuchung stellten die Forscher fest, dass sich in 20 Blutproben erhöhte Werte bestimmter T-Zellen befanden. "Ich habe so etwas noch nie gesehen. Es ist wirklich überraschend, dass die T-Zellen eine Infektion so schnell kontrollieren können", wird Shane Crotty, Immunologe am La Jolla Institute for Immunology in Kalifornien, der nicht an der Forschung beteiligt war, bei "Nature" zitiert. Es scheint so zu sein, dass das Immunsystem dieser Menschen in der Lage ist, das Virus zu bekämpfen, bevor es sich festsetzen und weiterverbreiten kann. Ein solcher Vorgang wird in der Fachsprache als "abortive Infektion" bezeichnet.
Die schnelle und effektive Abwehr könnte durch diese spezifischen T-Zellen, die auch als Gedächtniszellen bezeichnet werden, zustande kommen. Es könnte sein, dass das Immunsystem dieser Menschen bereits darauf vorbereitet war, die neue Krankheit zu bekämpfen, erklärt Leo Swadling vom University College London, der an der Studie beteiligt war, laut BBC.
Die T-Zellen sind laut Forscher in der Lage, den Komplex aus mehreren Virus-Proteinen zu erkennen und zu bekämpfen, sodass die Vermehrung des Virus, der sogenannte Replikationskomplex, deaktiviert und damit völlig eingestellt wird. Die Forscher fanden diese T-Zellen nicht nur häufiger im Blut bei denjenigen, die keine Anzeichen für eine Infektion gezeigt hatten, sondern auch in Proben, die bereits vor der Pandemie genommen worden waren.
Kreuzimmunität durch Vorerkrankung?
Denkbar ist deshalb, dass diese T-Zellen schon vor der Pandemie durch Infektionen mit einem der vier bekannten humanen Coronaviren, die Erkältungssymptome auslösen, im Körper entstanden sind. So könnte es zu einer sogenannten Kreuzimmunität gekommen sein. Solange man jedoch nicht weiß, wann und wodurch die wirksamen T-Zellen aktiviert wurden, kommen auch andere Infektionen oder Ursachen infrage.
Bei den Untersuchungen fiel bei 19 Proben zusätzlich das Vorhandensein eines sogenannten Immunproteins auf, das mit IFI 27 bezeichnet wird und das für die Forscher um Leo Swadling einen Hinweis auf den direkten Kontakt mit Sars-CoV-2 darstellt. Ein Beweis für einen direkten Kontakt mit dem Coronavirus sei das allerdings nicht, wie Experten, die nicht an der Studie beteiligt waren, betonten.
Eindringlich warnen die Autoren selbst davor, falsche Rückschlüsse zu ziehen. Die Ergebnisse zeigten nicht, dass Menschen, die eine Erkältung hatten, vor Covid-19 geschützt seien. Und es sei sogar zu früh, auf Grundlage der Ergebnisse mit Sicherheit zu sagen, dass das Immunsystem eine Infektion von Anfang an verhindern könnte. Unklar ist außerdem, ob die gleichen Mechanismen des Immunsystems auch bei der derzeit dominierenden Delta-Variante greifen.
Obwohl durch die Studie viele Fragen nicht beantwortet werden können, gibt sie doch einen Hinweis darauf, an welcher Stelle Sars-CoV-2 noch angreifbar sein könnte. Bisher hat man sich bei der Entwicklung der Impfstoffe vor allem auf das Spike-Protein des Virus konzentriert, mit dem das Virus in die Zelle eindringt. Nun könnte man sich auf die Proteine, die den Replikationskomplex zur Vermehrung steuern, fokussieren, denn dieser Komplex ist bei vielen Coronaviren gleich.
Quelle: ntv.de, jaz